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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus
Autoren: Inez Corbi
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praktisch«, erwiderte Duncan betont gleichmütig und legte die neueste Ausgabe der Sydney Gazette neben Moiras Teller. »Dann kann er dir die Neuigkeiten ja gleich vorlesen.«
    Â»Welche Neuigkeiten?« Sie strich ihre Hände an ihrer Schürze ab und griff nach der Zeitung.
    Â»Druckfrisch. Lies selbst, es steht auf der ersten Seite.« Er deutete auf die linke Spalte.
    Eilig überflog sie den Text. Es war ein Aufruf an alle katholischen Einwohner der Kolonie, sich am nächsten Mittwochvormittag in Parramatta registrieren zu lassen.
    Â»Ich verstehe nicht«, sagte sie misstrauisch. »Wollen sie euch noch mehr reglementieren?«
    Duncan schüttelte den Kopf. »Sie wollen wissen, wie viel Platz sie brauchen.«
    Â»Platz wofür?«
    Jetzt konnte er seine Begeisterung nicht länger zurückhalten. »Vater Dixon wird endlich die offizielle Erlaubnis erhalten, als Priester zu praktizieren! Demnächst soll es die erste Messe geben.«
    Seine Freude war ansteckend. »Oh, das ist herrlich!«
    Â»Ja, das ist es. Endlich ein Schritt in die richtige Richtung.« Duncan nahm seinen Teller und wog ihn in der Hand, als wollte er sein Gewicht schätzen. »Was meinst du?«, fragte er dann. »Könnte man daraus einen Kelch für die Heilige Messe herstellen?«
    *
    Auch wenn Duncan betonte, sie müsse es nicht tun – Moira wollte es. Und so ließ sie sich Anfang Mai des Jahres 1803 von Vater Dixon in die römisch-katholische Kirche aufnehmen. Wenige Tage später besuchte sie die erste katholische Messe ihres Lebens – die gleichzeitig die erste war, die offiziell in der Kolonie gefeiert wurde.
    Es waren bestimmt an die fünfhundert Menschen, die sich an diesem schönen Herbsttag in und vor einem ehemaligen Getreidespeicher in der Nähe des Hafens von Sydney versammelten; sogar vor den geöffneten Türen drängten sich die Gläubigen in dichten Trauben. Um das Haus herum waren Aufseher postiert, die verhindern sollten, dass es zu Ausschreitungen kam, denn die Gemeinde bestand größtenteils aus zerlumpten irischen Sträflingen.
    Alles an dieser Messe war improvisiert. Es gab nur einen Tisch statt eines Altars, das Messgewand des Priesters hatten ein paar Frauen aus einem mehrfarbigen Damastvorhang genäht, und den kleinen Abendmahlskelch hatte Duncan tatsächlich aus einem Zinnteller hergestellt. Mehrere Abende lang hatte er ihn geglättet und poliert und bis zuletzt gezweifelt, ob der becherförmige Kelch gut genug für die Messe wäre.
    Â»Er ist wunderschön«, hatte Moira ihm versichert – und das war er wirklich. Im Kerzenschein funkelte er wie aus Silber, als Vater Dixon ihn über seinen Kopf hob und die Wandlungsworte sprach.
    Noch fühlte sich das neue Bekenntnis für sie fremd an, ungewohnt – wie ein Gewand, in das sie erst noch hineinwachsen musste. Dennoch: Die getragene Feierlichkeit, die trotz aller Dürftigkeit aus jeder Geste sprach – all das berührte sie tief. Am meisten aber freute sie sich über das Glück in Duncans Augen.
    *
    Moira trug ihr bestes Kleid aus silbrig blauer Seide und ­einen Kranz aus Wildblüten im Haar, als Vater Dixon sie und Duncan in einer kleinen, feierlichen Zeremonie unter freiem Himmel vermählte. Danach wurde gefeiert. Vor ihrer Hütte hatten sie ein paar von den Nachbarn geliehene Ti sche und Bänke aufgestellt, über einem Feuer drehte sich ein Spanferkel, und ein Geiger spielte zum Tanz auf.
    Moira knickste, als die letzten Töne des Irish Trot verklungen waren.
    Â»Ich danke dir für diesen Tanz«, sagte sie zu dem achtjährigen James Wentworth. Lächelnd sah sie zu, wie der Junge sich nahezu formvollendet verbeugte und dann über die Wiese zu seinem Vater lief, der sich gerade ein weiteres Bier genehmigte.
    Elizabeth Macarthur und ihre Kinder, D’Arcy Wentworth, Mr Howe, Tedbury, Ningali, ein paar Nachbarn und sogar Mrs Harris, Joeys frühere Amme – alle waren sie gekommen. Auch einige Eora -Männer schauten vorbei. Samuel Fitzgerald konnte leider nicht kommen, das wäre für den flüchtigen Sträfling zu riskant gewesen. Tedbury hatte schließlich aufgeklärt, wie Fitzgerald von der Hinrichtung erfahren hatte: Eines Tages hatte der junge Eora ihnen mit breitem Grinsen erzählt, dass er schon vor Monaten auf einem seiner Streifzüge einen riesenhaften weißen Mann mit
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