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Im Tal des wilden Eukalyptus

Im Tal des wilden Eukalyptus

Titel: Im Tal des wilden Eukalyptus
Autoren: Inez Corbi
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schimpfen, doch dann musste sie lachen. Ihr kleiner Junge sah unter der weißen Mehlschicht, mit der er sich über und über bestäubt hatte, aber auch zu komisch aus. Joey war jetzt knapp fünfzehn Monate alt und entdeckte jeden Tag neue Fähigkeiten; zurzeit hatte er besonders viel Spaß daran, alle möglichen Sachen aus offenstehenden Fächern und Kisten herauszuholen und überall zu verteilen.
    Nach einer passablen Weizenernte im Januar hatten sie vor kurzem ihren ersten Mais eingebracht, und Moira versuchte sich seitdem an verschiedenen Rezepten, um ihren Speiseplan ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten.
    Sie hatte nie genau erfahren, was im vergangenen Oktober auf der Zeelandia passiert war. Wie Ningali es geschafft hatte, an Bord zu gelangen und Joey an sich zu nehmen. Vo n Ningalis mehr als knapper Schilderung wusste sie nur, dass sie Ann irgendwie dazu hatte bringen können, ihr das Kind zu überlassen. Aber auf welche Weise – darüber schwieg sie sich aus. Wenn in Ningalis dunklen, abgründigen Augen wieder dieses fremdartige Funkeln lag, dann fragte Moira sich, ob das Mädchen Ann womöglich verhext hatte. Vielleicht hatte Ann aber auch ihr gutes Herz entdeckt und eingesehen, dass es falsch war, Joey seinen Eltern zu entreißen. Möglicherweise war es etwas von beidem gewesen.
    Aber sie musste nicht wissen, was vorgefallen war. Joey war wieder bei ihnen, und das war das Wichtigste.
    Von ihrem ehemaligen Gemahl hatte sie kein Wort mehr gehört. Gouverneur King war äußerst ungehalten gewesen, als er von Dr. McIntyres unerlaubter Ausreise erfahren hatte, hatte von Fahnenflucht gesprochen und angekündigt, ihn steckbrieflich suchen zu lassen. Inzwischen war es April, und sie selbst war noch immer Mrs McIntyre – aus einem einfachen Grund: Der Einzige, der Duncan und sie hätte vermählen dürfen, war der protestantische Reverend Marsden – und sie wollten sich auf keinen Fall von dem Mann trauen lassen, der geholfen hatte, ihnen Joey wegzunehmen.
    Ein Rascheln ließ sie aufblicken. Joey saß auf dem Boden und zerriss mit Begeisterung eine alte Zeitungsseite in kleine Fetzen. Noel, der rote Kater, hockte mit bemehltem Schwanz neben ihm und haschte nach den knisternden Papierschnipseln.
    Im vorigen Monat war die erste Ausgabe der Sydney Gazette erschienen, von Duncan und Mr Howe auf der alten Holzpresse gedruckt, die vor fünfzehn Jahren mit der ersten Flotte gekommen war. Die Zeitung bestand aus einem einzelnen großen Bogen, der in der Mitte gefaltet wurde und damit vier Seiten ergab, und erschien jede Woche mit Nachrichten aus der Kolonie und aus Übersee, Verordnungen des Gouverneurs, Berichten über Gerichtsverhandlungen sowie Anzeigen und Schiffsnachrichten. Für die erste A usgabe hatte auch Moira etwas beigesteuert und einen Art ikel aus einer französischen Zeitung übersetzt, die Duncan mitgebracht hatte, in dem es darum ging, ein Stück Land für den Weinanbau anzulegen. Eine Ausgabe der Sydney Gazette kostete einen Sixpence, und die ersten Abonnenten hatten sich bereits gefunden.
    Joey hatte seine Beschäftigung aufgegeben, saß vor der halbzerrupften Zeitung und starrte angestrengt auf die Seite; es sah aus, als würde er lesen. Erst als draußen Pferdegetrappel zu hören war, blickte er von seiner »Lektüre« auf.
    Â»Dada!«, plapperte er aufgeregt und stieß einen langgezogenen Laut aus, der entfernt an Artemis’ Wiehern erinnerte, seine kleinen Finger deuteten auf die geöffnete Tür. Dann kämpfte er sich auf die Beine und lief Duncan entgegen.
    Nach einer stürmischen Begrüßung zwischen Vater und Sohn griff Duncan nach einem der kleinen, noch warmen Maisbrote, brach es durch und biss hinein. Moira beobachtete ihn erwartungsvoll.
    Â»Das ist gut!«, sagte er erstaunt.
    Â»Wirklich?«
    Â»Nein, natürlich nicht«, gab er grinsend zurück. »Das habe ich nur gesagt, damit du nachher wieder mit mir das Bett teilst.«
    Â»Na warte, du Schuft!« In gespielter Empörung drohte sie, einen Kochlöffel nach ihm zu werfen – und hielt sich nur mit Blick auf Joey zurück, der den Albernheiten seiner Eltern fasziniert zusah.
    Â»Du hast übrigens einen sehr klugen Sohn.« Moira legte den Kochlöffel weg, holte drei Zinnteller vom offenen Regal und stellte sie auf den Tisch. »Er liest bereits die Zeitung.«
    Â»Wie
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