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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Trotz seiner Trunkenheit konnte Femola fließend Maschine schreiben. Er ratterte das Protokoll herunter, wie es keine Stenotypistin besser gekonnt hätte.
    Was sie nicht sahen, war, was Femola wirklich schrieb. Als Dr. Högli diktierte: »Als ich an einem Peyotlfeld vorbeiging, wurde ich aus den Felsen heraus beschossen …«, schrieb Femola flott und mit ernster Miene: sjckeosg shezwps shwpools, aww westkstel. AAAAfshejsons kezs wpsüsshj …
    Er hackte willkürlich und sinnlos auf den Tasten herum.
    »Gut so«, sagte er, als die Aussagen beendet waren. »Das genügt. Das wird seine Wirkung auch beim Gouverneur in Chihuahua nicht verfehlen. Ich danke Ihnen, Señores, für diese ungeheuer wichtige Information.«
    Er faltete das ›Protokoll‹ zusammen und schob es in eine Schublade.
    »Müssen wir die Aussagen nicht unterschreiben?« fragte Dr. Högli.
    »Wir sind hier nicht in der Schweiz, Doktor«, sagte Femola und verbeugte sich. »Ich zeichne es; die Unterschrift eines mexikanischen Beamten ist Dokument genug. Wir sind nicht so mißtrauisch wie die Europäer.«
    »Ich habe ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache«, meinte Dr. Högli, als sie wieder zu ihren Jeeps gingen. Vom Fenster, hinter einer schmutzigen Gardine, blickte ihnen Mendoza Femola nach.
    »Was wird er jetzt tun?«
    »Paddy anrufen. Das ist sicher.«
    »Und das Protokoll?«
    »Bleibt in der Schublade.« Pater Felix schwang sich auf den glühheißen Sitz. Ein Rudel Straßenjungen, das die Jeeps umlagert hatte, war auseinandergestoben, als es den Priester hatte kommen sehen. »Aber daß er Paddy anruft, ist ein voller Erfolg! Paddy wird den Fehdehandschuh aufnehmen. Dazu kenne ich ihn viel zu gut.« Er ließ den Motor an. »Sie fahren wieder direkt zurück nach Santa Magdalena?«
    »Ja. Sie nicht, Pater?«
    »Ich will noch meinen Amtsbruder hier in der Kirche besuchen.« Pater Felix gab Dr. Högli die Hand. »Seien Sie vorsichtig, Doktor. Es kann sein, daß Paddy schon unseren Rückweg als Kampfplatz benutzt.«
    »Ich passe schon auf mich auf, Pater.«
    Dr. Högli wartete, bis der Priester um die Straßenecke verschwunden war, dann stieg auch er ein und fuhr zurück in die glühende Einsamkeit.
    Kurz vor Santa Magdalena, wo aus der Straße ein Geröllweg wird, sah er schon von weitem etwas Dunkles am Straßenrand stehen.
    Er holte seine Pistole aus dem Futteral und hielt sie schußbereit in der Rechten, während er weiterfuhr.
    Näherkommend erkannte er, daß es ein großer amerikanischer Reisewagen war, eines jener unerhört langen und luxuriösen Autos, in denen man fährt, als sitze man in einem Clubsessel. Das automatische Dach war halb geöffnet, die Fenster waren heruntergekurbelt. Eine Gestalt hatte sich in den Motorraum gebeugt und schien dort herumzuwerken.
    Billige Falle, dachte Dr. Högli. So etwas hat man schon hundertmal im Kino gesehen. Er bremste scharf und sprang sofort aus seinem Jeep. Eine dichte Staubwolke, die sich im Nu bildete, nebelte ihn ein. Er riß die Pistole vor und rannte durch den Staubnebel, bereit, sofort zu schießen.
    Dann aber ließ der die Waffe sinken und blickte verlegen seinen Gegner an. Es war eine Frau, wie sie Dr. Högli noch nicht gesehen hatte. Um die langen schwarzen Locken schlang sich ein buntes Chiffontuch, ihre schlanke Gestalt umhüllte ein rotgelbgestreifter Hosenanzug, unter dem die Bluse so weit aufgeknöpft war, daß man die Hälfte ihrer vollen Brust in zwei Schalen aus feinster weißer Spitze sehen konnte. Das schmale Gesicht mit den nachgezogenen Brauen und dem rot geschminkten Mund erinnerte Dr. Högli sofort an ein Gemälde von Velázquez, an eine jener stolzen, unnahbaren, unbegreiflich schönen Damen der altspanischen Aristokratie.
    »Ich glaube, ich habe kein Benzin mehr«, sagte die Frau. Ihre Stimme paßte zu ihrer Erscheinung: dunkel, melodisch wie Celloklang. »Ich glaube nicht, Señor, daß Sie den Wagen mit einer Pistole flottmachen können.«
    Sein Verblüffung war so groß, daß er erst nach ein paar Sekunden begriff, wie dumm er aussehen mußte, mit der schußbereiten Pistole in der Hand, den Lauf auf die schöne Unbekannte gerichtet, den Finger am Abzug. Er lächelte verlegen, steckte die Pistole wieder in das Futteral und deutete eine Verbeugung an. Das machte in dieser Lage und dieser trostlosen Umgebung einen kläglichen Eindruck, aber tapfer sagte er: »Dr. Högli. Ich bin Arzt, Señora.«
    »Señorita.« Sie erwiderte sein Lächeln und zeigte wieder auf den riesigen Wagen.
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