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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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knackfrisches Brötchen. »Matri, wir sollten es uns überlegen!«
    »Nie, Señor.«
    »Wie lange bist du bei mir?«
    »Neun Jahre, Señor.«
    »Neun Jahre?« Paddy schnitt ein dickes Stück Schinken ab, schob es in den Mund und betrachtete Matri wie eine Stute, die zum Verkauf steht. »Ich erinnere mich. Du warst das dreckige, magere Balg, das man mir eines Tages ins Haus brachte. Sie haben dich oben in den Bergen gefunden, ein aus dem Nest gefallenes Vögelchen.«
    Matri schälte eine dicke Orange und brach sie in Stücke, die sie Paddy auf einem Teller hinschob. »Das stimmt nicht ganz, Señor«, sagte sie. »Ihre Leute haben meine Sippe überfallen und verjagt. Meine Mutter ließ mich fallen, sie mußte mich damals tragen, weil ich mir den Fuß an einem Kakteenstachel verletzt hatte, und als sie mich holen wollte, hat man sie mit Peitschen weggetrieben. Ich habe sie nie wiedergesehen.«
    »Und dein Vater?«
    »Er war schon ein Jahr tot. Ein Stier hat ihn zu Tode getrampelt.«
    Paddy aß ein paar Orangenscheiben und tätschelte seinen nackten Bauch. »Was wärst du heute ohne mich?« sagte er. »Matri Habete. Vom Stamme der Tarahumara-Indianer. Ich erst habe einen Menschen aus dir gemacht! Und was für einen Menschen! Wie alt bist du jetzt?«
    »Ich müßte einundzwanzig sein, Señor.«
    »Eine Schande! Läuft eine einundzwanzigjährige Schönheit Tag und Nacht bei mir herum – und war noch nicht in meinem Bett! Ist das Dankbarkeit, Mädchen?« Paddy trank den starken heißen Kaffee mit kleinen Schlucken, begann zu schwitzen und tupfte den Schweiß mit einem Zipfel des um den Kopf geknoteten Handtuchs ab. Plötzlich wurde er ernst, sein joviales Lachen verschwand aus seinem eckigen Gesicht, die Augen bekamen jene Härte, die alle fürchteten, die mit Paddy in nähere Berührung kamen. »Und wenn ich dir's befehle?« sagte er laut.
    »Sie können mir alles befehlen, nur das nicht, Señor!« Matri goß neuen Kaffee ein. Ihre Hand zitterte nicht. Paddy achtete genau darauf. Ein Indianer-Luder, dachte er. Wie sie sich in der Gewalt hat, diese schwarze Katze!
    »Wer will mich daran hindern?« rief er und griff nach ihrem Arm. Sie war schneller, sprang zurück, ihr schlanker, schöner Körper spannte sich unter dem dünnen Katunkleid. Eine Wildkatze, die sich zum Sprung anschickt. »Komm her!« sagte Paddy gedämpft.
    »Nein, Señor.«
    »Verdammt! Nein? Nein in meinem Haus? Ich lasse dich auspeitschen!«
    »Sie können mich totschlagen, Señor, aber Ihre Hure werde ich nicht.«
    Paddy blieb sitzen. Entgegen seiner Art schrie er nicht nach Antonio Tenabo, der alles ausführte, was in das Fach des Henkers fiel. Seine gute Laune verflog nicht. Er aß weiter, schnitt Schinken ab und rieb die nackten Fußsohlen aneinander. Matri blieb in sicherer Entfernung stehen.
    »Ich habe mir immer genommen, was ich wollte, Matri«, sagte Paddy kauend. »Bekam ich es nicht durch überzeugende Worte, habe ich dafür bezahlt. Nutzte auch das Geld nichts, so gab es immer noch Mittel genug, meinen Wunsch durchzusetzen. Nur eines habe ich nie getan: eine Frau mit Gewalt genommen! Warum auch? Sie kommen allein. Zur Zeit ist ihr Preis zehn Liter Wasser. In New York kostete mich eine Gräfin, uralter Adel, hunderttausend Dollar. Verstehst du, was ich meine, schönes Luder?«
    »Sie können mich nie kaufen, Señor«, sagte Matri ruhig.
    »Aber es gibt diesen Juan-Christo.« Paddy wählte nach einigem Zögern einen Toast und frischen Schafskäse.
    »Was – was wollen Sie von Juan-Christo?« fragte Matri leise.
    »Er hetzt die Leute auf. Was dieser Himmelskomiker Pater Felix in seiner Kirche predigt, das setzt dieser Juan beim Pillengeben fort.«
    »Er hilft den Leuten!« sagte Matri. »Er tröstet sie, er macht ihnen Mut!«
    »Sehr schön!« Paddy blickte zu Matri hinüber und biß in den Käsetoast. »Jetzt hör mir mal zu. Ich bin heute morgen bester Stimmung, und ich will sie mir nicht verderben lassen. Obwohl mir zum erstenmal klar wird, wen ich da all die Jahre über als meine persönliche Bedienung im Haus habe! Darüber sprechen wir noch. Aber diesen Juan-Christo lege ich noch heute in die Pfanne und werde ihn mir braten. Los, hau ab! Schick Tenabo zu mir! Und noch eins«, er rief es Matri nach, die davonrannte, »wenn du das Haus verläßt, lasse ich dich suchen! Es macht mir nichts aus, ganz Santa Magdalena einzureißen, um dich zu finden!«
    Paddys gute Morgenlaune wurde doch noch gestört. Ein Boy erschien auf der Terrasse und
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