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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Dieses Monstrum braucht keine Diagnose. Es hat kein Benzin mehr. Es verschlingt unheimliche Mengen. Natürlich ist weit und breit keine Tankstelle, nicht wahr!«
    »Hier? Wenn Sie weiterfahren, vergessen Sie, daß Sie sich noch auf unserer Erde befinden. Eine Tankstelle? Nein, Señorita …«
    »Evita Lagarto.« Sie klopfte sich den Staub von dem auffälligen Hosenanzug, band das Chiffontuch ab, schüttelte ihre langen schwarzen Haare aus und war sich bewußt, wie schön sie war und wie sie auf Männer wirkte. »Kann man bei Ihnen Benzin zapfen, Doktor?«
    »Natürlich. Ich habe drei Ersatzkanister bei mir.«
    »Sie sind auf Patientenbesuch?«
    »So kann man es auch nennen.« Dr. Högli dachte an Mendoza Femola und dessen schon an der Färbung des Gesichts erkennbare Säuferleber. »Im allgemeinen kommen die Patienten zu mir.«
    »Sie haben hier, in dieser Einsamkeit, eine Praxis?«
    »Ein ganzes Krankenhaus sogar. Oben in den Bergen leben viele Indios, vergessene Menschen – wenn sich keiner um sie kümmern würde.« Dr. Högli ging zu seinem Jeep, schnallte zwei Benzinkanister los und kehrte zu dem riesigen Amerikaner zurück. Evita Lagarto hatte den Tankverschluß aufgeschraubt und spielte mit ihm wie ein kleines Mädchen mit einem Ball, sie warf ihn in die Luft und fing ihn wieder auf.
    »Wie weit komme ich damit?« fragte sie, als Högli den Inhalt des ersten Kanisters einfüllte.
    »Bis zum Hospital bestimmt.« Er stützte den gekippten Kanister auf sein angehobenes Knie und blickte Evita erstaunt an. »Sie wollen diese Straße weiterfahren? Ich dachte, Sie hätten sich verfahren. Wo wollen Sie denn hin?«
    »Zu Señor Paddy«, sagte sie. Dr. Högli setzte den Kanister ab. »Die Richtung stimmt doch?«
    »Es gibt nur diese eine Straße nach Santa Magdalena. Das Hospital und Mr. Paddys Hacienda liegen sich gegenüber. Dazwischen ist das Dorf. Kennen Sie Jack Paddy?«
    »Nein.«
    »Und warum besuchen Sie ihn?«
    Evita Lagarto lehnte sich an den Wagen und drehte den Tankverschluß zwischen den schönen schmalen Händen. Die langen, lackierten Nägel glänzten, als habe sie ihre Fingerspitzen in Blut getaucht.
    »Ich könnte jetzt antworten, Doktor: Was geht das Sie an? Aber Sie haben einen Ton in Ihrer Stimme gehabt, der mich neugierig macht. Ist es so außergewöhnlich, daß man Señor Paddy besucht?«
    »Ich glaube nicht. Er wird oft Besuch bekommen, er ist ja ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann …«
    »Wieder dieser Zwischenton, Doktor.«
    »Werden Sie länger in Santa Magdalena bleiben?«
    »Nein. Mein Vater hat einen Auftrag für Señor Paddy. Ich bin so eine Art Bote. Natürlich gibt es Telefon und Fernschreiber, aber mir macht's Spaß, herumzufahren. Es ist die einzige Tätigkeit, die mir erlaubt wird – neben Partys, Tennis, Reiten und Flirten.« Sie lachte dieses dunkle, faszinierende Lachen, das ihn ins Herz traf. »Wir haben den größten Südfrucht-Export und -Import in New Mexico. Waren Sie schon einmal in El Paso?«
    »Nur auf der Durchreise.« Dr. Högli füllte weiter ab. Südfrüchte, dachte er, schöne Früchte werden das sein! Natürlich ist die Peyotl-Kaktee eine Südfrucht, alles kann man Südfrüchte nennen, auch den Hanf und das Haschisch. Und diese Frau, die wie ein Engel aussieht, reist herum, in der Tasche die Aufträge für Kreaturen wie Paddy, und ist mitschuldig am Verfall von Tausenden von Menschen.
    Ob sie das überhaupt weiß?
    Er schielte zu Evita hinüber. Sie hatte das Autoradio angestellt. Tanzmusik eines amerikanischen Senders, hämmernde Rhythmen aus Saxophonen und Klarinetten. Sie wippte im Takt auf den Zehenspitzen, ihre vollen Brüste unter der offenen Bluse hüpften.
    Dr. Högli warf den leeren Kanister zur Seite, schraubte den zweiten auf und konzentrierte sich ganz auf das Gluckern des Benzins.
    »Paddy hat keine Südfruchtfarm«, sagte er unvermittelt.
    »Nein?« Die Frage klang ehrlich erstaunt. Von einem Augenblick zum anderen wurde er unsicher. Sie hat wirklich keine Ahnung, dachte er und spürte, wie ihn das erleichterte. Man benutzt sie als unwissenden Boten, weil sie eben so gern in der Welt herumfährt. Sie erteilt Aufträge für die Hölle und bleibt doch ein Engel.
    Blödsinn, diese Gedanken! Romantisierendes Gestammel. Hölle, Engel – die Hitze brennt einem das Hirn weg! Sieben Monate kein Wasser, keinen Schatten, nur diese leuchtende Glut vom Himmel. Da muß man ja blödsinnig werden.
    »Paddy baut Baumwolle und Kaffee an«, sagte er. »Und
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