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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dann schlichen sie sich davon.«
    »Sie schlichen davon! Das ist es!« schrie Pater Felix. »Warum hat keiner das Haus gestürmt?«
    »Auf den Wachttürmen stehen Paddys Männer mit Maschinenpistolen. Was haben die Indios? Ihre Hände, ein paar Knüppel, Beile, Jagdgewehre …«
    »Fahren Sie mit mir zu Mendoza Femola!«
    »Den Weg können wir uns sparen. Wissen Sie, ob er nicht von Paddy bezahlt wird?«
    »Er ist getaufter Christ. Ich werde als Priester mit ihm reden und ihm notfalls ein paar Ohrfeigen geben.«
    »Auch diese individuelle Spielart des apostolischen Segens wird ihn nicht vergessen lassen, wieviel Pesos er von Paddy erhält. Aber gut.« Dr. Högli griff nach seinem geflochtenen, bunt bemalten Sombrero. Er zog den Arztkittel aus und schnallte sich seine Pistole um. Pater Felix blickte ihn erstaunt an.
    »Ihre neue Injektionsspritze?«
    »Ich bin ein paarmal beschossen worden. Aus dem Hinterhalt. Und ich pflege auf Fragen immer eine Antwort zu geben.«
    »Sie sind mir ein Rätsel, Doktor.« Pater Felix hielt die Tür auf. Von draußen drang die Hitze wie eine schwere Wolke herein. »Sie sehen sanft wie ein Lamm aus, leben asketisch nur für Ihre Kranken, halten es hier im Vorhof der Hölle freiwillig aus – und nun lassen Sie sich auch noch beschießen und wollen zurückballern. Wie alt sind Sie?«
    »Zweiunddreißig, Pater.«
    »Wie ich. Scheint ein guter Jahrgang zu sein.«
    In der Ambulanz arbeitete Juan-Christo wie am Fließband. Ein angelernter Indio stand ihm mit Handreichungen zur Seite.
    »Ich muß nach Nonoava«, sagte Dr. Högli. »Schaffst du es allein?«
    »Heute schon, Padre Riccardo.« Juan-Christos Gesicht glänzte vor Schweiß. »Sie müssen eben länger warten.«
    Dr. Högli und Pater Felix gingen, vorbei an den herumhockenden Indios, zu ihren Jeeps. Jeder fuhr mit seinem Wagen, falls einer auf den höckrigen Straßen ausfallen sollte.
    Die Indios hoben die Köpfe nicht, die steifen Hüte waren ihnen in die Stirn gerutscht. Nur ein paar Alte grüßten. Högli blieb stehen und griff einem der Indios unters Kinn. Glänzende, weltferne, glückliche Augen starrten ihn an – zwei Lichter in einem ausgemergelten, verfallenden Körper.
    Meskalin. Der Rausch des Paradieses …
    »Fahren wir, Pater Felix!« sagte Dr. Högli heiser. »Vielleicht helfe ich Ihnen, Mendoza Femola zu ohrfeigen!«
    Jack Paddy kam vom Swimming-pool zurück und fühlte sich wunderbar erfrischt. Er machte einen kleinen Dauerlauf durch den blühenden, duftenden Park, übersprang dreimal einen seiner künstlichen Bäche und kam sich jung und voll ungenutzter Kraft vor. Seine knappe Badehose mit dem Hawaii-Muster verdeckte kaum seine Blöße, der muskelbepackte Körper glänzte in der Sonne, als die Wassertropfen von ihm abperlten und verdunsteten.
    Heute war ein schöner Tag. Das erste hübsche Indiomädchen war über Nacht bei ihm geblieben und hatte am Morgen das Haus wieder verlassen – mit zehn Litern Wasser. Damit es sich herumsprach, hatte Paddy das Wasser sogar mit Orangensaft versetzen lassen – das mußte für die Indios ein Getränk aus einer anderen Welt sein. Sieben Monate ohne Wasser, sieben Monate nur glühende Sonne und Staub, seit einem Monat das höllische Paradies der Mescal buttons – da sind zehn Liter orangengewürztes Wasser für ein paar Stunden Stillhalten in den Armen Paddys geradezu ein königliches Geschenk.
    Auf der Terrasse unter den kühlenden Bögen, in denen sich große Ventilatoren drehten, war der Kaffeetisch gedeckt. Matri, das Hausmädchen, machte einen Knicks, als Paddy herangelaufen kam, die Arme angewinkelt, als wolle er, wie auf einem Sportfest, demonstrieren, wie man schulmäßig einen Dauerlauf macht. Dann ließ er sich lachend in einen der breiten Korbsessel fallen, streckte die Beine von sich und knotete sich ein Frotierhandtuch um die kantigen Schläfen. Matri schielte zu dem ›Viereckschädel‹ hin und goß eine Tasse mit Kaffee randvoll.
    Paddy schnippte mit dem Finger und winkte dem Mädchen zu. »Warum hast du eigentlich noch nicht mit mir im Bett gelegen?« rief er mit seinem dröhnenden Baß, der, wie alles an ihm, Ausdruck einer Vitalität war, die ihre Kraft aus dem Elend der Indios sog. »Eine Schönheit wie du … Mädchen, du bist das schönste Weib zwischen El Paso und Los Moschis!«
    »Sie wissen, Señor, ich bin verlobt.«
    »Mit diesem Kretin Juan-Christo? Dem Pißflaschenschwenker vom ›Henri Dunant‹?« Paddy lachte schallend und biß in ein
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