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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht
Autoren: Linda Howard
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keineswegs beunruhigt gewirkt. »Mit ihm ist alles in Ordnung«, hatte Dr. Hardy ihr erklärt. »Er braucht nicht zu reden, weil Tucker für zwei redet. Er wird anfangen zu reden, wenn er etwas zu sagen hat.« Da Tanner ansonsten in jeder Hinsicht unauffällig war, seine Auffassungsgabe eingeschlossen, musste sie davon ausgehen, dass der Kinderarzt Recht hatte - aber Sorgen machte sie sich trotzdem. Sie konnte nicht anders; sie war eine Mutter.
    »Unter der Spüle ist ein Rohr undicht.« Sherry klang aufgelöst. »Ich habe den Hahn zugedreht, aber wir brauchen so schnell wie möglich wieder Wasser. Das schmutzige Geschirr stapelt sich jetzt schon.«
    »O nein.« Abgesehen von den offensichtlichen Schwierigkeiten, ohne Wasser zum Kochen und Abwaschen auskommen zu müssen, drohte ein weiteres, schwer wiegenderes Problem: Ihre Mutter Sheila Wells reiste aus Seattle zu einem einwöchigen Besuch an und würde am Nachmittag eintreffen. Da ihre Mutter von Anfang an nicht besonders glücklich darüber gewesen war, dass Cate und die Zwillinge Seattle verlassen hatten, konnte sich Cate schon ausmalen, was sie über die abgelegene Gegend und den Mangel an den Annehmlichkeiten der modernen Welt sagen würde, vor allem wenn es kein Wasser geben sollte.
    Irgendetwas war immer los; an diesem alten Haus gab es ständig etwas instand zu halten oder zu reparieren, was, wie sie annahm, alte Häuser per se auszeichnete. Trotzdem hatte sie ihre Finanzdecke bis zum Zerreißen gespannt; sie hätte wirklich eine Woche brauchen können, in der nichts Neues anfiel. Vielleicht nächste Woche, tröstete sie sich seufzend.
    Sie griff zum Küchentelefon und wählte aus dem Gedächtnis die Nummer von Earl’s Hardware Store.
    Walter Earl ging persönlich an den Apparat und zwar beim ersten Läuten, so wie eigentlich immer. »Haushaltswaren.« Mehr brauchte er nicht zu sagen, da es nur einen einzigen Haushaltswarenladen im Ort gab und niemand außer ihm je ans Telefon ging.
    »Walter, hier ist Cate. Wissen Sie, wo Mr Harris heute arbeitet? Ich habe einen Wasserrohrbruch.«
    »Mister Hawwis!«, krähte Tucker, der den Namen des hiesigen Allround-Handwerkers aufgeschnappt hatte. Begeistert klopfte er mit dem Löffel auf die Tischplatte, bis Cate den Finger ins Ohr steckte, um mitzubekommen, was Walter sagte. Beide Buben sahen sie mit großen, glücklichen Augen an und zappelten vor Freude. Der nette Mr Harris gehörte zu ihren liebsten Besuchern, weil er so viele faszinierende Werkzeuge besaß und nicht schimpfte, wenn sie mit den Schraubenschlüsseln und Hämmern spielten.
    Calvin Harris besaß kein Telefon, schaute aber gewöhnlich am Morgen im Haushaltswarenladen vorbei, um alles zu besorgen, was er den Tag über benötigen würde; deshalb wusste Walter meistens, wo man ihn finden konnte. Als Cate hierher gezogen war, konnte sie kaum glauben, dass es in der heutigen Zeit noch Menschen ohne Telefon gab, aber inzwischen hatte sie sich an das System gewöhnt und dachte sich nichts mehr dabei. Mr Harris wollte kein
    Telefon, also besaß er auch kein Telefon. Der Ort war so klein, dass es kein Problem war, ihn zu finden.
    »Cal ist gerade hier«, sagte Walter. »Ich schicke ihn rüber.«
    »Danke.« Cate war froh, dass sie Mr Harris nicht erst aufzuspüren brauchte. »Könnten Sie ihn fragen, wann er herkommen kann?«
    Walter gab die Frage mit Bärenstimme weiter, dann hörte sie ein leiseres, unverständliches Murmeln, das sie als Mr Harris’ Stimme erkannte.
    Walters Stimme schallte wieder aus dem Hörer. »Er sagt, er kommt in ein paar Minuten.«
    Cate verabschiedete sich, legte auf und atmete erleichtert auf. Mit etwas Glück handelte es sich um ein kleineres Problem, und sie hätten bald wieder Wasser, ohne dass die Reparatur ihre Finanzen zu sehr strapazierte. Bei näherer Betrachtung benötigte sie Mr Harris’ Reparaturgeschick so oft, dass sie bald glaubte, es wäre für sie günstiger, ihm im Austausch gegen seine Reparaturen freie Kost und Logis anzubieten. Zurzeit lebte er in einer Einliegerwohnung über dem Tierfutterladen, die zwar größer war als jedes ihrer Gästezimmer, aber für die er Miete bezahlen musste, obendrein könnte sie ihn mit ihrem Essen ködern. Sie würde ein Gästezimmer verlieren, aber bis jetzt war sie noch nie ausgebucht gewesen. Was sie davon abhielt, war die nicht ganz so angenehme Vorstellung, ständig jemanden bei sich und den Zwillingen im Haus zu haben. Gerade weil sie tagsüber so beschäftigt war,
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