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Skinwalker 01. Feindesland

Skinwalker 01. Feindesland

Titel: Skinwalker 01. Feindesland
Autoren: Faith Hunter
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    Ich reise mit leichtem Gepäck
    Ich steuerte meine Maschine die Decatur Street entlang, tiefer ins French Quarter hinein. Der Motor schnurrte gleichmäßig. Das Magazin der Flinte auf meinem Rücken, einer Benelli M4 Super 90, war zur Vampjagd mit handgefertigter Flechetmunition aus Silber bestückt. Unter der Lederjacke trug ich eine Sammlung Silberkreuze im Gürtel, in den Oberschenkelhalftern steckten Pflöcke. Die Satteltaschen enthielten mein ganzes bescheidenes Reisegepäck – Klamotten auf der einen Seite, auf der anderen das Werkzeug meiner Zunft. Als freiberuflicher Vampkiller reise ich mit leichtem Gepäck.
    Bei dem Vorstellungsgespräch, zu dem ich unterwegs war, würde ich meine Waffen nicht so offen tragen können. Die Gastgeberin mochte Anstoß daran nehmen. Was ungünstig wäre, da besagte Gastgeberin möglicherweise meinen nächsten Honorarscheck ausstellte und zudem selbst einen Satz Reißzähne besaß.
    In einem Hauseingang stand ein Kerl, ein gut aussehender Typ. Er wandte den Kopf und sah mir nach, als ich vorbeifuhr. Mit Lederstiefeln, Jacke und Jeans war er angezogen wie ich, nur sein dunkles Haar war kurz, während mir meins bis über die Hüften fällt, wenn ich es nicht in stramme Zöpfe flechte, was beim Kämpfen praktischer ist. Neben ihm stand eine Kawasaki. Sein Interesse war mir nicht angenehm, doch er alarmierte weder meinen Raubtier- noch meinen Territorialinstinkt.
    Ich fuhr die St. Louis Street entlang und bog in die Dauphine Street ein, fädelte mich durch Scharen von rastlos wirkenden Fabrikarbeitern auf dem Nachhauseweg und vereinzelte frühe Nachtschwärmer. Im schwindenden Tageslicht erspähte ich das gesuchte Haus. Katies Ladies war das dienstälteste Bordell im gesamten French Quarter und seit 1845 im Geschäft, wenn auch nicht immer in denselben Räumlichkeiten, bedingt durch Hurrikans, Flutwellen, Mietpreise und das schwankende Wohlwollen der Behörden. Ich parkte die Maschine, klappte den Ständer aus und löste meine langen Beine von der Harley.
    Auf einem Schrottplatz in North Carolina hatte ich zwei Motorräder entdeckt, die Rahmen voller Rost, die Gummiteile verrottet. Sie sahen erbärmlich aus. Aber ich kannte Jacob, einen Mechaniker im (Halb-)Ruhestand, der sich als Harley-Restaurator und Zenmeister des Harleykults an den Catawba River zurückgezogen hatte. Er nahm mein Geld, möbelte die eine Karre wieder auf, nutzte die zweite als Ersatzteillager und bestellte übers Internet, was ihm fehlte. Er brauchte sechs Monate.
    In der Zwischenzeit ging ich für ihn auf die Jagd, versorgte seine Frau und seine vier Kinder mit Wildfleisch, Kaninchen, Truthahn – was immer ich in meinem angeschlagenen Zustand zu fassen bekam. Mit meinen Ersparnissen stockte ich die Vorratskammer auf und nutzte die Zeit, um mich wieder in Form zu bringen. Es war das Beste, was ich in den langen Monaten der Genesung tun konnte. Denn sogar mit meinen übermenschlichen Selbstheilungskräften und meinem flexiblen Stoffwechsel dauert es eine Weile, bis eine Beinahe-Enthauptung gänzlich verheilt ist.
    Dann, als ich wieder ganz auf dem Damm war, brauchte ich Arbeit. Das beste Angebot war der Auftrag, einen Rogue zur Strecke zu bringen: einen tollwütigen Vampir, der die Stadt New Orleans heimsuchte. Er hatte bereits drei Touristen gekillt und eine ganze Polizeieinheit lächelnd und blutleer am Tatort zurückgelassen. Gerüchten zufolge hatte er sich nicht mit ihrem Blut begnügt, sondern auch ihre inneren Organe gefressen. Alles deutete darauf hin, dass dieser Rogue uralt, mächtig und tödlich gefährlich war – ein komplett durchgeknallter Vamp. Die Wahnsinnigen sind die Schlimmsten.
    Letzte Woche hatte mich Katherine »Katie « Fonteneau, Inhaberin und Namensgeberin von Katies Ladies , per E-Mail kontaktiert. Auf meiner Webseite war zu lesen, dass ich in den Bergen bei Asheville eine ganze Blutfamilie ausgelöscht hatte. Und das stimmte. Auf meiner Webseite und in den Medienberichten stand die Wahrheit – oder jedenfalls keine Lüge. Die ganze Wahrheit war, dass ich dabei fast draufgegangen wäre. Doch ich hatte den Job durchgezogen, mir damit einen Namen gemacht und anschließend ein paar Monate Auszeit genommen, um mein redlich verdientes Geld sinnvoll anzulegen. Oder um mich auszukurieren, aber auf die Formulierung kommt es an. Ein ausgedehnter Urlaub klang einfach besser.
    Ich setzte den Helm ab, zog die Spange aus dem Haar, holte meine Zöpfe aus dem Jackenkragen und schüttelte sie,
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