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Im Schutz der Nacht

Titel: Im Schutz der Nacht
Autoren: Linda Howard
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    Der Gast aus Zimmer drei des Nightingale’s Bed and Breakfast, das Cate Nightingale insgeheim als »Herrenzimmer« bezeichnete, da es quasi kompromisslos männlich eingerichtet war, blieb kurz in der Tür zum Speiseraum stehen und trat fast sofort aus der Türöffnung zurück. Die meisten Gäste, die gerade Cates Frühstück genossen, bemerkten den kurzen Auftritt des Mannes gar nicht; und wer ihn doch registrierte, dachte sich nichts dabei, dass er so abrupt wieder verschwunden war. Hier in Trail Stop, Idaho, kümmerten sich die Menschen um ihren eigenen Kram, und wenn einer von Cates Gästen beim Essen keine Gesellschaft haben wollte, war das für sie in Ordnung.
    Cate selbst bemerkte ihren Gast nur, weil sie zur gleichen Zeit einen Teller mit aufgeschnittenem Schinken aus der Küche brachte und sich die Küchentür gegenüber der offen stehenden Tür zum Speiseraum befand. Sie merkte sich in Gedanken vor, bei nächster Gelegenheit nach oben zu gehen und nachzufragen, ob er - der Mann hieß Layton, Jeffrey Layton - eventuell auf dem Zimmer frühstücken wollte. Manche Gäste speisten schlicht und einfach nicht gern unter Fremden. Sie hatte schon öfter ein Tablett aufs Zimmer gebracht.
    Nightingale’s Bed and Breakfast gab es inzwischen seit fast drei Jahren. Die Übernachtungszahlen waren oft bescheiden, aber das Frühstücksgeschäft boomte. Dass Cate ihren Speiseraum nicht nur für Übernachtungsgäste geöffnet hatte, war ein glücklicher Zufall gewesen. Statt eines einzigen großen Esstisches, an dem alle zusammensitzen konnten - vorausgesetzt, alle fünf Gästezimmer waren belegt, was noch nie vorgekommen war -, hatte sie fünf kleine Tische mit je vier Sitzplätzen in ihrem Speiseraum aufgestellt, damit die Gäste, wenn sie wollten, relativ ungestört frühstücken konnten. Schon bald hatten die Einheimischen in der kleinen Ortschaft mitbekommen, dass man im Nightingale’s hervorragend frühstücken konnte, und ehe sie sich versah, wurde sie von immer mehr Einheimischen gefragt, ob es okay sei, wenn sie morgens auf einen Kaffee und vielleicht eines ihrer Blaubeer-Muffins vorbeischauen würden.
    Als neu Zugezogene wollte sie nicht abweisend wirken, außerdem hatte sie genügend Sitzplätze, darum hatte sie eingewilligt, obwohl sie insgeheim bei dem Gedanken an die zusätzlichen Kosten gestöhnt hatte. Als die neuen Gäste ihr Frühstück zu ihrer Überraschung bezahlen wollten, hatte sie keine Vorstellung gehabt, was sie ihnen berechnen sollte, da das Frühstück im Zimmerpreis enthalten war; zuletzt hatte sie sich gezwungen gesehen, eine Speisekarte mitsamt Preisen auf der Veranda neben der Seitentür auszuhängen, wo die meisten Einheimischen hereinkamen, weil es ihnen zu mühsam war, um das große alte Haus zum Haupteingang herumzugehen. Nach nicht einmal einem Monat hatte sie einen sechsten Tisch in den Speiseraum gequetscht und dadurch die Zahl ihrer Sitzplätze auf vierundzwanzig erhöht. Manchmal reichten nicht einmal die, vor allem, wenn sie Übernachtungsgäste beherbergte. Es war nicht ungewöhnlich, dass Männer Kaffee trinkend und Muffins mampfend an der Wand lehnten, weil alle Tische voll besetzt waren.
    Heute war Scones-Tag. Einmal in der Woche backte sie Scones statt Muffins. Anfangs hatten die Einheimischen, die größtenteils als Rancher oder Holzfäller arbeiteten, ihre »komischen Kuchen« scheel angesehen, aber schon bald waren die Scones weggegangen wie warme Semmeln. Cate hatte mit verschiedenen Geschmacksrichtungen experimentiert, aber Vanille war und blieb der Renner, weil es mit jeder Art von Marmelade harmonierte.
    Sie stellte den Teller mit gebratenem Schinken auf einem Tisch ab, und zwar genau in der Mitte zwischen Conrad Moon und seinem Sohn, damit keiner ihr vorwerfen konnte, den anderen zu bevorzugen. Diesen Fehler hatte sie ein einziges Mal begangen, als sie den Teller näher bei Conrad abgestellt hatte, seither ließen sich die beiden bei jedem Besuch darüber aus, wen sie wohl lieber hatte. Gordon, der jüngere Moon, machte nur Spaß, aber Cate hatte das unangenehme Gefühl, dass Conrad nach einer dritten Frau suchte und der Meinung war, sie könnte diesen Posten aufs Beste ausfüllen. Sie war anderer Meinung und achtete peinlich darauf, ihn nie indirekt zu ermuntern, indem sie den Schinken in seiner Nähe abstellte.
    »Sieht gut aus«, meinte Gordon gedehnt, genau wie jeden Tag, und streckte die Gabel vor, um eine Scheibe zu ergattern.
    »Besser als gut«, ergänzte
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