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Im Schatten des Vaters

Im Schatten des Vaters

Titel: Im Schatten des Vaters
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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weder den Köder noch irgendwelche Fische sehen, aber er erinnerte sich an Zeiten in den Buchten um Ketchikan, da er bei seinem Vater im Boot gestanden und überall unter sich Fische gesehen hatte. So würde es hier die nächsten Monate auch sein, allerdings hoffte er immer noch, heute schon einen Vorboten zu fangen.
    Was schließlich anbiss, war ein kleiner Saibling, ein weißes Blitzen und Zurren. Mühelos zog er ihn auf die glatten Felsen, wo der Fisch japste und blutete, Roy den Haken entfernte,ihm den Kopf zertrümmerte und der Fisch starb. Es war eine Weile her, dass er einen Fisch gefangen hatte, fast ein Jahr. Er beugte sich hinab, um die Farbe entweichen zu sehen.
    Du warst hervorgebracht auf diesen Felsen, und zu diesen Felsen sollst du zurückkehren, sprach er grinsend. Aus dir ward Mittagessen.
    Er legte ein paar Steine ringsum, um den Adler fernzuhalten, und dachte an seinen letzten Englischunterricht und die Theaterstücke, die sie durchgenommen hatten, und dass er davon dieses Jahr nichts mitbekam. Seine Freunde hatte er auch nicht um sich herum, und Mädchen gab es auch keine.
    Während er seinen Köder immer wieder übers Wasser warf, dachte er an die Mädchen in der Schule und dann an ein bestimmtes Mädchen und wie er sie auf dem Heimweg geküsst hatte. Dabei bekam er eine Erektion, und er sah zur Hütte, holte dann seine Schnur ein und ging zu den Bäumen, wo er sich mit geöffneter Hose an einen Stamm lehnte und masturbierte und sich den Kuss vorstellte und kam. Erst vor knapp einem Jahr hatte er das Masturbieren entdeckt, und normalerweise machte er es drei, vier Mal am Tag, aber seit der Ankunft hier war er noch nicht dazu gekommen, weil sein Vater ständig in der Nähe war.
    Er setzte sich an einen anderen Baum und fühlte sich einsam und dachte an all die verpassten Gelegenheiten.
    Dann warf er die Angel wieder aus, gelangweilt, fing noch einen Fisch derselben Größe und kehrte zu seinem Vater zurück. Der Nachmittag neigte sich jetzt, das Licht wurde voller und der Blick auf den Berg beim Rückweg wunderschön.
    Sein Vater sägte immer noch, als er zu ihm kam.
    Da bist du ja, sagte sein Vater. Hey, sieht nach Abendessen aus. Saibling, alle beide?
    Ja.
    Prima. Und er stimmte ein Lied an, das wie ein Shanty klang. Ach, da schwammen die Saiblinge, und er war ja nicht dumm. Nahm seine Rute, fing zwei, drei gute und aß sie mit dem Rum.
    Sein Vater grinste selbstzufrieden. Besser als Radio?
    Unbedingt, sagte Roy. Das war ein seltsamer Vater, den er hier draußen zu sehen bekam. Ich kann sie braten, während du hier fertigmachst. Wie läuft’s?
    Sein Vater deutete auf den Stapel. Sieht aus wie zehn oder fünfzehn der edelsten Schindeln weit und breit, würde ich sagen. Und alle sehr gleichförmig. Wir wissen um Qualitätskontrolle hier draußen auf der Ranch.
    Ranch, sagte Roy. Sieht nach einem ziemlich kleinen Hof aus.
    Die Herden sind weiter hinten auf der Insel.
    Klar, sagte Roy. Ich mach Essen. Er nahm den Fisch vorne beim Wasser aus, die Innereien blieben knapp unter der Oberfläche an Felsen hängen und schwappten mit den kleinen Wellen vor und zurück. Sie sahen aus wie Aliens. Eins sah aus, als hätte es Augen.
    Er schürte den Ofen, legte die Fische in eine Pfanne mit Butter und Pfeffer und ging wieder auf die Veranda. Er fühlte sich wie ein Pionier, fühlte sich so gut, dass er nach hinten zu seinem Vater ging und ihm zusah und plauderte, bis er meinte, dass das Feuer heiß genug war, hineinging, die Kohlen umschichtete und den Fisch briet.
    Auf der Veranda aßen sie die Saiblinge mit Sauerteigbrot, Salat und Dressing.
    Genieß den Salat, sagte sein Vater. Der hält nicht länger als eine Woche, und dann haben wir nur noch Dosengemüse.
    Pflanzen wir was an?
    Könnten wir machen, sagte sein Vater. Dazu bräuchten wir allerdings Samen. Daran habe ich nicht gedacht. Wir können Tom bitten, uns beim nächsten Besuch welche mitzubringen.
    Bestellen wir per Funk?
    Sein Vater nickte. Wir sollten es sowieso mal ausprobieren. Abends ist die beste Zeit, also schließen wir ihn nach dem Essen an.
    Sie betrachteten die sich senkende Sonne. Sie war so langsam, dass sie keine Bewegung wahrnehmen konnten, aber sie sahen, wie sich das Licht auf dem Wasser veränderte und auf den Bäumen, wie die Schatten hinter jedem Blatt und jeder Kräuselung im schrägen Licht die Welt dreidimensional machten, als betrachteten sie Bäume durch einen View-Master.
    Sie stellten ihr Geschirr in die Spüle und holten
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