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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Autoren: Bernd Perplies
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verließen sie Les Halles und spazierten den halben Kilometer bis zum Ufer der Seine hinunter. Dort wollten sie die nächsten zwei Stunden verbringen und Pläne schmieden. In einem zerstörten Bistro fanden sie drei einfache Holzstühle, die sie eine Steintreppe hinunter zur Flusspromenade trugen. Dort setzten sie sich hin, die Beine auf die Metallbalustrade gelegt, und schauten auf den träge dahinströmenden Fluss hinaus.
    »Wenn wir ein Boot hätten und uns einfach den Fluss hinuntertreiben ließen, kämen wir irgendwann dort raus, wo Kapitän Denning uns an Land gebracht hat«, sinnierte Jonan.
    »Ob er seine Fahrt wohl gut beendet hat?«, fragte sich Pitlit.
    »Tja, wer weiß. Es wäre doch lustig, wenn er genau zur richtigen Zeit wieder auf dem Rückweg ins Mittlere Meer wäre, um uns an der Küste aufzunehmen.«
    »Noch einmal durch die Straße von Gibral-Taar?«, warf Carya ein. »Nein, danke. Darauf kann ich verzichten.«
    Jonan bedachte sie mit einem nachdenklichen Blick. »Welcher Weg schwebt dir vor? Wohin gehen wir jetzt, nachdem du alles über deine Vergangenheit erfahren hast?«
    »Nach Hause, oder?«, meinte Pitlit. »Also zu Caryas Eltern nach Bolonara. Und dann müssen wir die Ausgestoßenen suchen, damit ich Suri wiedersehen kann.«
    Carya starrte auf die braunen, dahinströmenden Fluten und schwieg. Jonans Frage war ebenso berechtigt wie Pitlits Vorschlag sinnvoll. Julion Alecander hatte ihr praktisch dasselbe geraten. Forsche nicht weiter nach , hallte seine Stimme in ihrem Bewusstsein wider . Lass all das hinter dir. Fang ein schönes neues Leben an. Du weißt jetzt, wer du bist. Du wirst lernen, damit umzugehen.
    Das würde sie mit Sicherheit. Dennoch wusste sie nicht, ob sie jemals wirklich ihren Frieden finden würde, wenn sie jetzt aufhörte. Ihre Finger wanderten zu dem silbernen Kapselschlüssel, der an seiner Kette um ihren Hals hing. In dieser einen Nacht in Arcadion, die alles verändert hatte, als Tobyn und Rajael gestorben und ihre Eltern festgenommen worden waren, hatte sie begonnen, einen Weg zu beschreiten, der noch immer nicht zu Ende gegangen war. Eine wichtige Etappe war genommen, das stand außer Frage. Doch ein letztes Rätsel galt es zu ergründen.
    Zerstöre nicht, was du hast, indem du dich in die Belange der Erdenwacht einmischst , glaubte sie Julion Alecanders mahnende Stimme zu hören. Sie brachte sie zum Schweigen.
    »Carya?«, holte Jonan sie ins Hier und Jetzt zurück. »Was denkst du?«
    »Cartagena sagte, eine Organisation namens Erdenwacht habe mich erschaffen«, erwiderte sie langsam. »Magister Milan wusste etwas darüber, aber er starb mit seinem Wissen. Cartagena ebenso. Der Einzige, der mir etwas darüber hätte erzählen können, war Paladin Alecander. Und der warnte mich bloß, von dieser Organisation Abstand zu halten. Aber das kann ich nicht. Ich muss wissen, wer diese Menschen sind, die mich … gemacht haben. Ich möchte meine wahren Eltern – also die anderen neben Milan – kennenlernen und sie fragen, was sie sich dabei gedacht haben.«
    »Wenn ich mich recht entsinne, sagte Alecander dir, dass du dazu in die Schwarze Zone müsstest«, merkte Jonan an.
    »Ja, das stimmt.«
    »Dir ist schon klar, dass von dort noch nie jemand zurückgekehrt ist? Dagegen ist der Ausflug nach Paris ein Spaziergang gewesen. Wir haben keine Ahnung, was uns dort erwartet – und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es der Tod ist.«
    Carya sah ihn ernst an. »Also würdest du nicht mitgehen, wenn ich den Weg dorthin einschlage?«
    »Das habe ich nicht gesagt«, gab Jonan zurück. »Ich würde dich überallhin begleiten, das weißt du. Ich möchte dich nur warnen. Es könnte sehr gefährlich werden.«
    »Ich weiß.« Sie schenkte ihm ein verschwörerisches Lächeln. »Dann ist es ja nur gut, dass wir ein Extemplersoldat, eine gezüchtete Killerin und ein Straßenjunge sind, der Waffen sogar an den Hof des Mondkaisers schmuggeln kann. Die sollen sich bloß vorsehen in der Schwarzen Zone.«
    »Oje, jetzt wird sie größenwahnsinnig«, murmelte Jonan, aber ein Lächeln begleitete seine Worte. Er blickte zu Pitlit hinüber. »Wie sieht es mit dir aus, tolldreister Schmuggler?«
    »Ihr fragt mich ernsthaft, ob ich mit euch auf eine Reise zu einem der unheimlichsten Orte der Welt gehen will, um dort wahrscheinlich draufzugehen oder in die Hände einer üblen Geheimorganisation zu geraten?« Der Straßenjunge starrte sie entgeistert an.
    »So ungefähr, ja.«
    »Klar, warum
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