Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
Stattdessen wird ein Lohn in noch festzusetzender Summe an Silbermünzen ausgehändigt. Das Gleiche gilt für Jonan Estarto, dessen Einsatz das Leben seiner Hoheit Prinz Alexandre gerettet hat.«
    Überrascht schauten Carya, Jonan und Pitlit sich an. Damit hatten sie nicht gerechnet. »So gefällt mir eine Gerichtsverhandlung«, stellte Jonan fest.
    »Und Alexandre sieht aus, als würde er vor Wut gleich platzen«, freute sich Pitlit.
    »Es ist noch nicht vorbei«, gab Carya zu bedenken. Nun war sie an der Reihe, und sie hatte vorsätzlich und ohne angegriffen worden zu sein gemordet, sogar mehrfach. Der Gedanke daran drehte ihr noch immer den Magen um.
    »Carya Diodato.« Der Herold wollte soeben fortfahren, doch in diesem Augenblick erhob sich der Mondkaiser und ließ ihn abbrechen. Der Kaiser trat einen Schritt auf die Stufen zu, die von seinem Thronpodest hinunter zum Saalboden führten. »Carya Diodato«, ergriff er selbst das Wort, und Carya lief ein Schauer über den Rücken, als ihr klar wurde, wie ungewöhnlich diese Geste war. »Ihr Auftauchen in diesem Palast hat Dinge in Bewegung gesetzt, deren Folgen im Guten wie im Bösen noch nicht einmal annähernd abzuschätzen sind. Trotzdem soll keine Anklage erhoben werden. Denn durch Sie wurde vieles aufgedeckt, was bei Hofe im Argen lag. Eine Intrige wurde beendet, deren Erfolg ganz Francia ins Chaos hätte stürzen können. Dafür werden wir Ihnen immer dankbar sein. Wenn Sie dieses Haus morgen verlassen, dann mit unserem Segen. Das ist unser Urteil, und so soll es vollstreckt werden.«
    Er warf Carya einen letzten Blick aus seinen intensiv blauen Augen zu, bevor er sich abwandte und mit würdevollen Schritten den Raum verließ. Hinter ihnen erhob sich das Publikum.
    »Das war dann wohl unsere Verabschiedung«, meinte Jonan. »Viel deutlicher hätte er nicht werden können.«
    Carya nickte. »Offenbar möchte der Kaiser uns loswerden.« Angesichts der Geschehnisse der letzten Tage konnte sie ihm das nicht verübeln.
    Ein Wachmann trat neben Julianne Factice, um sie abzuführen. »Oh, einen Augenblick«, rief Jonan.
    Der Gardist und die ehemalige Ministerin verharrten und drehten sich ihm fragend zu.
    »Ich habe hier noch etwas für Sie, Madame Factice«, sagte Jonan. Er griff in seine Jackentasche und holte einen ziemlich zerknitterten Brief hervor. »Es tut mir leid. Er hat etwas gelitten. Ich hätte ihn Ihnen auch schon früher übergeben, aber … nun ja, Sie wissen ja, wie sich die Dinge heute überschlagen haben.«
    »Wer schickt mir das?«, fragte Factice und drehte verwirrt den unbeschrifteten Umschlag in den Händen.
    »Ein Mann namens Godard, Madame«, antwortete Jonan. »Er lebt mit ein paar Kameraden in der Trümmerzone. Wenn ich es richtig verstanden habe, war er früher Soldat bei Hofe.«
    Bei der Erwähnung des Namens weiteten sich die Augen der ehemaligen Ministerin leicht. Sie gab sich Mühe, es zu verbergen, aber Carya glaubte, eine gewisse Anspannung, ja Aufregung in ihrer Haltung auszumachen.
    Factice riss den Umschlag auf und entnahm den Brief. Er schien ziemlich kurz zu sein, denn sie warf nur einen schnellen Blick darauf, bevor sie das Blatt Papier senkte. Beinahe erschüttert starrte sie einen Moment ins Leere. Dann blinzelte sie mehrfach, als müsse sie plötzliche Tränen zurückhalten. »Danke«, presste sie hervor und schenkte Jonan ein Lächeln. »Bitte entschuldigen Sie mich jetzt.«
    »Was stand in dem Brief?«, fragte Carya Jonan.
    Der schüttelte nur den Kopf. »Ich habe keine Ahnung.« Er sah Pitlit und sie an. »Nun sind wir also frei und können gehen, wohin wir wollen. Machen wir einen Spaziergang durch den Park? Dort können wir uns ungestörter unterhalten.«
    »Einverstanden«, sagte Carya.
    Pitlit kratzte sich am Kopf. »Och, wisst ihr was? Ich streife lieber noch ein wenig durch den Palast. Um mich von all den wundervollen Orten zu verabschieden, die ich gar nicht richtig kennenlernen durfte.«
    Carya und Jonan wechselten einen raschen Blick. Es war eindeutig, warum er dieses Angebot unterbreitete. Sie wussten die Geste zu schätzen. »Viel Spaß«, sagte Jonan. »Aber bring uns nicht kurz vor unserer Abreise noch in Schwierigkeiten.«
    »He, mich erwartet ein Beutel voll Silbermünzen«, gab Pitlit zurück. »Das ist schon in Ordnung. Ich bin nicht gierig.«
    Carya und Jonan verließen den Palast und schlenderten an den zwei großen Wasserbecken vorbei, um über eine breite Treppe einen prächtigen Springbrunnen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher