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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Autoren: Bernd Perplies
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sich drückte.
    »Ich liebe dich«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Ich liebe dich mehr als alles andere im Leben. Und es ist mir egal, ob dein Leben im Mutterleib oder in einem Tank begann. Du bist keine Maschine und keine Marionette, die nach der Pfeife von Männern wie Cartagena tanzt. Das hast du bewiesen, als du im Audienzsaal den Bann gebrochen hast, der dich zwingen sollte, den Mondkaiser zu töten.«
    »Danke«, flüsterte Carya an seine Brust geschmiegt. »Ich wünschte trotzdem, ich wäre einfach normal.«
    »Du magst dieses Erbe in dir tragen, das Gefahren birgt. Aber nun, da wir das wissen, können wir damit umgehen. Und es birgt auch Möglichkeiten, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Deine Fähigkeiten haben schon viel Gutes bewirkt – in Arcadion, im Dorf der Ausgestoßenen, auf der Fahrt übers Meer. Also fühle dich nicht schlecht wegen dem, was du erfahren hast. Es macht dich zu keinem geringeren Menschen. Sondern zu einem, in dem mehr steckt, als auf den ersten Blick zu erkennen ist.«
    »Dann hast du keine Angst, dass ich wieder unter den Bann irgendeines Mannes geraten könnte, der meine Gaben missbrauchen will?«, fragte Carya. »Du hast keine Angst vor der Killerin, die seit meiner Kindheit in mir steckt?«
    Jonan bog den Kopf etwas zurück, um sie anschauen zu können. »Vielleicht ein klitzekleines bisschen«, gestand er. Um seine Mundwinkel zuckte es verräterisch, als er fortfuhr. »Aber ich mag gefährliche Frauen.«
    »Tatsächlich?«
    »Absolut«, erklärte er im Brustton der Überzeugung. »Was wäre das für ein Leben, wenn man nicht damit rechnen müsste, von seiner Angebeteten aus heiterem Himmel in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt zu werden?«
    »Das ist nicht witzig«, murrte Carya.
    »Ja, ich weiß. Verzeih.« Er zog sie wieder in eine innige Umarmung.
    Eine Weile standen sie eng umschlungen und schweigend am Seeufer. Ein schwacher Wind wehte durch den Park und brachte die Blätter der hohen Bäume zum Flüstern. Die Lichterblüten glitten lautlos übers Wasser. Irgendwo sang sich ein einsamer Vogel in den Schlaf. Carya wünschte sich, die Zeit würde in diesem Augenblick verharren.
    Sie hob den Kopf und sah Jonan an. Er erwiderte den Blick voller Zärtlichkeit. Wie von selbst suchten sich ihre Lippen, fanden sich und verschmolzen zu einem leidenschaftlichen Kuss. Selbst durch ihr Kleid und sein Hemd hindurch spürte Carya die Wärme seines Körpers, und diese Empfindung löste ein Verlangen nach ihm aus, dem sie sich nicht länger verschließen wollte. Jonan und sie gehörten zusammen – für immer. Es gab keinen Grund mehr, ihrer Liebe irgendwelche Zügel anzulegen.
    »Jonan«, flüsterte sie, als sich ihre Lippen voneinander lösten.
    »Ja?«, fragte er.
    »Ich möchte diese Nacht mit dir verbringen.«
    »Du meinst …«
    »Ja, genau das.«
    »Bist du dir sicher?«
    Carya nickte. »Das bin ich. Und bevor du nachhakst: Nein, es spricht nicht der Schock der letzten Stunden aus mir, und ich stehe auch nicht unter erneutem Bann. Nun ja, höchstens unter deinem. Aber das ist in Ordnung.«
    Jonan hob die Hand und strich ihr liebevoll über die Wange. Sie konnte ihm ansehen, dass er sich diese Nacht genauso wünschte wie sie. »Dann lass uns auf dein Zimmer gehen«, sagte er, »und bis zum Morgengrauen die Welt und was gewesen ist und was sein wird aussperren. Nichts soll mehr eine Rolle spielen. Nur du und ich.«
    Er nahm sie bei der Hand, und gemeinsam gingen sie zum Schloss zurück.

Epilog
    A ls Jonan am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war Carya bereits wach. Sie lag neben ihm in den Laken und schaute ihn an. »Hallo«, begrüßte er sie.
    »Hallo«, sagte sie sanft. Ihr langes Haar fiel als loser Zopf über ihre nackte Schulter, und ihre Haut sah im ersten Licht des neuen Tages weich und samtig aus. Sie war wunderschön.
    »Bist du schon lange wach?«
    »Erst ein paar Minuten. Ich wollte dich nicht wecken.«
    »Das hast du nicht.«
    Ihre Nachtruhe war sehr kurz gewesen, aber Jonan fühlte sich so glücklich und voller Tatendrang wie noch nie. Er bedauerte, dass sie dieses große und sündhaft bequeme Bett bald verlassen mussten. Doch die Erinnerung daran und an die Stunden, die er gemeinsam mit Carya darin verbracht hatte, würde ihn von jetzt an immer begleiten – dessen war er sich sicher.
    »Wir müssen los«, sagte Carya.
    »Müssen wir?« Jonan konnte nicht verhindern, dass eine leichte Enttäuschung in seiner Stimme mitschwang. Er hatte gehofft, dass ihnen ein
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