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Im Profil des Todes

Im Profil des Todes

Titel: Im Profil des Todes
Autoren: Iris Johansen
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den Zynismus und die Verbitterung, die Quinn ins Gesicht geschrieben standen, nicht kennen lernen. Quinn war wahrscheinlich nicht einmal vierzig, aber er sah aus, als hätte er die Hölle schon hinter sich.
    Bosworth warf einen Blick auf das Skelett. Mit so etwas war Quinn tagtäglich konfrontiert. Er legte es sogar regelrecht darauf an. Nun gut, sollte er doch. Er, Bosworth, wollte das Skelett so schnell wie möglich loswerden. Er wollte die Menschen hier nicht unnötig mit solchen schmutzigen Geschichten belasten.
    Sein Funkgerät summte und er drückte auf Empfang.
    » Bosworth. «
    »Quinn! «
    Joe blickte über die Schulter zu Bosworth hinauf, der oben auf dem Felsvorsprung stand. »Was gibt's?«
    »Kommen Sie zurück. Mein Hilfssheriff hat mich eben benachrichtigt, dass unsere Leute in den Hügeln
    drüben noch weitere Leichen gefunden haben ...
    Skelette, genau genommen. «
    Joe spannte sich an. »Wie viele?«
    Bosworths rundes Gesicht wirkte ganz bleich im
    frühmorgendlichen Licht. »Bislang acht«, antwortete er wie benommen. »Eins davon könnte ein Kind sein.«

    Sie hatten die Talladega-Leichen gefunden.
    Dom schaltete den Fernseher ab und lehnte sich im Sessel zurück, um darüber nachzudenken, was das für ihn bedeutete.
    Seines Wissens war es das erste Mal, dass seine
    Mordopfer entdeckt wurden. Er war immer sehr vor-
    sichtig und systematisch vorgegangen, hatte stets noch ein paar Meilen zusätzlich zurückgelegt, in
    diesem Fall sogar sehr viele. All diese Leute hatte er in Atlanta erlegt und ihre Leichen zu seinem damals
    bevorzugten Friedhof transportiert.
    Jetzt waren sie also entdeckt worden, und zwar nicht nach sorgfältiger Suche, sondern durch eine Laune der Natur. Oder war es Gottes Wille?
    Ein religiöser Eiferer würde wahrscheinlich sagen, Gottes Hand hätte diese Leichen freigelegt, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.
    Er lächelte. Zum Teufel mit diesen scheinheiligen Fa-natikern. Wenn es einen Gott gab, dann freute er sich schon jetzt darauf, sich mit ihm anzulegen. Wenn es soweit war, würde ihm diese Herausforderung gerade recht kommen.
    Die Talladega-Leichen bedeuteten für ihn keine große Bedrohung. Als er diese Morde begangen hatte, war er erfahren genug gewesen, keinerlei Spuren zu hinterlassen. Sollte er dennoch irgendwelche Fehler
    gemacht haben, hatten Regen und Schlamm sie längst beseitigt.
    In seinen Anfangstagen war er nicht so umsichtig gewesen. Der Nervenkitzel war zu intensiv gewesen, die Angst zu groß. Seine Opfer hatte er sogar zufällig ausgewählt, um der Sache mehr Spannung zu
    verleihen. Solche Dummheiten hatte er längst
    überwunden. In letzter Zeit jedoch war er dermaßen systematisch geworden, dass die Erregung nachließ.
    Wenn die Erregung ganz ausblieb, dann hatte das
    Leben keinen Sinn mehr.
    Hastig schob er den Gedanken beiseite. Das hatte er schon öfter durchgemacht. Er musste sich einfach nur ins Gedächtnis rufen, dass die Befriedigung in der Tat selbst lag. Alles andere war reine Dreingabe. Wenn er eine besondere Herausforderung brauchte, wählte er ein schwierigeres Opfer aus, jemanden mit Bindungen, der geliebt und vermisst wurde.
    Die Funde in Talladega betrachtete er am besten als interessante Entwicklung, so konnte er mit Spannung und Vergnügen zusehen, wie die Hüter des Gesetzes sich abmühten, das Puzzle zusammenzusetzen.
    Wer waren noch die Toten von Talladega? Er erinnerte sich schwach an eine blonde Prostituierte, einen
    obdachlosen Schwarzen, einen Jugendlichen, der
    seine Liebesdienste auf der Straße anbot ... und an das kleine Mädchen.
    Komisch, bis zu diesem Augenblick hatte er das kleine Mädchen völlig vergessen.

    GERICHTSMEDIZIN ATLANTA FÜNF TAGE SPÄTER
    »Das Kind war sieben oder acht Jahre alt, weiblich, wahrscheinlich weiß.« Ned Basil, der
    Gerichtspathologe, las aus dem Bericht auf seinem Schreibtisch vor, den ihm Dr. Phil Comden, ein
    forensischer Anthropologe von der Georgia State
    University, übermittelt hatte. »Das ist alles, was wir wissen, Quinn.«
    »Wie lange hat sie schon in der Erde gelegen?«
    »Ungewiss. Vermutlich zwischen acht und zwölf
    Jahren. «
    »Dann müssen wir weiter ermitteln.«
    »Hören Sie, das ist nicht unser Problem. Die Skelette wurden im Rabun County gefunden. Der Chief hat sich schon dafür eingesetzt, dass ein forensischer
    Anthropologe hinzugezogen wird, um die Leiche zu
    untersuchen.«
    »Ich möchte, dass Sie eine Empfehlung für eine
    Gesichtsrekonstruktion aussprechen.
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