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Im Netz der Sinnlichkeit

Im Netz der Sinnlichkeit

Titel: Im Netz der Sinnlichkeit
Autoren: Nalini Singh
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Lippen, rieb das stoppelige Kinn zur Strafe an ihrer Wange. Sie beschwerte sich und wollte ihn von sich fortschieben, hielt ihn aber gleichzeitig mit den Schenkeln fest … als es an der Schlafzimmertür klopfte.
    Lara wurde still und lauschte mit gespitzten Wolfsohren.
    Walkers telepathische Sinne nahmen seine Tochter wahr.
    »Ein Albtraum?«, fragte Lara, die schon neben dem Bett stand und das Nachthemd zurechtzog.
    »Nein, aber etwas ganz Ähnliches.« Walker stieg auch aus dem Bett und zog seine Pyjamahose an.
    Sie erreichten die Tür gleichzeitig. Walker öffnete sie und nahm Marlee auf den Arm. Sonst wehrte sie sich immer dagegen, weil sie doch schon groß war, doch heute sagte sie nichts.
    Lara murmelte beruhigende Worte. »Was ist denn los, Süße?«, fragte sie, nachdem sie sich alle drei aufs Bett gesetzt hatten.
    Marlee weinte sonst nie, doch nun hielt sie Laras Hand fest, als hinge ihr Leben davon ab, und schluchzte so heftig, dass sie kaum sprechen konnte.
    »Wir sind ja bei dir, Süße.« Lara schob Marlee die feuchten Strähnen aus der Stirn. »Erzähl uns, was dich bedrückt.« Ein besorgter fuchsbrauner Blick.
    Walker legte den Arm um seine Gefährtin und versuchte seine Tochter telepathisch zu erreichen.
Marlee?
    Ich habe solche Angst.
Mehr brachte sie nicht heraus, dann flossen wieder Tränen.
    Es überraschte Walker nicht, dass in diesem Moment Toby auf der Türschwelle erschien. Der Junge wachte jedes Mal auf, wenn Marlee etwas beunruhigte. »Weine nicht, Röschen, sonst verschrumpeln alle Blätter.«
    Marlee lächelte unter Tränen und schniefte, das Schluchzen ebbte ab. Doch sie hing weiter wie eine Klette an Walker und hielt Laras Hand so fest, dass alles Blut aus ihren Fingern wich. »Was ist passiert?«, fragte Walker, und Lara streckte einladend die Hand nach Toby aus.
    »Ich hatte so schlimme Gedanken«, antwortete Marlee. »Ich bin aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen, weil die schlimmen Gedanken einfach nicht weggehen wollten.« Sie spürten alle, wie furchtbar es gewesen sein musste. »Ich konnte nichts dagegen tun.«
    »Magst du uns davon erzählen?«, fragte Lara leise.
    »Ich hatte Angst, der Rat könnte kommen und uns wegholen. Dann könnten wir keine Familie mehr sein.«
    Walker sah Lara an. Man brauchte keinen Psychologen, um die Quelle der Ängste zu erkennen: Marlee hatte Angst bekommen, weil sie glücklich war. Das verstand Walker gut. Auch er wachte manchmal nachts auf und war sich sicher, dass sein neues Leben nur ein Traum war, dass er wieder in der sterilen Koje lag und nicht neben dem warmen Körper Laras, dass seine Familie nicht in Sicherheit war.
    »Das wird niemals geschehen«, sagte er mit fester Stimme. Lara ließ Toby kurz los und wischte die letzten Tränen von Marlees Wangen, strich ihr übers Haar. »Wir gehören zum Rudel, und die Wölfe stehen uns bei.« Niemand würde je einem Kind der Wölfe ein Leid antun und ungeschoren davonkommen.
    »Genau«, sagte Toby und sank zurück in Laras Umarmung. »Außerdem hat der Rat viel zu viel Angst vor Onkel Walker und Onkel Judd, vor Sienna und Hawke.«
    Walker kniff die Augen zusammen, als ein echtes Lächeln auf Marlees Gesicht erschien. Der Sturm war schneller vorbei, als er gedacht hatte.
Was tust du, Toby?
Selbst ein Empath mit geringen Kräften konnte negative Gefühle von jemandem fortnehmen.
    Ich habe ihr nur ein wenig geholfen. Habe die schlimmsten Ängste weggenommen, damit sie wieder klar denken kann.
    Wie geht es dir jetzt?
Empathen zahlten einen Preis für ihre Gabe, sie erlebten die dunklen Gefühle selbst, die sie anderen abnahmen.
    Gut. Ich weiß ja, was Marlees Ängste auslösen können, deshalb stellt sich bei mir keine Panik ein.
    Walker würde Lara später berichten, was er erfahren hatte. Sie hob gerade das Glas hoch, das Toby mitgebracht hatte. »Trink ein wenig Milch, Süße.«
    Marlee ließ Laras Hand los und krabbelte von Walkers Schoß. »Ich bin doch schon groß«, sagte sie mit roten Wangen.
    Doch sie ließ sich von Lara in den Arm nehmen und lehnte sich an sie, während sie trank. »Ich habe wie ein Kleinkind geheult«, sagte sie, als sie halb ausgetrunken hatte.
    Toby stupste sie. »Du bist doch auch die Kleinste der Familie, Röschen.«
    »Gar nicht.« Sie starrte ihren Cousin böse an, trank aus und stellte das Glas auf dem Nachttisch ab. »Und du bist kindiger als Sienna.«
    »So ein Wort gibt es gar nicht.« Marlee stürzte sich auf Toby, der sie festhielt und so tat, als müsse
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