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Im Netz der Sinnlichkeit

Im Netz der Sinnlichkeit

Titel: Im Netz der Sinnlichkeit
Autoren: Nalini Singh
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»Und wenn ich nicht so offen sein kann?« Zu früh hatte er lernen müssen, sich ständig unter Kontrolle zu haben, seine Gefühle zu verstecken, vor allem in angespannten Situationen.
    »Nein, Walker.« Sie sagte es laut, und die Locken, die sich aus der Spange gelöst hatten, schimmerten im orangeroten Abendlicht, als sie den Kopf schüttelte. »So einfach darfst du es dir nicht machen, du musst es wenigstens versuchen. Ich weiß besser als jeder andere, was du mit deinem starken Willen erreichen kannst.«

10
    Walker wusste nicht, wie ihm Lara begegnen würde, als er am Abend nach einem Treffen mit Rudelgefährten nach Hause kam. Mütter, Lehrer, Ausbilder und andere »Aufpasser« kamen regelmäßig zusammen, damit alle Jungen die Aufmerksamkeit bekamen, die sie brauchten. Er war mit den Gedanken diesmal nicht ganz dabei gewesen, hätte die Einsamkeit vorgezogen, doch er hatte sich beherrscht, denn im Augenblick waren diese Treffen noch notwendiger als vor der Schlacht.
    Weil so viel zu besprechen gewesen war, war es spät geworden, und es war schon still in der Wohnung, als er heimkam. Er schaute in Marlees Zimmer, die mit weit ausgestreckten Armen und Beinen schlief. Der Anblick rief ein stilles Lächeln auf seinem Gesicht hervor. So hatte sie schon als kleines Kind geschlafen. Auch Silentium hatte das nicht verändern können, als die Familie noch im Medialnet gewesen war.
    Er deckte sie wieder zu, küsste die weiche, warme Wange, klopfte dann leise bei Toby an und wartete, bis er hereingebeten wurde. In Tobys Alter brauchte man eine Privatsphäre, woran sich Walker ständig erinnern musste, denn Toby würde für ihn stets der kleine Junge seiner Schwester bleiben, auf den er aufpassen sollte.
    »Hi.« Sein Neffe legte den Spionageroman zur Seite. Auf dem digitalen Cover des Readers sah man schwarze Schatten vor leuchtend orangefarbenem Hintergrund.
    Walker setzte sich auf das Bett. »Bist du denn schon alt genug für so etwas?«
    Toby grinste nur.
    Dann sprachen sie eine Weile über alles Mögliche. Toby erzählte, dass man ihm die Führung der jüngeren Fußballmannschaft anvertraut hatte. »Die Jungen glauben, Regeln hätten nur Empfehlungscharakter.« Er verdrehte die Augen, doch Walker wusste, dass Toby die Verantwortung gefiel.
    Er zauste ihm das Haar und erhob sich. »Du machst das gut.« Worte konnten nicht ausdrücken, wie stolz er auf den Jungen war.
    Ein fester Blick. »Weiß ich. Ich mache es einfach so wie du, denn ich möchte wie du sein.«
    Walkers Herz zog sich zusammen, er umarmte den schlaksigen Körper des Jungen, der auch die Arme um ihn schlang. Er konnte viel von Toby lernen. Solch ein offenes, mutiges Herz besaß nicht jeder. »Bleib nicht zu lange wach«, sagte er, als er sich aus der Umarmung löste. Toby lachte, er wusste genau, welchen Platz er im Herzen der Familie hatte.
    »Gute Nacht, Onkel Walker.«
    »Gute Nacht, Toby.«
    Lara las ebenfalls noch im Bett, als Walker ins Schlafzimmer trat.
    Eigentlich neigte er nicht zum Zögern, doch jetzt ertappte er sich dabei, denn er wusste nicht, wie er ihr Schweigen deuten sollte. Sie sprach sonst immer mit ihm, selbst wenn sie wütend auf ihn war. Ohne etwas von sich aus zu sagen, kleidete er sich im Bad aus und stellte sich unter die heiße Dusche. Wollte nicht daran denken, wie sie sich am Nachmittag getrennt hatten, sondern an ihre unerschütterliche Liebe.
    Erschauernd legte er die Hände auf die Wandkacheln und ließ sich das Wasser auf den Kopf prasseln.
    Doch er wusste nicht, ob er der schlichten und unbedingten Gewissheit ihrer Liebe noch sicher sein konnte. Er trocknete sich ab, schlang sich ein Handtuch um die Hüften und ging zurück ins Schlafzimmer. Lara hatte das Lesegerät weggelegt und die Nachttischlampe auf ihrer Seite gelöscht. Sie lag auf dem Rücken, einen Arm über dem Kopf nach hinten gelegt … und nun sah er auch, was ihm vorher nicht aufgefallen war.
    Sie trug das Nachthemd, das ihm am besten gefiel.
    Und er erwachte wieder zum Leben, denn sie hatte doch mit ihm gesprochen. Er hatte nur nicht gut genug hingehört. Den Fehler würde er nicht noch einmal machen.
    Er warf das Handtuch auf einen Stuhl und schlüpfte zu ihr unter die Decke, löschte auch auf seiner Seite das Licht und zog sie an sich. Sie ließ es zu, so warm und weich und ganz sein. »Hatten wir gerade unseren ersten Streit als Gefährten?«, fragte er.
    Bei der leisen Frage wich auch die letzte Anspannung von Lara. Als Walker schweigend unter die
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