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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins
Autoren: Pablo Tusset
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Angeklagten stammen aus dem nahegelegenen Tal …«
    »Diesen Mann da kenne ich«, sagt Mercedes, die nun die verordnete Ruhe selbst bricht, »den hat mir José María beim Abschiedsessen vorgestellt. Der war auch auf der Beerdigung …«
    Eigentlich sitzen noch sehr viel mehr Menschen in der Pressekonferenz, die Mercedes hätte wiedererkennen können. Rodero ist da, er sitzt rechts neben Sanchís, ist aber nicht im Bild zu sehen. Zwischen den Journalisten oder in den Türrahmen gelehnt stehen auch noch Puértolas, der Psychiater, Varela, Berganza und Prades, der Gerichtsmediziner, herum. Sie alle waren auch beim Abschiedsessen, und der Kommissar hat sie alle seiner Frau vorgestellt. Quique Aribau, den Schriftsteller, kennt sie auch. Allerdings nur vom Hörensagen. Er war nicht beim Abschiedsessen dabei. Auf der Beerdigung hat sie ihn gesehen, ohne zu wissen, dass er es ist; er stand neben Sanchís, blieb aber ein paar Schritte zurück, als dieser der Witwe kondolierte.
    Am besten kennt Mercedes natürlich Tomas, der auch auf der Pressekonferenz ist. Er steht etwas abseits im Halbdunkel, direkt am Eingang, wo er offenbar leise mit einem Mann auf dem Flur redet, den man aber nicht erkennen kann. Quique Aribau sieht immer wieder zu ihm herüber, er will sich später noch mit Tomas unterhalten. Als er ihn nun so wiedersieht, Monate nach jener ziemlich ausschweifenden Nacht im letzten August, hat er den Eindruck, dass sich seine Ausstrahlung merkwürdig verändert hat. Er strahlt etwas Gefährliches aus wie ein Leopard oder ein Tigerhai. Er kann sich kaum vorstellen, dass dieser Mann derselbe ist, der ihm eine überaus melancholische Geschichte von einer unerfüllten Liebe erzählt hat, die mit einem letzten, ausgeschlagenen Versöhnungsangebot oben auf dem Empire State Building endete. Dieser Mann hier sieht überhaupt nicht aus wie ein Mensch, der sich in eine vierundzwanzigjährige Halbirin verlieben könnte. Während Quique ihn noch immer aus der Ferne beobachtet, drückt T die Hand der anderen Person, die auf dem Flur verborgen bleibt. Nur die große knöchrige Hand ist von diesem Menschen zu sehen.
    Sie dürfte zu einem groß gewachsenen, eher hageren Mann gehören. Diese Art der Geste erinnert Quique mit einem Mal an eine Unterhaltung, die er mit Puértolas über den Garten der Lüste geführt hat.
    Die linke Tafel des Triptychons stellt das Paradies dar, auf der Mitteltafel ist Eine andere Welt zu sehen und außen, auf der rechten Tafel, die Hölle. Da die Tafeln von links nach rechts angeordnet sind, so wie Texte in Büchern oder selbst Comicbildchen, scheinen sie eine Geschichte zu erzählen. Und diese Geschichte würde mit dem Fall enden. Am Anfang der Geschichte befindet sich der Mensch im Paradies. Dort im Paradies sündigt er, indem er vom verbotenen Baum einen Apfel isst. Zur Strafe wird er aus dem Paradies in die andere Welt vertrieben. Von dort aus, nach einer langen und infamen Reise über die Erde, kommt der endgültige Fall des Menschen. Er landet in der Hölle. Das wäre jedenfalls eine Lektüre der Bilder, die ihrer Komposition folgt. Und das letzte Ende des Endes spielt im entlegensten Winkel der Hölle, in seinem fernsten und dunkelsten Teil. Hier schließt der Mensch einen Pakt mit einem Schwein, das den Schleier einer Dominikanernonne trägt. Es heißt, dieser Mensch auf dem Bild sei der Maler selbst, ein Selbstportrait von Hieronymus Bosch.
    Naheliegend ist jedenfalls, dass das Schwein den Teufel höchstpersönlich darstellt, der ihm wer weiß welche Lüste verspricht.
    Die morbide Lust Quique Aribaus, in das Gesicht des Teufels sehen zu können, erregt immer heftiger seine Neugier, er ist begierig darauf, zu sehen, wem T die Hand geschüttelt hat. Man weiß ja nie: Aus jedem Samen der Gegenwart kann später die Handlung eines Romans sprießen. Geschichten über die Liebe ebenso wie über den Tod. Als die Pressekonferenz zu Ende ist, stehen alle auf, und es erweist sich für ihn schwieriger als gedacht, zu den beiden vorzudringen. Quique muss sich bis zum Ausgang durch die Menge an Polizisten und Journalisten drängeln. Er beeilt sich so gut er kann, schiebt sogar rüde die Leute zur Seite, als seien sie Hindernisse, die vor ihm aufgebaut wurden. Aber T und der Unbekannte ohne Gesicht haben einen zu großen Vorsprung. Er kann sie von weitem gerade noch sehen, sie sind bereits auf der Straße angelangt, schon vorbei an der Rezeption, an der ein Beamter in Uniform Dienst schiebt. Als Quique bis
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