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0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast

0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast

Titel: 0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast
Autoren: Jason Dark
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Dabei fing alles so harmlos an.
    Der Herbst hatte den Sommer abgelöst. Die Nächte wurden kühler, die Tage kürzer, und vom Westen her blies ein scharfer Wind über die Höhen des Odenwalds.
    Aber nicht umsonst sagt man, daß der Herbst der schönste Maler der Natur ist. Die Blätter der zahlreichen Birken, Eichen, Linden und Kastanien wurden gelb, rot oder braun. Sie schimmerten in zahlreichen Zwischentönen, und wenn die Strahlen einer goldenen Septembersonne in den Herbstwald einfielen und letzte Nebelreste wegdampften, wurde diese Zeit zu einer der schönsten des Jahres.
    In den Weinbergen begann die Lese. Der Weingeruch lag förmlich in der Luft, überall sang man auf den Volksfesten, als wollten sich die Leute vor einem langen, kalten Winter noch einmal richtig austoben.
    Auf dem Land feierte man Kirchweih, die Jahrmärkte waren in fast jedem Ort zu finden, die Winzerfeste brachten Tausende von Besuchern auf die Beine. Man tanzte, lachte und war fröhlich. Weinköniginnen wurden gewählt, um Werbung für das Getränk zu machen, von dem zahlreiche Touristenorte längs des Rheins, der Mosel oder der Saar lebten.
    Der Herbst – und besonders seine schönen Sonnentage – brachten also zahlreiche Menschen auf die Beine.
    Auch Kegelclubs.
    Sie kamen zumeist aus West- und Norddeutschland, um hordenartig in die Weinstädte einzufallen. Es gab sogar Reiseunternehmer, die diese Kegelfahrten organisierten und sich eine goldene Nase daran verdienten.
    Die Wirte freuten sich. Sie sorgten zusätzlich noch für Stimmung, indem sie Kapellen oder Alleinunterhalter engagierten. Die Kegelbrüder und -schwestern wußten dies zu würdigen und zahlten manchen Schein in die Kassen der Wirte.
    Auch Erich Gehrmann gehörte zu den Wirten, die in den Monaten September und Oktober das große Geld machten. An und für sich verdiente Gehrmann das ganze Jahr über gut, denn sein Lokal lag günstig in der Nähe von Burg Blankenstein in einem windgeschützten Tal. Vom Gasthaus Schloß-Eck führten herrliche Spazierwege in die bunten Mischwälder des Odenwalds und bis hinauf zu den Höhen. Im Sommer galt das Lokal als Geheimtip für fußmüde und durstige Wanderer, und es hatte sich auch herumgesprochen, daß man im Schloß-Eck ausgezeichnet essen konnte. Erich Gehrmann war deshalb zufrieden.
    Er galt bei den Gästen als humorvoller Wirt, der gern einen Schluck mittrank.
    Zum Personal jedoch hatte er ein weitaus weniger herzliches Verhältnis. Das scheuchte er. Wenn die Mädchen und Kellner nicht so spurten, wie er es wollte, flogen sie raus. Es gab in den umliegenden Dörfern genug Arbeitslose, die sich dann um diese freien Stellen bewarben.
    Seine Frau Gisela dachte da ähnlich. Sie hatte die Aufsicht in der Küche und scheuchte die Köche und Gehilfen. Gisela Gehrmann war eine ausgezeichnete Köchin. Sie hatte so manches Gericht selbst erfunden, das jetzt auf der Spezialitätenkarte zu finden war. Auch an diesem Freitagabend hielt sie sich in der Küche auf, obwohl das Lokal geschlossen hatte. Geöffnet hatte nur die Schenke, die neben den großen Gasträumen lag und gemütlich eingerichtet war.
    An den Wänden hingen Geweihe der einheimischen Waldtiere, die Tische waren mit bunten Decken dekoriert, und die Gäste fühlten sich wohl in dieser gemütlichen Atmosphäre.
    Die Schenke war immer voll. Besonders an einem Freitagabend. Die vierzigjährige Frau mit den schwarzen Haaren, in denen die ersten Silberfäden schimmerten, schaute überrascht auf, als ihr Mann die Küche betrat.
    »Was willst du denn hier?« fragte Gisela Gehrmann und ließ einen Block sinken. Sie war dabei, den Einkauf für den nächsten Tag vorzubereiten.
    Erich schloß die Tür. »Ich muß mal eine Pause einlegen. Am Tresen drängt sich der halbe Fußballverein.«
    Gisela lachte. »Freu dich doch, dann läuft das Geschäft.«
    »Ja, aber irgendwann möchte ich auch mal Urlaub machen.«
    »Im nächsten Jahr.«
    Erich winkte ab. »Das sagst du immer.«
    »Dann aber bestimmt.«
    Erich Gehrmann ließ seinen Blick über die Figur seiner Frau wandern. Nicht, daß er daran etwas auszusetzen gehabt hätte – Gisela war immer noch eine sehr attraktive Frau –, aber in letzter Zeit zeigte ihr Gesicht doch einige Falten mehr, die wahrscheinlich von der vielen Arbeit herrührten. Auch sie brauchte mal eine Pause. Schließlich hatte das Ehepaar Gehrmann einen Sechzehn-Stunden-Tag.
    »Ist was?« fragte sie.
    Erich grinste. »Für dich wäre es auch mal gut, drei Wochen Urlaub zu
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