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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins
Autoren: Pablo Tusset
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geschundenen Körper des Mädchens vergewaltigt. Es stimmt, dass er ein Déjà-vu-Gefühl hat, aber es stimmt auch, dass es komisch ist, in einer Déjà-vu-Situation vorhersagen zu können, was sich als Nächstes ereignen wird.
    T sagt wieder etwas: »Brüderchen: Wir sind halt beide ein paar echte Psychopathen, was meinst Du?«
    Der zweite Turm stürzt ein. Diesmal der südliche, von ihnen aus nähergelegene. T zieht die Augenbrauen hoch, wie um seinen Protest gegen die Katastrophe und den Lärm zum Ausdruck zu bringen. P seinerseits hält sich mit den Händen am Tisch fest, um das Schwanken des Stuhls ein wenig auszugleichen. Alles Mögliche fällt aus den Regalen. Der Fernseher fliegt auf den Boden mit dem Bildschirm vorweg. In der Küche kracht der Geschirrständer auf die Keramikspüle.
    Im neuen Licht nach dem Beben sieht das große Zimmer wie eine Ruine aus. Der Boden ist vollkommen übersät mit heruntergefallenen Gegenständen. Staub liegt grau und dicht in der Luft. Die Kälte lässt den Atem gefrieren. Der Geruch nach verbrannten Haaren liegt über dem nach Zement und verbranntem Karton.
    ***
    »Du irrst Dich«, sagt P.
    »Möglich«, sagt T, der die Whiskyflasche in Sicherheit gebracht hat. »Aber wenn ich mich irre, dann irrst Du Dich sicher auch.«
    P scheint ihm nicht zuzuhören: »Du musst dich irren: Ich bin kein Psychopath. Sonst hätte ich keine Seele.«
    »Oho, ›Seele‹, das ist ein schönes Wort. Es passt besonders gut zu ›Liebe‹, ›Glück‹ und ›Kirschkuchen‹ … Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Du bei der Skala von Hare positiv abschneiden würdest. Es ist schon klar, dass Du so ein bisschen dieser gefühlsduselige Typ bist, der einem homeless zehn Dollar spendet und Frauen Blumen und Ringe schenkt … Vergiss für einen Augenblick Hare und denke an die anderen Autoren. Kannst Du Dich beispielsweise an die Liste erinnern, die Koch aufstellt: empfindsame Seelen, rührselige Sentimentalisten, Träumer und Fantasten, Menschenscheue, Verschüchterte, Moralisten, Feinfühlige und Überempfindliche, Eigensinnige, Hitzköpfe, Spöttische, Eitle und Arrogante, Müßiggänger und Klatschmäuler, Unruhige, Unmenschen, Schlampen, Sammler, Erfinder, gescheiterte und nicht gescheiterte Genies …«
    »Gibt es irgendjemanden, der nicht auf der Liste wäre?«, fragt P.
    »Jeder wird natürlich ein paar Züge von einem Psychopathen aufweisen. Wichtig ist, und hier beziehe ich mich auf Schneider, ob der betreffende Mensch eine sonderbare Persönlichkeit und Lebensform hat, die deutlich vom Durchschnitt abweicht. Vor allem aber, ob die Person deswegen Frustrationen empfindet, darunter leidet. Entscheidend ist, ob sie denkt, dass sie wegen anderen leidet oder ihr Leid von anderen verursacht wurde, und deshalb glaubt, dass es nur gerecht ist, wenn jemand dafür einstehen muss. Kannst Du damit was anfangen? Würdest Du nicht zugeben, dass die Verfolgung von Kriminellen auch etwas mit dieser Form von Rache zu tun hat? Schließlich bist Du derjenige, der gegen sie ermittelt, um sie ins Gefängnis zu stecken. Das ist doch zweifellos so. Ich dagegen vergnüge mich lediglich eine Weile mit ihnen, wenn sich mal die Gelegenheit dazu bietet. Ist Dir eigentlich aufgefallen, dass ich nur dann auftauche, wenn Du trinkst? In vino Veritas, mein Brüderlein.«
    »Ich bin nicht wie Du … Ich kann Wertschätzung für jemanden empfinden, Zuneigung für ein Waisenkätzchen besitzen, für den Kommissar, für seine Frau …«
    »Der arme Kommissar … Er wusste überhaupt nicht, was er für ein Risiko mit Dir eingegangen ist … Aber es war wirklich von großem Nutzen, ihn auf unserer Seite zu haben: Während er Dir beibrachte, ein aufrechter und guter Inspektor zu sein, zeigte er mir, wie ich ungestraft alle möglichen Dinge tun kann …«
    P lässt nicht locker: »Du kannst Dich nicht verlieben, ich schon … Ich habe mich in Suzanne verliebt …«
    »Ach … Suzanne … Eine weitere von Bellinis Madonnen … Wie viele gibt es von ihnen?« T holt aus seiner Jacketttasche ein Schmuckkästchen hervor: »Jewell Zoo« steht dort eingraviert. Er macht das Etui auf und holt den Ring heraus. »Ich gebe gern zu, dass es Dich in ihrem Fall ein bisschen heftiger erwischt hat, die Frage aber ist, in wen oder was Du Dich da verliebt hast … «
    »Du bist ja komisch: Ich habe mich in diese Frau verliebt, in diese Person, in dieses menschliche Wesen … Auch das beweist, dass ich selbst ein Mensch bin …«
    »Ich will
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