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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
Autoren: Andreas Schramek
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zu meinen Füßen auf dem Palastboden abgebildet war.
    «Jetzt!», rief ich laut. «Wie vergesslich bin ich eigentlich! Die Sehenden des Amun. Es waren einige der Ersten Sehenden des Amun, die mir auf dem Schiff begegnet sind.»
    Mahu führte seine rechte Hand zum Gesicht, und während er den Daumen gegen die rechte Wange presste, rieben die Spitzen von Zeige- und Mittelfinger über sein kantiges Kinn. Schließlich sagte er: «In welche Richtung mögen sie gefahren sein? Keiner von uns weiß, woher sie kamen, denn seit langem leben die Sehenden des Amun über ganz Ägypten verstreut. Und selbst wenn wir es wüssten: Ob sie dorthin zurückkehren, wissen wir ebenso wenig. Wenn sie nach ihrem Besuch bei Pharao davonausgingen, dass er sich das Leben nehmen würde, dann werden sie es sehr eilig gehabt haben, Achet-Aton zu verlassen, und sie werden jetzt alles unternehmen, um ihre Spuren zu verwischen. Mussten sie aber nicht damit rechnen, dass sich Echnaton etwas antun würde, könnten sie jetzt ruhig und ohne Schuldgefühle von dannen ziehen und wir hätten Hoffnung, sie noch zu fassen.» Mahu sah mich an und hoffte auf eine Antwort.
    «So oder so», antwortete ich eher hilflos, und wie zur Bestätigung meiner Ratlosigkeit zuckte ich fragend mit den Achseln. «Du wirst über den Inhalt ihres Gespräches mit Echnaton nie in deinem Leben die Wahrheit erfahren. Niemals!»
    «Eje hat Recht», stimmte Acha mir zu. «Während wir hier stehen, hat ihr Schiff längst in Chmenu angelegt, und sie haben in unterschiedlichen Richtungen und mit unterschiedlichen Zielen die Stadt schon wieder verlassen. Sie geben sich als Kaufleute aus, und jeder glaubt, er habe es wirklich mit Kaufleuten zu tun, wie es Tausende von ihnen gibt.»
    «Lasst uns in Ruhe über die weiteren Schritte beraten», schlug ich den anderen vor. «Jeder unbedachte Schritt kann mehr Schaden anrichten, als er dem Land und seinem künftigen Herrscher nutzt.»
    Tutanchaton hatte uns all die Zeit aufmerksam zugehört, doch ich sah ihm an, wie erschöpft er war.
    «Wann gehen wir nach Hause, Eje?», fragte er mich leise und doch so laut, dass es alle hörten.
    «Nach Hause?», wiederholte ich und überlegte dabei, wo das künftige Zuhause des Thronfolgers sein würde.
    «Ja, wir gehen jetzt nach Hause. Wir fahren in den Nordpalast zu deinen Schwestern Meritaton und zu Anchesen-paaton. Sie wissen sicherlich noch nichts von dem, was hier geschehen ist.» Acha und Mahu schüttelten schweigend den Kopf und sahen mich erwartungsvoll an.
    Zweifellos war ich der ranghöchste Mann in Achet-Aton, und solange meine Tochter Nofretete nicht eingetroffen war, lastete alle Verantwortung auf mir. Ja, es war wohl so, dass ich in dennächsten Tagen verhindern musste, dass die Stadt oder vielleicht sogar das Land in wildem Durcheinander versank. Starb ein Herrscher, lebten die Menschen stets in besonders großer Angst vor der Isfet, der alles vernichtenden Unordnung. Das Auftreten der Amunpriester mahnte mich zu besonderer Vorsicht. Ich erinnerte mich der Zeiten, als sie Echnaton nach dem Leben trachteten oder als sie nach dem Tod Nimurias das Volk aufwiegelten und falsche Ängste heraufbeschworen. Sie scheuten vor keinem Mittel zurück, um ihr Ziel zu erreichen. Konnte es eine bessere Gelegenheit geben, um Aton als einzigen Gott zu stürzen und um die alten Götter wieder einzusetzen, als jetzt, da Echnaton, der einzige Prophet und Sohn Atons, nicht mehr lebte?
    «Sei auf der Hut!», warnte ich Mahu. «Mische jeden Polizisten, den du aufbieten kannst, unter das Volk! Lass Tag und Nacht den Hafen und alle Zugänge zur Stadt bewachen und jeden, der sich verdächtig benimmt, verhaften. Wir müssen jetzt, wo das Volk in Angst und Unsicherheit lebt, Stärke zeigen. Die Palastwache soll vor den Toren aller Paläste aufziehen und die Leibgarde vor den Tempeln und ihren Domänen. Ich selbst lasse die Feuerwachen verdoppeln, denn Brandstiftung wäre in dieser angespannten Lage eines der schlimmsten Übel.»
    Zu Acha gewandt sagte ich: «Ich schicke dir dreihundert Soldaten zur Bewachung aller Schatzhäuser und der Kornspeicher. Sie werden in zwei Stunden im großen Audienzhof Aufstellung nehmen und auf deine Befehle warten.»
    «Gehen wir jetzt?», fragte mich der Junge wieder, wobei die Ungeduld in seiner Frage nicht zu überhören war. Acha und Mahu nickten mir zu.
    «Ja, wir gehen jetzt», beruhigte ich ihn. Seine kleinen Finger griffen nach meiner Hand, um sie nicht wieder loszulassen, bis
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