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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis
Autoren: Andreas Schramek
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Heiligtümern von Amun, Month, Chons und Mut standen zuletzt über eintausend Sphingen.
    Amenophis ließ die kleine Kapelle seiner Vorgängerin von Grund auf ausbessern und errichtete aus den umliegenden Gebäuden einen größeren Palast. Davor ließ er einen Sonnenhof gestalten, in dessen Umgang die schönsten und wohl geformtesten Säulen standen, die man je sah. Als Papyrusbündelragten sie paarweise empor, jede vierundzwanzig Ellen hoch, eine gleich der anderen. Vor den Sonnenhof setzte Amenophis als Eingangsbereich einen überdachten, über einhundert Ellen langen Säulengang.
    Der Tempel hieß die «Stätte des Ersten Males», und er war der Ort der Entstehung der Welt. Das Heiligtum stand auf einem Urhügel, und hierher musste Amun zum Opetfest, dem Jahrestag der Weltentstehung, zurückkehren, um den Akt der Schöpfung zu wiederholen. Der Tempel war aber auch die Stätte, in der der König mit seinem göttlichen Ka, seiner Lebenskraft, vereinigt und dadurch in das gottähnliche Wesen verwandelt wurde, das zur Ausübung des Herrscheramtes befähigt war. Und so war der Tempel auch auf das Reichste ausgestattet. Nimuria ließ aufschreiben:
    «Der König von Ober- und Unterägypten, Herr der Beiden Länder, Neb-maat-Re, Erbe des Re, Sohn des Re, Amenophis, Herrscher von Waset, ist zufrieden mit dem Werk, das im südlichen Ipet für seinen Vater Amun geschaffen wurde, den Herrn der Throne der Beiden Länder. Es ist aus feinem Sandstein, sehr weitläufig und groß und unglaublich schön. Seine Wände sind aus feinem Gold, sein Pflaster ist aus Silber, all seine Tore sind mit Gold geschmückt. Seine Tore erheben sich in den Himmel, und seine Fahnenmasten streben empor zu den Sternen. Alle die den Tempel sehen, preisen Seine Majestät.»
    Das Opetfest im zweiten Monat der Nilüberschwemmung und im fünfundzwanzigsten Regierungsjahr Pharaos war das prächtigste, das Waset jemals erlebte, und die Stadt, Nimurias geliebtes Waset, war so schön, so vollendet, wie keine andere.
    In ihren goldenen Schreinen wurden die Götterbilder von Amun, dessen Gemahlin Mut und ihres gemeinsamen Sohnes Chons auf den heiligen Barken aus dem Tempel von Ipet zum Hafen getragen. Ihnen folgten Nimuria und Teje in der königlichenSänfte. Amenophis trug die Doppelkrone und alle Insignien seiner gottgleichen Macht. Aber es war nicht mehr der Amenophis von einst, der durch seine Kraft und Stärke beeindruckte. Amenophis machte einen gleichgültigen, abwesenden Eindruck, und er war fettleibig geworden. Zwar ärgerte und betrübte ihn seine Leibesfülle, und meist trug er ein dünnes Obergewand wie Frauen, um seine Fettleibigkeit zu verbergen. Aber er hatte nicht mehr die Kraft, den Willen, sich dagegen aufzulehnen. Er fand sich damit ab, und je mehr er dies tat, umso mehr ließ er sich gehen, hatte nur noch Augen für die schönen Dinge, die ihn umgaben. So eitel er war, was seine zahllosen Bauwerke betraf, die Paläste, die Tempel, Gärten, seinen Palast der Millionen Jahre und sein Grab, umso mehr ließ Nimurias Eitelkeit, was ihn selbst betraf, nach.
    Ihm fehlte zunehmend der Wille, mit starker Hand zu herrschen, und er überließ es jetzt immer öfter Teje, wichtige Entscheidungen zu treffen und das Land zu regieren. Er sehnte sich danach, Prinz Thutmosis zum Mitregenten zu ernennen, um noch mehr die Früchte seiner ruhmreichen, glänzenden Herrschaft genießen zu können. Aber der Thronfolger weilte in Men-nefer.
    Der prunkvolle Zug erreichte den Hafen, die Götter wurden auf die goldene Barke des Amun getragen, und auch die königliche Familie bestieg das prunkvolle Schiff Nimurias. Langsam glitt die feierliche Prozession stromaufwärts, um nach kurzer Reise vor dem südlichen Heiligtum wieder anzulegen. Zum ersten Mal seit Pharao Hatschepsut Maat-ka-Re das Opetfest gestiftet hatte, führte der Zug der Götterfamilie über den Fluss und nicht mehr über den von Sphingen gesäumten Prozessionsweg. So aber konnten noch mehr Menschen die Fahrt der Götter beobachten, zog Pharao und sein Vater Amun vor aller Augen in das südliche Heiligtum, wo Amun sich aufs Neue mit seiner Gemahlin vereinigte, Pharaoseine Kraft erneuerte, um danach in der gleichen prächtigen Prozession zurückzukehren.
    Amenophis hatte erreicht, was er einst von den Priestern des Amun verlangte: Ihre Schätze waren zwar nicht aufgezehrt, doch über den Reichtum von einst verfügten sie nicht mehr und damit auch über weniger Macht. Sie waren die Diener und Herren im
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