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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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mutmaßen, wie viele andere Kometen und Himmelskörper sich um solche Keimzellen gebildet hatten. Nicht viele, dachte er sich. Es mußte ein Einzelfall gewesen sein. Wir hatten einfach Glück, dachte er ironisch.
    Oder bargen die alten Geschichten von Kometen als Unheilsbringern wirklich einen wahren Kern? War es möglich, daß die Erde seit jeher von Zeit zu Zeit mit neuen Proben der Urbiologie in Berührung gekommen war, die jedesmal, wenn im benachbarten Raum ein Komet vorbeizog, in seinem Gefolge in die Atmosphäre herabgeschwebt waren? Das würde die Erklärung erleichtern, warum die Lebensformen so vergleichbar waren. Vielleicht vereinnahmte das Erdenleben immer wieder neue Bestandteile und Stückchen aus dem Lagerhaus des Weltraums.
    So ließ sich in gewissem Sinne sagen, daß der zerstörte alte Planet fortlebte. Bruchstücke eines präsolaren organischen Kodes waren in ihnen allen, und insbesondere in den Kolonisten des Kometen. Nach dem Tod und den Ängsten der frühen Tage mutete es ironisch an, daß aus dieser Verbindung langfristig segensreiche Vorteile erwachsen sollten, die zu einer Vielfalt beitrugen, die sie in den vorausliegenden Jahrhunderten brauchen würden.
    Vielleicht waren die Halley-Leute überhaupt nicht mehr im klassischen Sinne ›menschlich‹. Wir werden am wirklichen Universum teilhaben, dachte er, an den weiten dunklen Räumen zwischen den Sternen.
    Die Simulation, die Virginia ihm vorgeführt hatte, kam ihm wieder in den Sinn, und er lächelte. Als er den Helm mit seinen Neuralanschlüssen überstülpte, spürte er beinahe augenblicklich das leise Vorbeistreifen einer Gegenwart. »Schon wieder beim Belauschen, Liebling?« sagte er.
    - Ja, mein Lieber, du solltest dich daran gewöhnen. Wir stecken zusammen in dieser Geschichte, auf lange Sicht.
    »Ja.« Er lächelte. Denn selbst wenn dieser alte Körper, in dem er hauste, längst vergangen wäre, würden seine Erinnerungen in den Duplikaten weiterleben und fortfahren, Virginia zu lieben. Der Ewige Jude und die Lady in der Maschine… sie würden eine Hilfsquelle für die Leute sein und der Kolonie dienen, solange man sie wollte.
    Unsterblichkeit ist Dienst, dachte er.
    Sie umfingen einander mit kühlen Elektronenarmen. Und beide bildeten sich ein, daß sie schwach und geisterhaft in der Ferne ein leises, bestätigendes Lachen hörten.

 
6

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VIRGINIA
     
     
    Lani ließ das kleine Kind auf dem Knie reiten, was Quietschlaute des Vergnügens und Entsetzens hervorrief. Carl strampelte methodisch auf seinem Ergometer und strahlte die beiden an. Sie mußten die Hälfte ihrer Zeit im Gravitationsrad verbringen, um die Kalziumbildung im kindlichen Organismus den Normalwerten anzunähern. Ein Zehntel der Erdschwere war für Halleysche Verhältnisse viel, bedeutete aber für niemanden eine wirkliche Härte.
    »Willst du Tante Ginnie sehen?« fragte Lanie die ältere Schwester des Kleinen, die mit dem Daumen im Mund nickte.
    Ein Schimmer erschien in der Luft, dann kam eine gebräunte Virginia daraus hervor und winkte ihnen zu. »Hallo, Kinder. Die Brandung ist da. Wollt ihr mit zum Wellenreiten?«
    Die kleine Angelique lachte, und der Säugling quiekte vergnügt. Lanis zweite Geburt war, in Sauls Worten, »bis zum Überdruß normal« gewesen. Beide Kinder schienen mit jedem Tag zu wachsen und zuzunehmen.
    Carl deutete mit einem Kopfnicken zur grünen Wildnis des Parks. »Meinst du, wir könnten hier im Rad einen kleinen See anlegen?«
    »Und dann Wellen erzeugen?« fragte Lani zurück.
    Er nickte. »Angelique wird wahrscheinlich ihre Tante nachahmen wollen.«
    »Nun komm!« sagte Lani. »Es gibt eben manches, was wir nicht können, weißt du.«
    Carl grinste. »Wollen wir wetten?«
    Virginia erinnerte sich des Sturzes ins Schwerefeld des Jupiter. Es war, wie erwartet, eine Zeit der Spannung und der Gewissensbisse gewesen.
    Ihre genau berechnete Steuerung der Ausgasungen hatte die Kometenbahn verkantet und die Geschwindigkeit beschleunigt. Die Abweichung vom ursprünglichen Kurs erweiterte sich mit zunehmender Entfernung immer mehr. In astronomischen Begriffen war es nur eine geringfügige Abweichung, aber sie war entscheidend. Sie waren hinter Jupiters Bahn gekommen, durch den Protonenhagel der enormen magnetischen Gürtel gejagt und hatten das picklige Gesicht von Io gesehen, das ihnen unheimliche vulkanische Grüße zugeschleudert hatte.
    Durch den Vorbeiflug hinter diesem Riesenplaneten hatte der Komet weitere Beschleunigung erfahren,
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