Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
Vom Netzwerk:
Knochen helfen sollten, kräftig zu werden. Für einige betagte Angehörige der älteren Generation, die jeder nennenswerten Schwerkraft seit Jahrzehnten vollständig entwöhnt waren, mochte das hart sein, doch kamen sie noch immer oft, den Kindern beim Spiel zuzusehen und dem Geschrei der hohen Stimmen zu lauschen.
    So war auch Saul zumute, als er mit vorsichtigen Schritten den grasgesäumten, gewundenen Weg am Rand des Rad-Parks dahinging, wo Hologramme die Illusion einer Stadtlandschaft jenseits der Büsche und Bäume erzeugten, mit blauem Himmel, in dessen Tiefe warme, feuchte Wolken schwammen. Mütter und Kinderpfleger kümmerten sich um die wachsende Zahl lärmender Schützlinge, beobachteten ihre Spiele, bewunderten die feingliedrige, klaräugige Schönheit der Kleinen.
    Die Kinder hatten die Halley-Kolonie gerettet, und wenn auch nur dadurch, daß sie den Sinn jener aufheiterten, die nun wußten, daß sie die Erde und ihre Schönheiten ebensowenig wiedersehen würden wie irgendein unvertrautes menschliches Gesicht.
    Wir sind das erste echte Raumschiff, dachte Saul bei sich, zwei oder drei Jahrhunderte vor dem Fahrplan.
    Zwar hing der Komet immer noch am Schürzenzipfel der alten Sonne, befand sich aber nun unwiderruflich auf einem Kurs zur Oort-Wolke, wo Millionen von Eisbällen im nicht völlig leeren Raum zwischen den Sternen trieben. Sie waren nun ganz auf sich selbst, ihre Findigkeit und die Dinge gestellt, die sie mit sich genommen hatten.
    Über dieses Thema hatte Saul soeben eine wichtige Untersuchung beendet, eine Inventur des genetischen Reservoirs, das den kommenden Generationen zur Verfügung stand. Die Frage war bedeutsam, da sie den Unterschied zwischen dem Überleben der Kolonie oder einem langen, allmählichen Absinken in Degeneration und Tod ausmachen konnte.
    Er war zu dem Schluß gelangt, daß es genug Heterozygotie gab, einen breiten Querschnitt der Genotypen, welche die Erde bevölkerten. Das sollte genug Vielfalt liefern, insbesondere mit der hohen, zu erwartenden Mutationsrate. Das größere Problem sah er in der Erhaltung einer zahlenmäßig ausreichenden Population.
    Der Komet hatte genug Rohstoffe, die Kolonie auf unbegrenzte Zeit zu erhalten. Deuterium, das aus dem Eis abgebaut werden konnte, würde den Fusionsreaktor in Gang halten, und ihre Erfahrungen und Techniken im Pflanzenbau wie in der Wiederverwertung von Abfallstoffen waren bereits eindrucksvoll und würden sich weiter verbessern.
    Bei sparsamem Umgang konnte die Trillion Tonnen Eis, Gestein, Meteoreisen und Kohlenwasserstoffe ein paar hundert Menschen mit ihren Pflanzen und Tieren über viele Generationen am Leben erhalten.
    Saul fragte sich, wie es hier in ein paar tausend Jahren aussehen würde, wenn die Geschwindigkeit des Kometen nachließe und er weit draußen, wo die Sonne nur noch der hellste Stern war, das neue Aphel erreichte. Dort wurden Millionen oder gar Millarden von anderen Zusammenballungen urzeitlicher Materie vermutet, Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Sonnensystems, die dort langsam trieben. Sobald die gegenwärtig nahezu hyperbolische Geschwindigkeit auf wenige Meter pro Sekunde zurückgegangen wäre, sollte es an Möglichkeiten, andere treibende Ansammlungen von Eis und Gestein zu bergen, nicht fehlen – vorausgesetzt, es würde auf Halley dann noch Menschen geben, die zu technischen Leistungen fähig waren.
    Saul blieb an einem Punkt stehen, wo die Hecke, die das Geländer am Rand des Rades kaschierte, sich zum Ausstieg öffnete. Er dachte noch über die Bilder nach, die Virginia ihm vor ein paar Minuten auf der kleinen Wiese unter ihrem Teehaus gezeigt hatte – eine Simulation jener so weit entfernten Tage, da die Menschen und Maschinen – deren Existenz auch in ferner Zukunft die rechnerische Projektion der gegenwärtigen Verhältnisse als gegeben ansah – des Kometen ihre erschöpfte und ausgebeutete kleine Welt in der großen Schwärze an andere, noch unberührte Eisbälle heranmanövrieren würden. Vielleicht würden sie zwei, drei oder mehr in Besitz nehmen und auf ihren neuen Kolonien wieder auseinandertreiben.
    Ihre Darstellung hatte auf ihn geradezu einschüchternd gewirkt. Sie dachte bereits in Äonen… Er spürte, daß es ihm sehr viel schwerer fallen würde, in so langen Zeiträumen zu denken. Seine Art von Unsterblichkeit war anders. Sie konnte von der Zeit nicht als einer Freundin denken.
    Er kam an Lani Nguyen-Osborn vorbei, die unter einem Zwergahorn auf einer Parkbank saß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher