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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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unrein wären!«
    Virginia zuckte die Achseln. »Alle haben in letzter Zeit unter Streß gestanden: Es wird sich ändern, sobald die Wohnräume und Stollen im Kometenkern fertiggestellt sind und die Leute wieder Raum haben, sich frei zu bewegen. Sobald wir ein paar Leute aus den Transportsonden aufgetaut haben und zur Abwechslung ein paar neue Gesichter zu sehen bekommen…«
    Jahrelanger Umgang mit schwerem Gerät hatte Sergejows Griff eisenhart gemacht. »Das könnte helfen, die Symptome zu mildern«, räumte er ein, »aber die Krankheit geht weiter. Sie sahen selbst, wie es auf der Erde war, als wir abreisten. In der Dritten Welt nimmt die Zahl der Länder, die Gesetze zur Einschränkung unserer Rechte einführen – der Rechte aller genetisch vervollkommneten Menschen –, ständig zu!«
    Virginia wollte nur, daß der Mann ihren Arm losließ. Sie versuchte es mit gutem Zureden.
    »Die Nationen Afrikas und Lateinamerikas haben ein schlimmes Jahrhundert hinter sich, Otis. Mir gefällt die Wendung, die ihre Ideologie in den vergangen Jahren genommen hat, auch nicht, aber wenigstens sind sie heutzutage umweltbewußt. Wenn sie in dieser Richtung ein wenig fanatisch geworden sind, dann ist es eine Reaktion auf die unbekümmerte Umweltzerstörung, die ihre Großväter mit Hilfe der Industrienationen betrieben haben. Jeder wird zugeben, daß der Bewußtseinswandel eine große Verbesserung ist, wenn er auch – wie gewöhnlich – vielfach zu spät kommt, um zu retten, was schon vertan worden ist. Es scheint eine Eigenart der Menschheit zu sein, ständig von einem Extrem ins andere zu fallen. Das Pendel wird wieder zurückschwingen.«
    Sergejow sah sie an, als fände er sie bemitleidenswert, sogar sträflich naiv. »Meinen Sie? Nein, mein liebes Kind, so rasch wird das nicht geschehen, denken Sie an meine Worte. Wir beide werden kaum erleben, daß das Pendel zurückschwingt. Was hier geschieht, ist erst der Anfang! Sie befinden sich bereits im Krieg mit uns!«
    Sein schlecht rasiertes Gesicht schob sich näher heran. »Und wer kann es ihnen verdenken? Wenn der Homo sapiens erst merkt, was gespielt wird, werden wir, die Nachfolgerasse, mehr und mehr Unterdrückung zu spüren bekommen.
    Hier geht es um nichts Geringeres als um das Gesicht zukünftiger Generationen!«
    »Na, kommen Sie, Otis!« Virginia lachte unbehaglich, bemüht, einen leichteren Ton anzuschlagen. »Es ist nicht so, als ob wir paar Percelle der nächste Schritt in der Evolution wären.«
    Sergejows Augen verengten sich. »Nein, hören Sie zu! Dies ist der Hauptgrund all solcher paranoider Reaktionen und Verfolgungen! Man kann den Neandertalern nicht verdenken, daß sie versuchen, ihre obsolet gewordene, entwicklungsgeschichtlich überholte Rasse zu erhalten. Jede Art bemüht sich um Selbsterhaltung.«
    Er machte eine bedeutungsschwere Pause, dann fügte er mit einem düsteren Lächeln hinzu: »Das heißt für uns, daß wir uns von den Bastarden nicht unterdrücken lassen dürfen, solange sie in der Mehrzahl sind. Es ist an uns, zu handeln, wenn wir nicht untergehen wollen!«
    Obwohl sie allein waren, sah Virginia sich unwillkürlich um. Sie wollte mit diesen aufrührerischen Reden nichts zu schaffen haben, da nicht auszuschließen war, daß sie abgehört wurden. Ohne sich noch einen Augenblick zu besinnen, setzte sie einen im Judokurs gelernten Befreiungsgriff ein und riß sich los. Der Mann segelte rückwärts und stieß mit dem Kopf gegen das ungepolsterte Schott.
    »Au!« protestierte er in schmerzlicher Überraschung. »Govenka! Warum haben Sie das getan?«
    »Sie und ihresgleichen haben die Antwort auch nicht«, schnaubte sie. »Sie bringen mit solchen Reden nur uns Percelle in Mißkredit. Wir sind nicht Nietzsches Übermenschen. Wir sind mißverstandene menschliche Wesen. Das ist alles!«
    Sergejow rieb sich den Hinterkopf und schnitt eine Grimasse. »Fragen Sie die normalen menschlichen Wesen, die Orthos, ob sie uns für ihre Brüder halten«, sagte er mürrisch.
    Virginia verzichtete auf eine Antwort, stieß sich mit den Händen von der Wand ab und schwebte rückwärts davon, einem Fisch gleich, der sich einem Hai zu entziehen sucht, obwohl Sergejow keine Neigung zeigte, ihr zu folgen. Ein paar Schritte in der Öffnung des Korridors drehte sie sich herum und stieß sich gegen die allmählich zunehmende Schwere weiter den schlechtbeleuchteten Korridor entlang zu ihrem Zufluchtsort.
     
    Alles in Virginias persönlichem Arbeitsraum war geordnet,
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