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Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Autoren: Jeaniene Frost
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erhalten, verwünscht, doch jetzt, da ich meine Visionen gebraucht hätte, wollten sich keine mehr einstellen.
    Der Gedanke scheuchte mich aus dem Bett. Ich schwang die Beine über die Matratze und stieg von dem Podest herunter, das das große, mit Draperien verhangene Lager noch beeindruckender wirken ließ. Schnurstracks steuerte ich auf den Kamin zu und kniete mich davor hin. Im Laufe der Nacht war das Feuer fast erloschen, doch die zusammengefallenen Scheite glommen noch. Ich schob das Gitter beiseite, hielt einen Augenblick lang meine Hand über eines der Scheite und stieß sie dann ohne zu zögern in das bröckelnde Holz.
    Der stechende Schmerz, der folgte, ließ mich vor Erleichterung aufkeuchen, bevor mir klar wurde, dass er nur von einem Finger ausging. Der Rest meiner Hand schien völlig heil zu sein, obwohl er bis zum Gelenk in der heißen Glut steckte. Um sicherzugehen, wartete ich noch ein paar Augenblicke ab, bevor ich die Hand wieder zurückzog. Bis auf einen aus meinem Zeigefinger ragenden Splitter und eine zehn Jahre alte Narbe war meine Hand unversehrt, kein Härchen versengt.
    Verdammt. Sechs Wochen waren vergangen, und es hatte immer noch nicht nachgelassen.
    Manche Frauen wurden von ihren Liebhabern mit Geschlechtskrankheiten angesteckt. Das war noch harmlos im Vergleich zu dem, womit meiner mich infiziert hatte – eine Immunität gegen Feuer, die unerklärlicherweise meine Fähigkeit untergrub, per Berührung Visionen zu empfangen. Eine große Überraschung hätte das eigentlich nicht sein sollen. Mein Verhältnis mit dem inoffiziellen Fürsten der Finsternis konnte ja nicht folgenlos bleiben.
    Ich zog mir den Splitter heraus und saugte an meinem Finger, obwohl ich einer der wenigen Bewohner dieses Hauses war, dem der Geschmack von Blut nicht zusagte. Dann kramte ich herum, bis ich ein großes Männershirt aus kaschmirweichem Stoff fand. Vermutlich hatte es mehr gekostet, als ich auf dem Rummel in einem Monat verdiente, war aber gleichgültig zu Boden geworfen worden. Ich sah nie jemanden das Zimmer reinigen, aber es war auch nie schmutzig. Die Bediensteten warteten wohl wie Ninjas darauf, dass ich ausging, damit sie alles makellos säubern konnten.
    Lange würden sie sich nicht mehr gedulden müssen. Ich musste mal pinkeln, und trotz des ganzen Pomps im Schlafzimmer meines Geliebten fehlte im Bad die Toilette. Als jahrhundertealter Vampir brauchte er keine.
    Ich zog mir das Shirt über, das ich vom Boden aufgelesen hatte. Es war lang genug, um mein Tanktop und das Höschen zu überdecken, obwohl ich eigentlich nie jemandem begegnete, wenn ich aus diesem Zimmer in das offiziell mir gehörende schlich. Der Salon, der die beiden Gemächer verband, wurde nur von meinem Geliebten und mir benutzt. Die Privatsphäre und Eleganz machten den schmachvollen Gang zumindest ein wenig erträglicher.
    In meiner Suite – einer in helleren Tönen gehaltenen und kleineren Ausgabe des mitternachtsgrünen Mahagoniprunksaales, den ich gerade verlassen hatte – eilte ich sofort ins Bad.
    »Licht an«, sagte ich und fügte ein »Dimmen« hinzu, als die abrupt eintretende Helligkeit mich die Augen zukneifen ließ.
    Ein sanfter bernsteinfarbener Schein ergoss sich über cremeweißen Marmor und betonte die goldenen und selleriegrünen Adern, die ihn durchzogen. In der Glasdusche von der Größe eines Kompaktwagens und über dem Waschtisch ging das Licht an. Als ich all den Luxus zum ersten Mal gesehen hatte, war ich vor Ehrfurcht erstarrt. Jetzt maulte ich leise vor mich hin, als ich auf die diskret abgeschirmte Ecke zueilte.
    »Jeden Morgen fünfzig Meter rennen, bloß weil er keine Toilette in sein Badezimmer einbauen lässt. Gibt ja schließlich jeden Abend mehr Geld für das Dinner aus, das er nicht anrührt.«
    Im Grunde wusste ich, dass mein Gemecker nur meine Kränkung über die Tatsache verbergen sollte, dass ich immer öfter allein schlief; doch meine Blase krampfte sich so schmerzhaft zusammen, als wollte sie sich auch beschweren. Als ich mich erleichtert hatte, stieg ich in die Dusche, bemüht, alles nur mit der linken Hand anzufassen. Die elektrische Spannung, die von mir ausging, war im Augenblick zwar nicht ganz so stark, aber ich wollte trotzdem nicht riskieren, einen Kurzschluss auszulösen.
    Nachdem ich mich geduscht und angezogen hatte, stieg ich die vier Treppen in die Prunketage hinab. Am Fuß der Treppe erstreckte sich ein Gang mit himmelhohen Decken, Steinsäulen, antiken Schilden und
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