Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: Im Feuer der Begierde: Roman (German Edition)
Autoren: Jeaniene Frost
Vom Netzwerk:
Prolog
    Es war nicht das erste Mal, dass ich in Gefangenschaft erwachte. Auch nicht das zweite. Ich musste unbedingt meinen Lebenswandel überdenken.
    Aus Erfahrung wusste ich, dass ich nicht die Augen aufreißen oder den Atemrhythmus ändern durfte. Ich peilte also die Lage, während ich vorgab, noch ohnmächtig zu sein. Kopfschmerzen, keine Überraschung, aber so weit ging es mir ganz gut. Meine Arme waren hinter dem Rücken gefesselt. Das dicke Material, in dem meine Hände steckten, waren Handschuhe, das enge um meine Fußknöchel Fesseln. Störender war der Knebel im Mund, selbstredend.
    Nach meiner physischen Lage checkte ich meine Umgebung. Das Geschaukel musste von Wellen herrühren, was bedeutete, dass ich mich auf einem Schiff befand. Dem Klang der Stimmen nach hielten sich ein paar der Typen, die mich gefangen genommen hatten, an Deck auf, einer war allerdings bei mir. Er sagte zwar kein Wort, doch durch Jahre des Zusammenlebens mit einem Vampir hatte ich Übung darin, die kaum hörbaren Laute wahrzunehmen, die sie von sich gaben.
    Als ich die Augen öffnete, fiel mein Blick direkt auf den schwarzhaarigen Vampir mir gegenüber. Ein Blinzeln war das einzige Zeichen der Verwunderung, das er erkennen ließ.
    »Hätte nicht gedacht, dass du schon so bald wieder zu dir kommst«, sagte er gedehnt.
    Ich senkte den Blick zu dem Knebel, den ich im Mund hatte, und zog die Brauen hoch.
    Er verstand die stumme Botschaft. »Muss ich dir erst sagen, dass Schreien zwecklos ist?«
    Ich verdrehte die Augen. Hatten wir heute Anfängertag? Er lächelte, bevor er sich vom Bett erhob. »Dachte ich’s mir doch.«
    In der kurzen Zeit, die er brauchte, um den Raum zu durchqueren und meinen Knebel zu lösen, versuchte ich mir, so gut es ging, ein Bild von ihm zu machen. Der Vampir sah etwa so alt aus wie ich, doch seiner narbenfreien Haut, den kurzen Haaren, dem glatt rasierten Gesicht und seiner durchschnittlichen Statur nach zu urteilen, konnte er höchstens hundert Vampirjahre alt sein. Ältere Blutsauger hatten meist vernarbte Gesichter und keinen Sinn für trendige Haarschnitte. Am verräterischsten aber war sein Blick. In den Augen wirklich alter Vampire lag so eine Art … Gewicht, als hätten die vielen Jahrhunderte eine greifbare Schwere hinterlassen. Meinem namenlosen Kerkermeister fehlte diese Besonderheit, und wenn ich Glück hatte, auch allen anderen auf diesem Schiff.
    Junge Vampire waren leichter umzulegen.
    »Wasser«, sagte ich, als er mir den Knebel entfernt hatte. Durch ihn und das Barbiturat, das man mir verabreicht hatte, war mein Mund so trocken, dass meine Zunge sich anfühlte wie eine zusammengeknüllte Socke.
    Der Vampir verschwand und kam mit einer Dose Cola zurück. Ich schluckte gierig, als er sie mir an die Lippen hielt, was zur Folge hatte, dass ich am Ende einen herzhaften Rülpser hören ließ. Wenn mein Bewacher ihn direkt ins Gesicht bekam, war das nicht meine Schuld. Ich war gefesselt.
    »Reizend«, meinte der Vampir trocken.
    »Der Sinn für Artigkeiten ist mir abhandengekommen, als ihr meinen Freund mit flüssigem Silber beschossen habt«, antwortete ich mit ruhiger Stimme. »Und wo wir gerade dabei sind: Ich will ihn sehen.«
    Die Lippen des Vampirs zuckten. »Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen, aber ja, er ist noch am Leben.«
    »Du willst mich also nicht zu ihm bringen, schön«, antwortete ich einer Eingebung folgend. »Ich nehme an, du weißt, dass ich per Berührung Visionen empfangen kann, also nimm mir die Handschuhe ab, und lass mich dich anfassen. Dann weiß ich, ob du die Wahrheit sagst.«
    Der Vampir lachte in sich hinein, während ein grelleres Grün sich in seinen torfmoosfarbigen Augen ausbreitete. »Mich anfassen? Meinst du nicht eher, deine tödliche Elektropeitsche einsetzen, um mich in Stücke zu hauen?«
    Ich fuhr zusammen. Woher wusste er das? Die meisten Leute, die gesehen hatten, wie ich meine Macht einsetzte, waren tot.
    »Genau aus dem Grund sind deine Gummihandschuhe mit Klebeband befestigt«, fuhr er unverdrossen fort. »Nur für den Fall.«
    »Wie heißt du noch mal?«, erkundigte ich mich, froh, dass meine Stimme beiläufig klang.
    Die vollen Lippen des Mannes verzogen sich zu einem noch breiteren Grinsen. »Nenn mich Hannibal.«
    Ich erwiderte sein Lächeln. »Okay, Hannibal, was soll ich machen? Meine Fähigkeiten einsetzen, um einen Feind von dir aufzuspüren? Dir sagen, ob jemand dich hintergeht? Oder die Vergangenheit aus einem Gegenstand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher