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Im Dienst ihrer Majestat

Titel: Im Dienst ihrer Majestat
Autoren: Ian Fleming
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Sessel fallen. »Nach diesem Unglück nahm sie ihren ganzen Schmuck und fuhr in ihrem kleinen Wagen davon; ich hörte ab und zu, daß sie ein Stück verkaufte und ihr altes Leben wiederaufgenommen hatte. Natürlich folgte ich ihr, ließ sie beobachten, soweit ich konnte, aber sie wich all meinen Versuchen aus, sie zu treffen und mit ihr zu sprechen. Dann erfuhr ich, daß sie hier im Splendide für vorige Nacht ein Zimmer bestellt hatte. Ich kam sofort von Paris hierher, weil ich so eine unbestimmte Vorahnung hatte. Wissen Sie, in ihrer Kindheit haben wir immer den Sommer in Royale verbracht. Sie schwimmt ausgezeichnet und war von jeher eine richtige Wasserratte. Als kleines Kind mußte sie einmal zur Strafe den ganzen Nachmittag in ihrem Zimmer bleiben. Am Abend erklärte sie ihrer Mutter ganz ruhig: >Du hast mich sehr traurig gemacht, weil ich heute nicht ans Meer durfte. Wenn ich später mal richtig unglücklich bin, schwimme ich ganz weit raus, bis ich untergehe.< Meine Frau hatte mir das erzählt, und wir lachten über den kindlichen Einfall. Jetzt fiel es mir plötzlich wieder ein. Ich hatte Angst, daß dieser Wunsch zur Zwangsvorstellung geworden sein könnte und daß sie nach Royale gefahren war, um allem ein Ende zu machen. Und deswegen, mein lieber Freund, habe ich sie vom Augenblick ihrer Ankunft an schärfstens beobachten lassen. Ihr Verhalten im Casino, für das ich Ihnen gar nicht genug danken kann, wurde mir gemeldet, ebenso das spätere Zusammensein mit ihr.« Er hob die Hand, als Bond sichtlich verlegen wurde. »Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen. Und auch nicht zu entschuldigen. Mann bleibt Mann und . . . Aber darauf komme ich später zurück. Was Sie getan, wie Sie sich Teresa gegenüber benommen haben, könnte der erste Schritt zu einer Heilung sein.«
    Bond mußte daran denken, wie sie sich in dem Bombard-Boot an ihn gelehnt hatte. Darin war mehr Zuneigung, mehr Wärme gewesen als in allen Ekstasen der Nacht.
    Marc-Ange fuhr fort: »So mobilisierte ich heute früh um sechs meinen Freund vom Deuxième Bureau. Um acht sah er seine Akten durch, und um neun hatte ich per Funk einen vollständigen Bericht über Sie. Ich habe in dem Vehikel hier einen starken Sender.« Er lächelte. »Noch ein Geheimnis, das ich Ihnen anvertraue. Was ich über Sie gehört habe, war außerordentlich günstig, in dienstlicher wie in persönlicher Hinsicht. Ich überlegte den ganzen Morgen. Und schließlich gab ich den Befehl, Sie beide hierherzubringen. Das hat Ihnen sicher Unannehmlichkeiten bereitet. Ich bitte Sie dafür um Verzeihung. Ich hoffe nur, daß meine Leute sich korrekt benommen haben.«
    Bond lächelte. »Ich freue mich jedenfalls. Sie kennengelernt zu haben. Daß unsere Begegnung mit zwei Pistolen erzwungen wurde, macht sie nur noch denkwürdiger. Es ist alles durchaus korrekt vor sich gegangen.«
    Marc-Ange verzog das Gesicht. »Jetzt sind Sie aber sarkastisch. Glauben Sie mir, lieber Freund, es waren drastische Maßnahmen nötig.« Er nahm einen Briefbogen vom Schreibtisch und reichte ihn Bond. »Wenn Sie das lesen, werden Sie mich verstehen. Dieser Brief wurde heute nachmittag um halb fünf, als Teresa fortging und Sie ihr folgten, dem Portier des Splendide mit dem Auftrag
    übergeben, ihn an mich nach Marseille zu schicken. Lesen Sie, bitte!«
    Der Inhalt war kurz und unmißverständlich.
    Lieber Papa,
    Es tut mir leid, aber ich habe genug. Es ist nur schade, weil ich heute nacht einen Mann kennengelernt habe, der vielleicht noch alles hätte ändern können. Er ist Engländer und heißt James Bond. Bitte, mache ihn ausfindig und zahle ihm 20 ooo Francs, die ich ihm schulde. Und danke ihm in meinem Namen.
    Alles ist nur meine Schuld.
    Lebe wohl und verzeihe mir.
    Tracy
    Bond sah Marc-Ange nicht an. Er nahm einen tiefen Schluck und sagte nur: »Ich verstehe.«
    »Sie nennt sich gern Tracy. Teresa findet sie zu vornehm.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Commander Bond!« Dracos Stimme klang nun drängend und flehend. »Mein Freund, Sie haben jetzt die ganze Geschichte gehört. Wollen Sie mir helfen, sie zu retten? Meine einzige Chance ist, daß Sie ihr neue Hoffnung, ihrem Leben wieder einen Sinn geben. Wollen Sie?«
    Bond hatte den Blick gesenkt. Er war wütend, daß man versuchte, ihn in diese Privatdinge hineinzuziehen. Er fluchte innerlich. Die Vorstellung entsetzte ihn - er war kein barmherziger Samariter. Sie gehörte in die Behandlung eines Psychiaters. Gut, er hatte ihr für eine Nacht gefallen
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