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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse
Autoren: Kristin Hannah
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ungeölten Maschine nicht unähnlich.
    Tess' Blick fiel auf das Bündel in Savannahs Armen.
    »Das ist das Baby?«
    Savannah nickte.
    Tess schluckte schwer. Angst und Erregung verschmolzen und zauberten ein zögerndes Lächeln auf ihre Lippen. »Darf ich es sehen?«
    Überraschung huschte über Savannahs Züge. Sie blieb wie angewurzelt stehen.
    Die Wahrheit erfasste Tess wie eine kalte Woge, und mit ihr kamen Übelkeit und bohrender Schmerz. »Du hast Angst, es ihr ... ich meine, es mir zu geben.«
    Savannah erbleichte. Nervös an der Unterlippe kauend näherte sie sich dem Bett und legte das Baby sacht auf Tess' vorgewölbten Leib. »N... nein, es ist nur ... weil du Katie nie halten wolltest. Ich dachte ...«
    Instinktiv streckte Tess die Hand aus, um das verängstigte Mädchen zu trösten. »Schon gut, Liebes.«
    Savannah erstarrte und entzog sich ihrem Griff. Ehe Tess reagieren konnte, fing das Bündel in ihren Armen heftig zu strampeln an.
    Behutsam schob sie die handgewebte Decke zurück. Trübe Augen sahen sie zwischen verquollenen Lidern aus einem dunkelroten, runzligen Gesicht an, das nicht größer war als eine Untertasse.
    Zögernd strich sie über die samtweiche Haut des Neugeborenen. Bei ihrer Berührung holte der Kleine in einem bebenden Schluchzen Luft und verstummte. Als sein ungezielter Blick auf ihrem Gesicht landete, hatte sie das deutliche Gefühl, er studiere sie. Nach einem Augenblick stieß er einen leisen, zufriedenen Seufzer aus. Er schmiegte sich tiefer in die Decke und schlief wieder ein.
    Tess spürte seine Billigung und sein Vertrauen wie etwas Greifbares. Zum ersten Mal ging ihr die Bedeutung des Wortes Ehrfurcht auf. Ihre Augen wurden groß, ihr Herzschlag verlangsamte sich spürbar. Tränen brannten in ihren Augen.
    Plötzlich schaute sie in der Erwartung auf, ihre Ehrfurcht in den Gesichtern um sie herum widergespiegelt zu sehen. Stattdessen sah sie Angst und Argwohn.
    Savannah streckte sofort die Arme nach dem Kleinen aus. »So, Mama, ich nehme ihn wieder ...«
    Katie, die hinter dem Ellbogen ihrer Schwester hervorlugte, machte sich mit einem Ruck hinter Savannah unsichtbar.
    Tess runzelte die Stirn. Was stimmte in dieser Familie nicht? Alle benahmen sich, als sei zu befürchten, sie würde das Neugeborene durch den Raum schleudern. Savannah und Jack standen in Erwartung der Explosion gespannt da. Ihre wachsam nervösen Blicke hätten einer scharfen Handgranate gelten können. Und die arme Katie hielt sich an die Grundregel der Kampfstrategie >Kopf runter und in Deckung<.
    Hier war so viel Schmerz, dass es über ihre Begriffe ging.
    Wieder verspürte sie das unwillkürliche Verlangen zu helfen, zu berühren, zu heilen. So wie in dem Moment, als sie sah, wie Jack sich Mitleid erregend über die Wiege beugte ...
    Sie wollte etwas Leichtes und Beiläufiges sagen, etwas, das den Schmerz in den Gesichtern um sie herum tilgen würde, doch wollte ihr nichts einfallen.
    Als sie die Hand nach Savannah ausstreckte, entzog sich diese ihrer Berührung so jäh, dass Tess' Hand mit ausgestrecktem Finger in der Luft hing und auf das Mädchen zeigte.
    Nur deutete ihr Finger nicht auf das Kind, sondern auf die Tür, da Savannah, gefolgt von Katie, hinausgelaufen war, ehe Tess ein Wort äußern konnte. Die Tür knallte zu.
    Jack sprang auf. »Verdammt, Amarylis! Was hätte es dich schon gekostet, mit ihnen zu reden ! Sie haben deinetwegen große Angst ausgestanden!«
    »Ich dachte ...«
    »Ha!« Er kam auf sie zu. Das hohle Geräusch seiner Absätze auf dem Boden dröhnte laut in Tess' Kopf.
    »Verdammt, du weißt, was du ihr antust!«
    »Ich wollte nur ...«
    Er lachte. Ein hartes, verbittertes Lachen. »Ich weiß sehr gut, was du willst. Alle wissen es.« Er starrte sie aus kalten, zusammengekniffenen Augen an, dann drehte er sich vom Bett um, als bereite ihr Anblick ihm Übelkeit. Mit drei Schritten hatte er den Raum durchmessen und riss die Tür auf, um sie gleich darauf hinter sich zuzuwerfen.
    Tess starrte die Tür an und empfand dummerweise Schuldbewusstsein und Reue einer anderen.
    Es sah ganz danach aus, als wäre Amarylis keine gute Mutter gewesen.
     
    Jack schlug die Tür so fest hinter sich zu, dass das ganze Haus erbebte. Die Mädchen fuhren wie erschrockene Häschen zusammen und drehten sich um. Katie suchte sofort hinter den weiten Röcken ihrer Schwester Zuflucht.
    Er wollte an den Kindern vorüber aus diesem verfluchten Haus laufen, immer weiter, so weit ihn die Füße
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