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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse
Autoren: Kristin Hannah
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Unterleib und schoss die Schenkel entlang. Es bedurfte ihrer ganzen Willenskraft, um nicht wieder in die Kissen zurückzusinken.
    Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf jeden Atemzug, bis die brennende Qual zu einem dumpfen, erträglichen Schmerz verebbte. Dann schwang sie die bestrumpften Füße über den Bettrand. Als die kalte Abendluft sie traf, bekam sie eine Gänsehaut. Zitternd hinkte sie zur Tür.
    »Johnny! Nein!«
    Die gebrüllten Worte hallten durch den Raum und ließen Tess innehalten. In Erwartung des nächsten Ausbruchs blieb sie stehen, doch es blieb still im Haus.
    Sie griff nach dem warmen Flanellmorgenrock, der über dem Fußende des Bettes lag, und schlüpfte hinein. Vorsichtig öffnete sie die Tür und humpelte hinaus. Am Ende des Flures musste sie innehalten, um wieder zu Atem zu kommen. Ihren schmerzenden Leib umfassend, spähte sie vorsichtig um die Ecke.
    Der Wohnraum war bis auf den flackernden, orangefarbenen Schein des sterbenden Feuers dunkel. Flackerndes rotgoldenes Licht züngelte über den Boden und streckte sehnige Finger in die Dunkelheit. Die Möbelstücke waren dunkle Schatten ohne Form und Substanz.
    Tess runzelte die Stirn und trat ein.
    Als Jack wie eine Geistererscheinung vor ihr auftauchte, wich Tess erschrocken zurück und stieß mit dumpfem Geräusch gegen die Wand. Er war mit einem einzigen Schritt bei ihr. Sie spürte das Gewicht seines Blickes auf ihrem Gesicht, konnte aber seine Augen nicht ausmachen.
    »Was zum Teufel willst du hier?« Die Sanftheit der leise geäußerten Frage war beängstigender als lautes Gebrüll. »Du kennst die Regeln.«
    Tess wünschte, sie hätte einen Schritt zurückweichen können, doch hinderte die Wand sie daran. »Ich ... ich hörte Geräusche.«
    »Geh.« Er drehte sich um und fing an, auf und ab zu gehen, steif und übertrieben beherrscht, als wolle er davonlaufen, zwinge sich aber zum Bleiben. Nach einigen Augenblicken hielt er sich die Ohren zu, als gäbe es laute, dröhnende Geräusche, die nur er allein hören konnte.
    »Jack, ich ...«
    Wieder drehte er sich um. Er packte sie an den Schultern und riss sie zu sich. Sie stieß hart gegen seine Brust und unterdrückte einen schmerzlichen Aufschrei. »Tu mir das nicht an, Amarylis.« Seine Stimme schlug um. »Ich habe nicht die Kraft, jetzt auf deine Spielchen einzugehen.«
    Stoßweise atmend starrte sie ihn an. Sein Blick schien ihren Hals zu umfassen und zuzudrücken. Plötzlich ließ er sie los, als sei ihm nun erst klar geworden, dass er sie berührt hatte.
    Sie glitt die lange, harte Länge seines Körpers hinunter. Ihre Füße trafen mit dumpfem Aufprall auf dem kalten Boden auf.
    »Und denk an die Regeln, egal, was du auch hörst. Nach Einbruch der Dunkelheit hast du hier nichts zu suchen. Niemals.«
    Tess lehnte atemlos an der Wand und drückte die Augen zu. Jacks Stiefelabsätze hallten laut auf dem Boden, und jeder einzelne Schritt war das Echo ihres Herzschlags. Sie hörte seine rauen, unregelmäßigen Atemzüge und das knisternde Zischen des sterbenden Feuers. Sie versuchte sich auf die Geräusche zu konzentrieren, nur auf die Geräusche, aber irgendwie empfand sie keine Freude darüber, auch wenn sie ein Leben lang gewartet hatte, sie zu hören. Sie fühlte sich nur allein, voller Angst und erschreckend fehl am Platz.
    Sie dachte an Carol und ihr Versprechen. Traurigkeit und das Gefühl, betrogen worden zu sein, überkamen sie. Carol hatte sie belogen. Keine Rede davon, dass Jack Rafferty etwas Besonderes war.
    Sie versuchte, stark zu sein, versuchte, sich nichts daraus zu machen, doch konnte sie nicht anders. Enttäuschung erfasste sie und zog ihre Mundwinkel nach unten. Aus irgendeinem absurden Grund war ihr nach Weinen zumute.
    Zähneknirschend kämpfte sie gegen die ihr fremde Anwandlung von Selbstmitleid an. Dann war es geschafft. Sie gab nicht auf. Das hatte sie noch nie getan und würde jetzt nicht damit anfangen. Zudem war es nicht allein Carols Schuld. Tess hatte sich für dieses Leben selbst entschieden. Für diesen Mann.
    »Verdammt«, sagte sie zu ihm. »Das ist jetzt auch mein Haus. Ich habe das Recht zu gehen, wohin ich möchte und wann ich möchte. Und jetzt möchte ich ...« Sie musste kurz überlegen. »Ich möchte ins Bad.«
    Hoch erhobenen Hauptes ging sie hinaus in den Flur.
    »Wohin gehst du?« knurrte er, als sie sich an ihm vorüberschleppte.
    Sie schob ihr Kinn noch höher. »Nicht dass es dich etwas anginge, aber ich beabsichtige
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