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Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)

Titel: Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
Autoren: Gail Martin
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Buntglas in der vorderen Mauer des achteckigen Raums ergoss sich das erste Licht des Morgens. Auf einem Altar brannten vier rote Kerzen, eine für jeden hellen Aspekt der Göttin. Darüber stand eine exquisite Marmorstatue mit vier Gesichtern, die Mutter, Kind, Geliebte und Kriegerin darstellten. Die Statue schaute auf einen Teich, von wo aus die vier dunklen Aspekte ihren Blick erwiderten.
    In den Farben der Fenster wurde das Thema aufgegriffen: Rot, das Feuer der Kriegerin und Rächerin, zusammen mit dem Bernstein der Mutter, dem tiefen Blau der Geliebten und dem satten Grün des Kindes, verströmten das Licht in einem sich verschiebenden Spektrum über das kleine Mittelschiff. Auf einem Sockel rechts vom Altar stand ein Wasserbecken für die Prophezeiungen des Orakels, zur Linken lag auf einem goldenen Ständer eine perfekte Kristallkugel.
    »Ungeachtet Stadens Willkommen weiß ich nicht, ob ich mich jemals wieder sicher fühlen werde«, murmelte Kiara.
    »Das wäre schade«, sagte Tris. »Ich würde es gerne ändern.«
    »Vielleicht könntest du das sogar.«
    Tris’ Herz schlug so heftig, dass er glaubte, Kiara müsste es hören, als er sich zu ihr hinabbeugte, um sie zu küssen. Fast unmerklich zögerte sie, dann schlang sie ihre starken Arme um seinen Hals und ließ sich von ihm dichter an sich heranziehen. Einen Moment später zog er sich atemlos zurück und blickte sie verwundert an. »Hast du keine Angst, dass ich dich in einen Wassermolch verwandele?«, neckte er sie sanft. »Immerhin bin ich ein Zauberer!«
    Sie kicherte. »Jae würde sich über die Gesellschaft freuen. Und du, hast du keine Angst, dass ich dich zu einem Duell herausfordere? Immerhin bin ich eine ›Schwertlady‹!«
    Jetzt war die Reihe zu kichern an Tris. »Das könnte mir gut gefallen, Schwertlady«, sagte er zärtlich. »Tolle Feier, was?«, fragte er und spielte mit seinen Fingern in ihren Haaren.
    Sie lächelte. »Es ist schon so lang her, dass ich mich amüsiert habe, dass ich schon glaubte, vergessen zu haben, wie es geht.«
    »Ich werde es dich nicht vergessen lassen.«
    »Ist das ein Versprechen?«, fragte sie und berührte seine Wange.
    »Ja«, sagte er und nahm sie fest in die Arme. So standen sie eine Weile schweigend da, seine Wange an ihrem Kopf, ihr Gesicht an seiner Brust, während es draußen allmählich hell wurde. Tris hob seine Augen ins Licht, das durch die Gesichter der Lady in den Tempel strömte, und erstarrte: Das strahlende Antlitz Chennes begann sich zu röten, als ob es lebendig wäre, und die bernsteinfarbenen Augen erwiderten seinen Blick mit einer Klarheit, als ob sie bis auf den tiefsten Grund seiner Seele sähen.
    Zweifle nicht! , hörte er eine Stimme sagen. Ich reite mit dir. Und unvermittelt verschwand die Erscheinung.
    »Tris, was ist los?«, fragte Kiara und sah besorgt zu ihm auf.
    Tris versuchte zu sprechen, doch seine Kehle war so trocken, dass er nur ein Krächzen hervorbrachte. Er schluckte schwer, starrte aus dem Fenster, das jetzt wieder nur normales Glas war, und schaffte es zu antworten. »Ich glaube, ich brauche etwas Schlaf«, sagte er lahm und verlegen. »Ich fange an, Dinge zu sehen.«
    »Was für Dinge?«, fragte Kiara misstrauisch. Als er nichts sagte, krauste sich ihre Stirn noch mehr. »Du hast Sie gespürt, nicht wahr, gerade eben?«
    Stumm nickte Tris und sah immer noch das leblose Fenster an. »Ich glaubte, Chenne zu sehen«, flüsterte er, und selbst ihm kamen seine Worte absurd vor. »Aber jetzt ist da nichts mehr.«
    »Du hast Sie gesehen!«, sagte Kiara voller Überzeugung und nahm ihn beruhigend in den Arm. »Ich habe nichts gehört, aber ich habe … etwas … gefühlt. Ich kenne dieses Gefühl«, sagte sie unsicher. »Es war dasselbe, was ich schon einmal gespürt habe, als Sie nahe war.« Sie schwieg kurz. »Was hat Sie gesagt?«
    »Ich soll nicht zweifeln«, wiederholte Tris verwundert. »Und dass Sie mit mir reiten würde.«
    »Das werde ich auch!«, sagte Kiara entschlossen. »Das weißt du, nicht wahr? Ich komme mit dir nach Margolan.«
    Tris sah ihr in die Augen und wurde von widerstreitenden Gefühlen überwältigt. Da war Hochstimmung, dass sie durch irgendein Wunder seine Gefühle erwidern sollte. Freude, dass sie an seiner Queste teilhaben wollte. Furcht vor den Gefahren für sie, die ihre Reise mit sich bringen würde. »Ich will nicht, dass dir etwas geschieht«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, dass ich das ertragen könnte.«
    »Ich hätte nicht gedacht,
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