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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit
Autoren: Dean R. Koontz
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kapierte nicht, wieso die Originalaufnahme nicht mehr existierte, während diese Kopie völlig intakt war. Wie hatte Delacroix sein Testament machen können, wenn er niemals den Mystery Train bestiegen hatte?
    »Ein Paradoxon«, sagte ich.
    Orson nickte zustimmend.
    Rumpelmauser sah mich an und gähnte, als wollte er damit der Verachtung Ausdruck geben, die er für mich empfand.
    Ich schaltete wieder ein und spulte die Kassette bis zu der Stelle vor, an der Delacroix alle Leute samt Titeln nannte, die seines Wissens am Projekt beteiligt waren. Als erster Name kam, wie ich mich erinnerte, Dr. Randolph Josephson. Er war Wissenschaftler und der zivile Leiter des Projekts.
    Dr. Randolph Josephson.
    John Joseph Randolph. Als er mit achtzehn Jahren die Jugendstrafanstalt verließ, war aus Johnny Randolph offensichtlich Randolph Josephson geworden. Mit dieser neuen Identität hatte er eine Ausbildung durchlaufen - anscheinend eine verdammt gute Ausbildung ., immer angetrieben, ein Schicksal zu erfüllen, das sein Leben bestimmte, seit er gesehen hatte, wie sich eine Krähe aus festem Gestein erhoben hatte.
    Wenn man will, kann man sich meinetwegen vorstellen, daß der Teufel höchstpersönlich dem zwölfjährigen Johnny Randolph einen Besuch in Gestalt einer sprechenden Krähe abstattete, um ihn zu bewegen, seine Eltern zu töten und dann eine Maschine zu bauen - den Mystery Train ., die das Tor zwischen dem Diesseits und der Hölle öffnete, damit die Legionen der gefallenen Engel und Dämonen hindurchströmen konnten, die zum Leben im Abgrund verdammt waren.
    Man kann natürlich auch einfach glauben, daß ein mörderisch veranlagter Junge eine Geschichte in, sagen wir mal, einem zerfledderten Comicheft las und diese dann als Vorbild für das eigene armselige Leben nahm, und ihn diese großartige Wahnvorstellung dazu motivierte, die Höllenmaschine zu erschaffen. Es mag unwahrscheinlich anmuten, daß ein blutrünstiger Soziopath zu einem Wissenschaftler von derartigem Kaliber werden kann und Milliarden Dollar aus schwarzen Etats der Regierung in seine Arbeit fließen können, aber wir wissen wiederum, daß er ja ein Soziopath mit ungewöhnlich starker Selbstbeherrschung war, der seine Mordtaten auf eine pro Jahr begrenzte und den Rest seiner kriminellen Energie in die Karriere fließen ließ. Und natürlich sind die meisten jener Menschen, die entscheiden, wie Milliardensummen aus schwarzen Etats verteilt werden, vermutlich nicht so ausgeglichene Persönlichkeiten wie unsereins.
    Zumindest nicht so ausgeglichen wie Menschen, zu denen ich vielleicht nicht gerade gehöre. Jeder, der mein Moonlight Bay-Tagebuch liest, dürfte berechtigte Zweifel an meiner Ausgeglichenheit hegen. Die Hüter unserer Staatskassen lassen sich häufig von ehrgeizigen Wahnsinnsprojekten blenden, und es würde mich überraschen, wenn John Joseph Randolph alias Dr. Randolph Josephson der einzige Geistesgestörte war, der mit unseren Steuergeldern zugeschüttet wurde.
    Ich fragte mich, ob Randolph tot war, ob er lebendig in Fort Wyvern begraben wurde, unter den Tausenden Tonnen Erdreich verschüttet, die in der verrückten Zeitumkehrung von Lastern und Baggern ins große Loch zurückgebracht worden waren, wo einst der Komplex rund um den Ovalen Raum existiert hatte. Oder war er niemals nach Wyvern gegangen und hatte demzufolge niemals den Mystery Train entwickelt?
    Lebte er nun anderswo und hatte das vergangene Jahrzehnt damit verbracht, an einem anderen - aber ähnlichen - Projekt zu arbeiten?
    Der Zirkus meiner Einbildungskraft hatte im Nu sein Zelt mit den vielen Manegen aufgestellt, und ich war plötzlich überzeugt, daß John Joseph Randolph just draußen vor dem Fenster meines Zimmers stand und mich in diesem Augenblick beobachtete. Ich wirbelte herum. Die Lamellenjalousie war heruntergelassen. Ich ging zum Fenster, packte den Riemen und riß die Jalousie hoch. Johnny war nicht da.
    Ich hörte mir die Kassette noch ein Stück weiter an. Der achtzehnte Name auf Delacroix. Liste war Conrad Gensei.
    Zweifellos war das der untersetzte Mistkerl mit dem kurzen schwarzen Haar, den goldbraunen Augen und den Puppenzähnen. Vielleicht war er einer der Temponauten gewesen, die die andere Seite besucht hatten, einer der wenigen, die lebend zurückgekehrt waren. Vielleicht hatte er in jener Welt des roten Himmels ein eigenes Lebensschicksal erkannt, oder er war durch dieses Erlebnis langsam in den Wahnsinn getrieben worden und hatte sich unaufhaltsam von
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