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Im Bann der Dunkelheit

Im Bann der Dunkelheit

Titel: Im Bann der Dunkelheit
Autoren: Dean R. Koontz
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hauptsächlich deshalb so widerwärtig gewesen, weil es so menschenähnlich war, viel zu menschlich für eine so groteske Gestalt. Ich bin mir sicher, daß sich Darstellungen solcher Geschöpfe bereits in Büchern finden, die bis in die Zeit zurückreichen, als der Buchdruck erfunden wurde, und unter den meisten, wenn nicht sogar allen dieser Illustrationen dürfte man die gleiche Bildunterschrift finden: Dämon.
    Ich beschloß, nicht mehr weiter darüber nachzudenken.
    Nach einer Weile kam Sasha glücklich hechelnd vom Surfen zurück, und Orson hechelte zurück, als würde er glauben, sie wollte auf diese Weise mit ihm kommunizieren.
    Sie ließ sich neben mir auf die Decke fallen, und ich machte ihr ein Bier auf.
    Bobby tobte sich immer noch zwischen den nächtlichen Wellen aus.
    »Siehst du das Schiff da draußen?« fragte sie.
    »Ist ein ziemlich großes Schiff.«
    »Bobby und ich sind etwas weiter hinausgepaddelt, als eigentlich nötig war. Nur um es etwas besser erkennen zu können. Es ist von der US-Navy.«
    »Ich habe noch nie erlebt, daß hier ein Schlachtschiff vor Anker gelegen hat.« »Irgendwas ist da im Busch.«
    »Es ist immer irgendwas im Busch.«
    Ich erschauderte, weil mich eine Vorahnung überkam.
    Vielleicht waren ja schon eine Therapie und ein Gegenmittel unterwegs. Wenn nicht, waren die führenden Köpfe eventuell auch zu der Entscheidung gelangt, daß die beste Methode, das Wyvern-Fiasko zu vertuschen und die Herkunft des Retrovirus zu verschleiern, darin bestand, den ehemaligen Stützpunkt und ganz Moonlight Bay von der Landkarte zu radieren. Und zwar mit einem thermonuklearen Radiergummi, den selbst Viren nicht überleben konnten. Die sonstige Öffentlichkeit mochte durch entsprechende Hinweise zur Überzeugung kommen, daß der atomare Zwischenfall, der Moonlight Bay ausgelöscht hatte, auf das Werk von Terroristen zurückzuführen war. Ich sagte mir wieder, ich dürfe nicht mehr weiter über solche Sachen nachdenken.
    »Bobby und ich werden uns jetzt einen Termin aussuchen«, sagte ich. »Um zu heiraten, du weißt schon.«
    »Klar, nachdem er gesagt hat, daß er dich liebt.«
    »Das ist die Macht der Gefühle.« »Wer ist die Brautjungfer?« fragte sie.
    »Orson«, sagte ich.
    »Die Geschlechterrollen sind nicht mehr das, was sie mal waren.«
    »Willst du den Trauzeugen für den Bräutigam machen?« fragte ich.
    »Klar, sofern ich dann nicht bis zum Hals in einer Horde wütender Affen oder etwas Ähnlichem stecke. Gönn dir ein paar Wellen, Snowman.«
    Ich stand auf und nahm mein Surfbrett. »Ich würde Bobby noch vor dem Altar den Laufpaß geben«, sagte ich, »wenn ich überzeugt wäre, daß du mich statt dessen heiraten würdest.«
    Dann marschierte ich in Richtung Wellen.
    Sie ließ mich etwa sechs Schritte weit gehen, bis sie mir nachrief: »War das ein Antrag?«
    »Ja!« rief ich.
    »Arschloch!« rief sie.
    »War das eine Einwilligung?« schrie ich zurück, während ich ins Wasser watete.
    »So einfach kommst du nicht davon! Du mußt noch jede Menge um mich werben und buhlen!«
    »Also nimmst du meinen Heiratsantrag an?« schrie ich.
    »Ja!«
    Während die Brandung um meine Knie schäumte, blickte ich mich zu ihr um, wie sie im Licht der Gaslampe dastand.
    Falls Kaha Huna, die Göttin des Surfens, auf Erden wandelte, dann war sie heute nacht hier und nicht in Waimea Bay, wo sie auch nicht unter dem bürgerlichen Namen Pia Klick lebte.
    Orson stand neben ihr und wedelte mit dem Schwanz. Offenbar freute er sich schon auf seinen Auftritt als Brautjungfer. Doch dann blieb sein Schwanz urplötzlich in der  Luft stehen. Er lief näher ans Wasser heran, hob den Kopf, schnupperte prüfend und starrte auf das Kriegsschiff, das außerhalb der Bucht vor Anker lag. Ich konnte nicht erkennen, ob sich mit dem Schiff irgend etwas verändert hatte, aber da war offenbar etwas, was Orsons Aufmerksamkeit - und Besorgnis erregt hatte.
    Die Wellen waren viel zu erstklassig, um ihnen länger widerstehen zu können. Carpe diem. Carpe noctem. Carpe aestuum - nutze die Brandung.
    Das nächtliche Meer rollte von Tortuga und Tahiti heran, von Bora Bora und den Marquesasinseln, von tausend fernen, sonnenverwöhnten Orten, die ich niemals besuchen werde, wo der mächtige Tropenhimmel in einem Blau erstrahlt, das ich niemals sehen werde. Alles Licht, das ich brauche, ist hier bei den Menschen, in deren Liebe ich erstrahle.
     *   *   *   *
    ENDE

Scan, OCR, epub 2012 durch einen Schalke-Fan
    Grüße an
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