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Ich wollte Hosen

Ich wollte Hosen

Titel: Ich wollte Hosen
Autoren: Lara Cardella
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mußte unbefriedigt bleiben, zumindest bis er gegangen war. Dann würde ich meine Tante fragen können, wie es mit diesem Lillo ausgegangen ist, wie sie neben ihrem Mann weiterleben konnte und was sie heute darüber denkt.
Leider dauerte das Warten länger, als ich gedacht hatte, denn meine Tante ging mit ihrem Mann ins Dorf. Als sie gegen acht zurückkamen, aßen wir Abendbrot, dann ging er aus dem Haus, zu seiner üblichen Runde durch die Bars, und endlich konnte ich mit ihr sprechen. Es war etwas schwierig, das Gespräch zu beginnen, aber meine Tante half mir.
»Hast du das Tagebuch fertig gelesen?«
»Ja, Tante ... Ich wollte dir sagen ... Wie ist es denn mit dem ausgegangen?«
»Mit Lillo? Nichts weiter, manchmal sehe ich ihn, wenn ich ins Dorf gehe ...«
»Aber, Tante, was ist dann passiert?«
Nach einigem anfänglichen Zögern begann meine Tante, den Rest der Geschichte zu erzählen: Lillo blieb bei seiner Frau, und noch jetzt kann man sie Sonntag morgens in der Kirche sehen und Sonntag abends auf der Piazza, wie sie Arm in Arm Spazierengehen, hinter sich die drei Kinder. Was meinen Onkel betrifft, kam er an Weihnachten zurück und blieb. Seit damals ging das Leben seinen normalen Gang. Ab und zu erinnerte er sie daran, was sie getan hatte, ohne zu berücksichtigen, was inzwischen, aus dem Mund des Freundes, alle erfahren hatten, nämlich daß er in der Schweiz mit einer Frau von zweifelhafter Moral zusammengelebt hatte: die hatte keine und damit basta. Seltsamerweise hatte ihm nie jemand von Lillos Besuchen berichtet, weil sie meine Tante kannten und große Achtung vor ihr hatten.
Ich fragte sie, wovon sie jetzt träume, und sie zuckte mit den Schultern. Was mich an dieser ganzen Geschichte am meisten verwirrte, war, daß meine Tante das einzige Mal, daß sie mit wirklichem Genuß Liebe gemacht hatte, schwanger geworden war, und die anderen Male, sicherlich viele, nichts passiert war. Vielleicht brauchte sie die anderen Male nicht bestraft zu werden: Die wahre Strafe war, es zu tun. Jetzt träumte sie von nichts mehr, oder, besser gesagt, sie wollte vermeiden und sich daran hindern zu träumen, um nicht noch mal enttäuscht zu werden.
An diesem Punkt fragte sie mich, was ich über sie denke; ich antwortete ihr nicht, umarmte sie aber, und sie weinte. Ich hatte Lust, immer mehr Lust, ihr von ihrem Mann zu erzählen, und je mehr ich mir sagte, daß es nicht richtig sei, desto mehr dachte ich, daß es richtig ist.
Ich sagte es ihr schließlich, schroff und kurz, und vermied dabei Einzelheiten oder irgendwelche Kommentare, nur die Sache selbst, wie es passiert war. Ich weiß nicht, ob sie überrascht war; jedenfalls gefiel mir, daß sie keine Überraschung heuchelte.
Sie sagte: » Accussì porcu è? So ein Schwein ist er?« Dann dachte sie an mich und kam darauf, daß ich bei ihr zu Hause nicht sicher war.
Vielleicht war das der Anstoß, die wichtigste Entscheidung ihres Lebens zu treffen: dieses Haus zu verlassen, die beiden Töchter mit sich zu nehmen und sonst nichts als ein paar Lire und ihre neuen Träume. Ihre Augen strahlten, als sie mir diese Entscheidung mitteilte.
Und ich? Was sollte aus mir werden?
Meine Tante sagte, daß sie mich natürlich mitnehmen würde.
    Tags darauf gingen wir zu diesem Lillo, zu »seiner Bank«, wie meine Tante sagte, um ihm die Nachricht mitzuteilen. Meine Tante war sehr nervös, obwohl sie alles tat, das zu verbergen. Seit acht, als sie mich geweckt hatte, hatte ich sie mindestens zehn Zigaretten rauchen sehen, und es war erst zehn Uhr. Sie war entschlossen, redete mit sicherer und scheinbar ruhiger Stimme, aber kaum waren wir vor der Glastür angekommen, begann sie zu zittern und sagte immer wieder, wir sollten besser wieder nach Hause gehen, weil die Dinge auf weniger drastische Weise in Ordnung kommen konnten. Ich begriff den Grund für ihren plötzlichen Stimmungs- und Meinungsumschwung nicht und führte ihn auf die Bedeutung des Schritts, auf seine Schwere zurück, unter Berücksichtigung der Umgebung, in der sie lebte.
Den wahren Grund begriff ich, als die Tante mit diesem Lillo sprach. Er war wirklich ein schöner Mann, sehr jugendlich und ansehnlich, mit einem wirklich sehr sinnlichen Mund. Als er die Tante hereinkommen sah, stürzte er zur Tür, sagte, sie solle ein paar Minuten warten, dann kam er zurück und hatte eine Stunde freigenommen.
Wir gingen in die Bar, und er fragte, wer ich sei und wieso sie mich mitgebracht habe; die Tante antwortete nur, ich sei ihre
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