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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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befallen«, kommentiert Funi die eingegangene Strafanzeige.
    »Einfach so?«
    »Komisch, was? Und nicht nur diesem armen Kerl, der Anzeige erstattet hat. Angeblich gab es in den letzten Jahren mehr als dreißig ähnliche Fälle, was zusammen Hunderte von Schneide –, Backen- und Eckzähnen ergibt.«
    »Was Sie nicht sagen«, meint Corsari, ohne besonderes Interesse an diesen Erkenntnissen zu zeigen.
    Funi, dem diese Gleichgültigkeit nicht entgeht, erwidert: »Manche Leute ziehen wirklich aus allem Profit, ohne die geringsten Skrupel. Wenn man nicht ständig aufpasst, wird man überall nach Strich und Faden betrogen.«
    »Verstehen Sie eigentlich immer den wahren Grund, warum bestimmte Dinge getan werden?«, philosophiert Corsari.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht.«
    »Normalerweise vertraue ich Menschen«, kommt Funis etwas vorschnelle Antwort, während er überlegt, wie viel Vertrauen er so alltäglich sinnlos verschwendete. Dann fügt er hinzu: »Nach dem dritten Zahn hätte ich doch zumindest mal nachgehakt.« Er schluckt.
    Corsari blickt auf und sieht ihn an. »Nachgehakt? Neunzehn Zähne, wir sprechen quasi von einem gesamten menschlichen Gebiss. Vielleicht handelt es sich ja um einen Masochisten, der sich jetzt als Betrugsopfer ausgibt.«
    »Fünfzehn Jahre lang nichts als Masochisten, Herr Kommissar? Immerhin hat der angebliche Zahnarzt auf Nachfragen des Patienten die Notwendigkeit der Zahnentfernung mithilfe einer genauen Pathologie des Zahnfleisches nachgewiesen.«
    »Und wo genau befindet sich jetzt unser lieber Herr Doktor?«, fragt Corsari.
    »Drüben, er wartet.«
    »Dann soll er mal schön warten.« Corsaris Blick kehrt wieder zu seiner Zeitschrift zurück, die er gelangweilt durchblättert.
    Funi steht auf und will schon das Zimmer verlassen, als er sich noch einmal umdreht. »Er wartet allerdings schon eine ganze Weile, Herr Kommissar.«
    Corsari antwortet nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit ist auf ein bestimmtes Foto gerichtet. »Haben Sie das schon gesehen?« Er zeigt dem Polizisten die Seite mit einer Großaufnahme von Maria Dolores.
    »Das erscheint jetzt überall. Wir müssen ihr dabei helfen, heil aus der Sache rauszukommen.«
    »Was wir wirklich müssen, ist arbeiten. Der Fall mit dem Mädchen auf der Brücke ist auch noch nicht abgeschlossen.«
    »Aber war das nicht Selbstmord?«, fragt Funi.
    »Sie litt bereits seit Langem unter schweren psychischen Störungen. Am Abend zuvor ist sie aus der Klinik abgehauen, wie mir der behandelnde Arzt erklärt hat. Niemandem war ihre Abwesenheit aufgefallen, aber es war auch nicht das erste Mal. Sie hatte bereits einen Selbstmordversuch hinter sich.«
    »Sie ist also aus der Klinik entwischt, um sich umzubringen?«
    »So ungewöhnlich ist das nicht. Ihre Knochen hat es übrigens zerbröselt wie Salzstangen. Man könnte meinen, je weniger man wiegt, desto weniger kann man sich auch brechen. Stattdessen: knacks. Komplett zerlegt.« Dann folgt sein zynisches Fazit: »Endlich hat sie es geschafft.«
    Funi blickt Corsari stirnrunzelnd an.
    »Erwarten Sie von mir nicht, dass ich den Scheinheiligen spiele«, kontert Corsari. »Wer zum Schöpfer will, soll gehen. Ich sehe keinen Grund, jemanden davon abzuhalten.«
    Etwas undifferenziert und aus dem Zusammenhang, aber klar auf den Punkt gebracht.

6
    Der Mann wirkt alles andere als aggressiv. Er ähnelt weder einem Schlächter noch einem Nazischergen. Er hat schlanke Hände mit gepflegten Fingernägeln. Von zierlicher Statur, blass und mit glattem, schütterem Haar, schaut er sein Gegenüber durch seine schmal umrandete, geputzte Brille mit offenem Blick an.
    »Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?« Pietro Corsari lässt sich bei seiner ersten Frage vom Instinkt leiten.
    »Das ist so eine Leidenschaft von mir. Schon immer«, antwortet der Mann.
    »Leidenschaft?«, klinkt sich Funi ein. »Zähne aufs Geratewohl herausreißen, bezeichnen Sie als Leidenschaft?«
    »Was heißt hier aufs Geratewohl? Die waren alle kaputt. Ich musste sofort handeln«, verteidigt er sich gekränkt.
    »Die Patienten haben zu Protokoll gegeben, dass sie Zweifel an der Notwendigkeit einer Prothese geäußert haben.«
    »Ich berufe mich auf die Studien eines renommierten chinesischen Professors, der diese Art von Prothese entwickelt und eingesetzt hat. Sie sind leicht, äußerst flexibel und extrem effektiv.«
    »Sie meinen die Gebisse, die Sie etwa dreißig Patienten eingesetzt haben, die kurz zuvor noch all ihre gesunden Zähne im
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