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Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Titel: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
Autoren: Lois Duncan
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irgendetwas nicht stimmte. So wurde er sonst nie begrüßt. »Was ist eigentlich los?«
    »Das besprechen wir lieber drinnen«, erwiderte Helen.
    Als er in den Flur trat, spürte er instinktiv, dass noch jemand in der Wohnung war. Er sah Helen fragend an.
    »Wir sind nicht allein?«
    »Nein. Julie ist auch da. Julie James.«
    »Im Ernst?« Er folgte Helen ins Wohnzimmer, wo das andere Mädchen auf dem Sofa saß. »Hi, Julie! Lange her. Wie geht’s dir?«
    »Hallo, Barry«, begrüßte Julie ihn förmlich.
    Er hatte sie hübscher in Erinnerung gehabt. Nicht dass sie jemals eine Schönheit wie Helen gewesen wäre, aber sie hatte ihr für seinen Geschmack eher durchschnittliches Aussehen immer mit ihrer mitreißenden Unbeschwertheit und einer Art innerem Strahlen wettgemacht. Davon war jetzt allerdings nichts mehr zu spüren. Ihre Augen wirkten in dem schmalen blassen Gesicht unnatürlich groß.
    »Hi«, sagte Barry noch einmal. »Schön, dich zu sehen. Aber hattest du uns nicht von deiner Freundesliste gelöscht?«
    »Ich bin aus einem bestimmten Grund hier.« Julies Blick wanderte an ihm vorbei zu Helen. »Hast du ihm nichts erzählt?«
    »Wovon redet ihr?«, fragte Barry ungeduldig. »Was soll die Geheimniskrämerei?«
    »Keine Geheimniskrämerei«, antwortete Julie schroff und deutete auf einen aus einem Notizblock gerissenen Zettel, der auf dem Couchtisch lag.
    Einen Moment lang sah Barry den Zettel an, ohne etwas zu begreifen. Als die Buchstaben darauf schließlich Sinn ergaben, blieb ihm kurz die Luft weg.
    »Was ist das?«
    »Das kam heute Morgen mit der Post«, antwortete Julie. »Der Umschlag steckte einfach zwischen den anderen Briefen. Ohne Absender.«
    »Ich weiß, was du …« , begann Barry laut zu lesen. »Aber das ist doch absurd! Wer sollte dir so eine Nachricht schicken?«
    »Ich habe keine Ahnung«, entgegnete Julie. »Aber ich habe sie bekommen.«
    »Hast du vielleicht irgendjemandem gegenüber mal etwas erwähnt?«
    »Kein Sterbenswort.«
    »Helen?« Er sah sie an. Ihr ebenmäßig geschnittenes Gesicht wirkte genauso ratlos wie das von Julie.
    »Ich habe auch nie mit jemandem darüber gesprochen.«
    »Gut. Ich auch nicht. Wenn sich also jeder von uns an den Pakt gehalten hat, bleibt nur, dass sich irgendjemand einen schlechten Scherz mit Julie erlaubt hat.«
    Die drei schwiegen einen Moment lang. Vom Swimmingpool drangen leises Stimmengewirr und Gelächter durch das geöffnete Fenster herauf. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte die Brünette in dem rot-weiß gestreiften Neckholdertop vor Barrys innerem Auge auf.
    Jetzt mit einem kühlen Bier in der Hand dort unten liegen und mit den süßen kleinen Dingern flirten, dachte er sehnsüchtig. Auf diese Scheiße hier habe ich jedenfalls definitiv keine Lust.
    »Der Brief ist bestimmt von Ray«, sagte er schließlich. »Wer soll es sonst gewesen sein? Wahrscheinlich wollte er dich bloß ein bisschen erschrecken.«
    »So etwas würde er niemals tun«, sagte Julie. »Und das weißt du auch.«
    »Ich weiß vor allem, dass du ihn ziemlich plötzlich abserviert hast. In der einen Sekunde wart ihr noch ein Herz und eine Seele und in der nächsten wolltest du noch nicht einmal mehr mit ihm reden. Vielleicht ist das seine Art, sich dafür zu rächen.«
    »Da schätzt du Ray völlig falsch ein. Außerdem …«, sie zeigte auf den Umschlag, der neben dem Notizzettel lag, »ist der Poststempel von hier. Die letzte Karte, die ich von Ray bekommen habe, wurde in Kalifornien abgeschickt.«
    »Ray ist aber wieder in der Stadt«, wandte Helen ein. »Ich habe ihn gestern gesehen.«
    »Du hast Ray gesehen?« Julie sah sie erstaunt an. »Wo?«
    »In dem kleinen Deli gegenüber vom Studio. Er kam gerade raus, als ich mir in der Mittagspause dort was kaufen wollte. Ich hätte ihn fast nicht wiedererkannt, so sehr hat er sich verändert. Er war total braun gebrannt und hatte einen Vollbart. Als ich mich noch einmal nach ihm umgedreht habe, hat er bloß kurz die Hand gehoben und ist dann weitergegangen.«
    »Na also, da haben wir den Beweis«, meinte Barry. »Wer außer ihm soll es denn sonst gewesen sein? Wahrscheinlich ist er einfach ein bisschen durchgedreht.«
    »Das glaube ich nicht.« Julie schüttelte den Kopf. »Ich kenne Ray besser als ihr, und ich sage euch, er würde so etwas niemals tun. Von uns allen ist er am schlechtesten damit klargekommen, als … es passierte. Er würde sich nie im Leben auf so eine Art darüber lustig machen.«
    »Julie hat recht«,
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