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Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Titel: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
Autoren: Lois Duncan
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EINS
    Der Brief lag neben ihrem Teller, als sie zum Frühstücken herunterkam. Rückblickend würde Julie sich deutlich daran erinnern. Ein quadratischer, schlichter Umschlag, auf dem handschriftlich, in nüchternen schwarzen Blockbuchstaben, ihr Name und ihre Adresse standen.
    An diesem Morgen hatte sie jedoch nur Augen für den anderen Brief – länglich, weiß und offiziell aussehend. Sie griff hastig danach, zögerte dann und blickte zu ihrer Mutter auf, die gerade aus der Küche kam.
    »Er ist da«, sagte Julie beklommen.
    »Willst du ihn nicht lesen?« Mrs James stellte die Kaffeekanne auf eine kleine Heizplatte. »Du wartest doch schon so lange darauf. Ich war mir eigentlich sicher, dass du ihn sofort aufmachst – noch bevor du dich überhaupt an den Tisch setzt!«
    »Jetzt wo es so weit ist, bin ich doch ziemlich nervös.« Mit einem angespannten Lächeln schob Julie den Zeigefinger unter eine der Ecklaschen und riss die obere Kante des Umschlags auf, dann nahm sie den zusammengefalteten Briefbogen heraus und strich ihn auf dem Tisch glatt.
    » Sehr geehrte Miss James« , las sie vor. »Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie angenommen … «
    »Oh Liebes!«, unterbrach ihre Mutter sie überglücklich. »Das ist ja wunderbar!«
    »Angenommen!«, rief Julie. »Mom! Sie haben mich genommen! Ich werde am Smith College studieren!«
    Mrs James kam um den Tisch herum und drückte ihre Tochter strahlend an sich.
    »Ich bin so stolz auf dich, Julie, und ich weiß, dein Vater wäre es auch. Hätte er es doch nur noch miterleben dürfen, aber … ach, es hat keinen Sinn, zurückzuschauen.« In ihren Augen begann es verdächtig zu glitzern. »Vielleicht weiß er es ja. Der Gedanke tröstet mich. Und wenn nicht, bin ich stolz genug für uns beide.«
    »Ich kann es noch gar nicht richtig glauben.« Julie schüttelte lächelnd den Kopf. »Nach der Aufnahmeprüfung hatte ich das Gefühl, total viele Fragen falsch beantwortet zu haben. Aber anscheinend habe ich doch mehr gewusst, als ich dachte.«
    »Alles andere hätte mich auch gewundert, so viel wie du im letzten Schuljahr gelernt hast«, entgegnete ihre Mutter. »Du hast dich in den vergangenen Monaten wirklich unglaublich verändert, Julie. Jede freie Minute hast du an deinem Schreibtisch gesessen und gebüffelt – ich habe dich gar nicht wiedererkannt. Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich mir fast ein bisschen Sorgen gemacht.«
    »Du hast dir Sorgen gemacht?«, sagte Julie überrascht. »Ich dachte, du hättest dir immer gewünscht, dass ich an deinem alten College studiere. Letztes Jahr hast du dich noch ständig darüber aufgeregt, dass ich nur mit meinen Freunden rumhänge, meine Zeit beim Cheerleader-Training verplempere und nie auch mal ein Buch in die Hand nehme.«
    »Ich weiß. Ich hätte nur einfach nicht erwartet, dass du eine solche Kehrtwende machen würdest. Ich kann dir sogar fast auf den Tag genau sagen, wann diese radikale Wandlung stattfand – nämlich kurz nachdem du mit Ray Schluss gemacht hattest.«
    »Mom. Ich habe dir doch gesagt, dass …«, Julie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sich in ihrem Magen schlagartig eine eisige Kälte ausbreitete, »… dass Ray und ich nicht offiziell Schluss gemacht haben. Wir hatten einfach beide das Gefühl, dass wir uns vielleicht ein bisschen zu oft gesehen und aufeinander konzentriert haben, und fanden, dass es besser wäre, wenn wir alles ein bisschen langsamer angehen würden. Zumindest eine Zeit lang. Und dann ist er weggezogen und damit hat sich unsere Beziehung von selbst erledigt.«
    »Aber dass du seitdem überhaupt nicht mehr ausgehst oder dich mit anderen Jungs triffst …«
    »Das stimmt doch gar nicht, Mom«, unterbrach Julie ihre Mutter ungeduldig. »Ich gehe immer noch aus, nur eben nicht mehr ganz so oft wie früher. Und heute Abend kommt Bud vorbei. Ich treffe mich also sehr wohl noch mit Jungs.«
    »Ja, schon, aber du kennst Bud erst seit Kurzem, außerdem ist er um einiges älter als du und viel erwachsener. Versteh mich nicht falsch, Liebes – ich bin wahnsinnig glücklich und stolz, dass du dir einen Platz an einer der besten Universitäten der Ostküste erarbeitet hast, trotzdem wäre es mir lieber gewesen, du hättest dir zwischendurch kleine Auszeiten gegönnt und ein bisschen Spaß gehabt. Das letzte Highschool-Jahr ist doch etwas Besonderes, und ich habe den Eindruck, dass du eine Menge verpasst hast.«
    »Tja, man kann eben nicht alles haben«, entgegnete
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