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Ich war seine kleine Prinzessin

Ich war seine kleine Prinzessin

Titel: Ich war seine kleine Prinzessin
Autoren: Nelly
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»Allô, enfance maltraitée«, eine
Beratungsstelle für mißhandelte und mißbrauchte Kinder, der an der Sendung
mitgewirkt hatte, bekam ebenfalls Hunderte von Zuschriften von Kindern, die
sexuell mißbraucht worden waren. Viele Fernsehzuschauer schrieben auch an
Tageszeitungen: »Bravo, Nelly! Man muß darüber reden! Man darf solche Dinge
nicht verschweigen! Wir waren tief erschüttert.« Eine Fernsehzeitschrift, die
sonst nie über gesellschaftspolitische Themen berichtete, sondern nur über
Film- und Fernsehstars, widmete dem Thema sexueller Mißbrauch von Kindern
gleich zwei Seiten, so groß war die Resonanz auf die Sendung unter den Lesern.
Einer Jugendlichen, die mit Wissen der Mutter von ihrem Vater seit Jahren
gefangengehalten worden war, gelang es sogar, eine Nachricht aus ihrem Gefängnis
zu schmuggeln. Sie hatte sich meine Sendung heimlich angeschaut. Das Jugendamt
wurde verständigt und das Mädchen befreit.
    Dieses Echo war einfach großartig: so
viele Zuschriften, so viele positive Reaktionen, so viele Leute, die auf das
Problem aufmerksam geworden waren und sich damit befaßten. Es war toll zu
erleben, wie Mädchen sich endlich überwanden und sich zu Wort meldeten. Auf
mich hat sich die Sendung und ihr Erfolg befreiend ausgewirkt. Ich habe mich
verändert. Die traurige, verschlossene, verschämte Nelly gehört der
Vergangenheit an. Ich laufe nicht mehr in geduckter Haltung, wie ein
geprügeltes Kind, durch die Gegend, sondern aufrecht, mit hocherhobenem Kopf.
Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich habe endlich wieder zu leben begonnen. Und
das sieht man mir an. Ich kann wieder lächeln. Ich will nicht mehr sterben. Ich
glaube, solche Fernsehsendungen können wirklich etwas bewegen.
    Allerdings gab es auch negative
Reaktionen. Das Thema scheint viele Leute unangenehm zu berühren, vielleicht
haben sie ein schlechtes Gewissen. Im Dorf reagierten manche ein wenig pikiert.
»Ich bin schockiert, daß man ein solches Thema zum Gegenstand einer
Fernsehsendung macht«, sagte der Bürgermeister. Damit hätte ich das ganze Dorf
in Verruf gebracht, behauptete er.
    Das war nicht meine Absicht. Ich liebe
dieses Dorf genauso wie er. Und ich habe nicht pauschal alle Einwohner
beschuldigt. Die Menschen dort sind nicht schlechter als anderswo.
Wahrscheinlich hätte ich überall die gleichen Erfahrungen gemacht. Das ist in
der Sendung auch zum Ausdruck gekommen. Aber da ich nun einmal in diesem Dorf
zu Hause war, habe ich Wert darauf gelegt, daß die Wahrheit dort, in erster
Linie dort, bekannt wurde. Ich habe geschildert, was ich dort erlebte, was ich
hörte und was ich dabei empfand. Wie ein Journalist von »VSD« treffend
geschrieben hatte: Das Wesentliche ist im Lauf der Sendung gesagt worden. Und
an den Namen des Ortes erinnerte sich bereits kein Mensch mehr.
    In der Presse überwogen die positiven
Stimmen. Es gab aber auch Kritik an meinem Fernsehauftritt, und einige gingen
mit den Machern der Sendung scharf ins Gericht. »Wieviel hast du für deinen
Fernsehauftritt bekommen?« wollte zum Beispiel ein junger Journalist aus Paris
wissen. Er war äußerst aggressiv, für meine Geschichte interessierte er sich
überhaupt nicht. Ich hatte kein Geld bekommen, ich wollte doch nichts damit
verdienen. Ich war kein Fernsehstar. Sinn der Sache war es gewesen, daß ich
über das Unrecht, das mir zugefügt worden war, sprechen und die Dinge
richtigstellen konnte. Da fragte er mich: »Willst du vielleicht zum Film?« So
ein Idiot!
    Eine Journalistin nannte meine
Geschichte in vorwurfsvollem Ton »sinister«. Als ich sie um eine Erklärung bat,
mußte sie passen. Im Wörterbuch fand ich unter dem Eintrag »sinister«: »düster,
zwielichtig, unheilvoll«. Ich habe sie mir leider nicht ausgesucht, meine
Geschichte. Und dabei war diese Journalistin selbst Mutter und Ehefrau! Ich
wünsche ihr, daß ihr Privatleben stets von sinistren Geschichten verschont
bleibt. Beruflich dürfte sie allerdings immer wieder damit konfrontiert werden...
    Einige Reporter wollten mich unbedingt
zu negativen Aussagen über die Fernsehsendung, über Reality-Shows im
allgemeinen und über das Team von »Mea culpa« bewegen. Jenes Team, das mich in
jeder Hinsicht unterstützt und mir seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt hatte
und zu dem ich heute noch, ein Jahr danach, gute Kontakte habe.
    In der Tat spiegelten die kritischen
Kommentare die Haltung jener Leute wider, für die ich die »kleine Schlampe«
gewesen war.
    Eine als intelligent geltende
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