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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul
Autoren: Herfried Loose
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Meldenden ab und bestimmte dann einen dicklichen Jungen zu seinem Paten, der ihm genau gegenüber saß und bisher besonders teilnahmslos dreingeblickt hatte. 
       »Julius Kranz wird sich um dich kümmern, Ralf.«
       »Aber, ich hab mich doch gar nicht gemeldet!«, protestierte dieser mit hoher Fistelstimme. Alles lachte. 
       »Eben drum, Julius. Eben drum. Weise Ralf vernünftig in den Schulablauf ein! Du bist mir persönlich dafür verantwortlich, dass er innerhalb der nächsten vier Wochen mit unserem Schulbetrieb vertraut ist. Du weißt, dass ich da keinen Spaß verstehe. Sind wir uns einig?«
       »Jaaa, Frau Böhmer.«
       »Na, dann ist ja gut. Wo waren wir stehen geblieben? Dorothé, gib uns ein Stichwort!« Die Angesprochene antwortete, wie aus der Pistole geschossen: »Wir waren bei der Konjugation der unregelmäßigen Verben stehen geblieben, Frau Böhmer!«
       »Womit wir wieder beim Thema wären..., danke Dorothé!«
     
    In der ersten kleinen Pause kam Lorenz Glückstetter auf ihn zu. »Hi, Ralf. Na, wie findest du die Böhmer?«
       »Ganz cool!«
       »Ja, nicht? Aber die ist wirklich Klasse - finden alle! Wir sehen uns.« Schon schlenderte er lässig weiter zu einer anderen Gruppe von Jungen, die nicht zu ihrer Klasse gehörten. Ralf schlenderte aufmerksam über den noch fremden Schulhof. Überall standen Grüppchen von Schülern oder Schülerinnen herum und hatten sich Wichtiges zu erzählen. Die Lautstärke der vielen Stimmen war beträchtlich. An den gläsernen Türen, die vom Schulgebäude auf den Hof führten, hatte er farbige Poster gesehen mit den Gesichtern  der Schüler, die als so genannte Streitschlichter ausgebildet waren und als erste Ansprechpartner bei Zwistigkeiten dienten.
       Das erinnerte Ralf wieder unangenehm an diesen ominösen Maik, vor dem ihn Lorenz gewarnt hatte. Er wusste selber nicht, warum er wegen dieses Typen ein so ungutes Gefühl hatte.
       In einer Ecke des Pausenhofes sah er seinen Paten im Gespräch mit einem anderen Jungen aus der Klasse stehen. Ralf näherte sich ihnen. Die Gesichter der beiden wandten sich ihm zu. »Hallo!«, wandte sich Julius mit seiner unangenehm hohen Stimme an ihn. »Wir müssen uns dann mal zusammensetzen und sehen, was du für Fragen hast. Das hier ist Kevin!«
       »Hi«
       »Hi« Kevin musterte ihn abschätzend, schob seinen Kaugummi in die andere Backentasche und wollte gleich wissen: »Spielst du Fußball?«
       »Hm!«
       »Super, uns fehlt noch ein Verteidiger in der Mannschaft! Spielst du im Verein?«
       »Ja, bisher bei...«
       »Welche Position?«
       »Meistens als Libero, manchmal auch im Sturm!« Ralf konnte sehen, wie er in der Achtung seines Gegenübers stieg.
       »Da müssen wir noch drüber reden.« Die ersten Schüler setzten sich bereits in Bewegung und strebten wieder dem Schulgebäude zu, als auch bereits der Gong ertönte, der das Ende der Pause anzeigte. »Wir haben jetzt Mathe bei Herrn Broderkamp - Binomische Formeln «, ließ ihn Julius wissen, während er neben ihm her trottete.
     
    Die sechs Schulstunden gingen erstaunlich schnell vorüber. Viel Neues musste von Ralf verarbeitet werden. Eigentlich war sein erster Eindruck ziemlich erfreulich, denn alle zeigten sich ihm gegenüber freundlich und aufgeschlossen. Mit dem Unterrichtsstoff würde er wohl auch zurechtkommen; sie standen ungefähr an derselben Stelle des Lehrplanes wie an seiner alten Schule. Allerdings schien hier ein anderer Geist zu herrschen: Alles strahlte mehr Ernsthaftigkeit, Disziplin und Strenge aus. Auch die Ansprache durch die Lehrer war eine andere als er es bisher gewohnt war.
       Julius hatte ihm bereits einen Sitzplan gezeichnet, so dass Ralf die Namen seiner Klassenkameraden an deren Sitzposition ablesen konnte. Auch einen Stundenplan mit den Namen der unterrichtenden Lehrer bekam er von ihm. Der Plan war leicht zu merken; jeden Tag sechs Stunden - das volle Programm!
       Für den nächsten Tag hatte Julius einen Termin für die Schulbuchausgabe vereinbart, wo Ralf die Bücher-Grundausstattung, die von der Schule gestellt wurde, übernehmen sollte. Also, eigentlich hatte er sich den ersten Tag schlimmer vorgestellt. Die Erleichterung über diese Erkenntnis, ließ ihn beschwingt mit dem Fahrrad nach Hause fahren.
       Er fuhr allein und kam auf seinem Weg an dem Buswartehäuschen vorbei, in dem er Karl dem Großen begegnet war. Jetzt wartete nur eine alte Dame auf den nächsten Bus. Er
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