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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul
Autoren: Herfried Loose
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dass es da so ein Arschloch...«
       »Ralf! Ich muss doch sehr bitten!«
       »... na, dass es da so einen Typen geben soll, vor dem alle Angst haben. Der sollte schon ein paar Mal von der Schule fliegen, aber sein Vater soll ein großes Tier in der Stadtpolitik sein, und so ist ihm immer nichts passiert.«
       »Na, dann nimmst du dich eben vor dem in Acht und gehst ihm aus dem Weg. Wird ja wohl bei den vielen Schülern, die da zur Schule gehen, möglich sein. Solchen Leuten geht man aus dem Weg und schon hast du nichts zu befürchten. Also, kein Grund zur Sorge, Schatz!«
     
    Seine Mutter hatte gut reden. Irgendwie hatte er die böse Vorahnung, dass er diesem Maik, der Name hatte sich sofort in sein Hirn gebrannt, nicht würde aus dem Weg gehen können. In seiner alten Schule hatte es auch so einen Typen gegeben, der alle tyrannisierte und abzog. Nur, dass er dort von seinen Fußballfreunden, die in dieselbe Schule gingen, geschützt war, weil sie stark genug waren und sich gegenseitig verteidigten. Hier, in dieser Stadt, war er mutterseelenallein, und er wusste, wie schnell man von solchen Schlägern zum Opfer auserkoren werden konnte.
     
       »Morgen kannst du noch einmal ausschlafen. Ich fahre nach dem Aufstehen gleich zum Einkaufen. Danach mache ich uns ein leckeres Frühstück, und dann haben wir noch ein bisschen Zeit füreinander, okay? Ich gehe ja erst abends auf die Party meiner neuen Kollegin. Weißt du schon, was du dann machen wirst?«
       »Nö, wahrscheinlich Glotze gucken. Soll auf RTL einen guten Horrorfilm geben.«
       »Kannst du dir nichts Netteres ansehen als Horror? Ist ja widerlich!«
       »Mutti, du bist zu weich. Das ist eben nur etwas für Männer!«
     
    Seine Mutter lachte spöttisch, und das ärgerte ihn.  

Kapitel 3
 
    Die Flure waren erfüllt vom Lärm der vielen Schülerinnen und Schüler. Ralf stand pünktlich um zwanzig nach sieben Uhr vor dem Schulbüro. Die Tür war abgeschlossen und nun stand er ratlos da und wusste nicht, was er machen sollte. Seine Mutter hatte ihm ausdrücklich eingeschärft, sich pünktlich in dem Büro bei Frau Ullstein zu melden. Mit ihr hatte sie vor den Ferien auch die Formalien der Umschulung besprochen.
       Unschlüssig blickte er sich um, wurde immer wieder angerempelt von den zu ihren Klassenzimmern eilenden Mitschülern. Niemand nahm Notiz von ihm. Das fing ja gut an! Die angrenzende Tür zu seiner Rechten wurde gerade von einem Lehrer aufgeschlossen, der ihm freundlich zulächelte und dann dahinter verschwand. Ralf entschloss sich zu warten.
       Er wusste ohnehin nicht, wo sich seine Klasse befand und ob der Unterricht in festen Räumen oder in wechselnden Klassenzimmern stattfand. Endlich, der Schülerstrom verebbte mittlerweile, während der Gong, der den Unterrichtsbeginn anzeigte, ausklang.
       Nun eilte eine Dame mittleren Alters mit wehendem Mantel auf das verschlossene Büro zu. Sie nickte ihm zu und schloss die Tür auf, er schlüpfte hinter ihr hinein. Sie brauchte nur wenige Sekunden, um ihren Mantel in die Garderobe zu hängen und sich noch einmal vor dem kleinen Spiegel mit den Händen durchs Haar zu fahren.
    In dem Schulsekretariat stand ein kleiner Tresen, vor dem er nun geduldig wartete. Links und rechts von ihm führte jeweils eine Tür zu angrenzenden Nebenräumen. Die eine in Richtung des Herrn, der ihm zuvor zugelächelt hatte, war geschlossen, die andere stand offen und gab den Blick frei auf einen großen Raum mit mächtigem Tisch und vielen leeren Stühlen davor.
       Ralf nahm an, dass es sich um das Lehrerzimmer handelte. Im Hintergrund konnte er eine kleine Küchenzeile erkennen. »Nun?«, wurde er von der freundlichen Stimme der Schulsekretärin aufgefordert, sein Anliegen vorzutragen. Nachdem sie sich seinen Namen notiert hatte und daraufhin in irgendwelchen Unterlagen blätterte, nickte sie und sagte: »Warte einen Augenblick. Ich will mal sehen, ob unser Schulleiter, Herr Burgmann, einen Augenblick Zeit für dich hat.« Ach herrje - auch das noch! Sie verschwand hinter der Tür und Ralf hörte undeutliches Stimmengemurmel, dann wurde sie wieder geöffnet und Frau Ullstein bat ihn herein.
       »Na mein Junge?« Es war der Herr, der ihm vor wenigen Minuten zugelächelt hatte, der sich jetzt hinter seinem Schreibtisch erhob und ihm entgegenkam. Ich bin der Direktor, Axel Burgmann, und heiße dich an unserem Gymnasium auf das Herzlichste willkommen, Ralf! Er gab ihm die Hand und deutete auf den
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