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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel
Autoren: Tom Sharpe
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    »Gott, was für ein Tag«, stöhnte Wilt, als er und Peter Braintree bei einem Bier im Garten des Duck and Dragon saßen und einem Ruderer nachsahen, der in seinem Boot den Fluss hinabglitt. Es war Sommer, und die Abendsonne glitzerte auf dem Wasser. » N ach dieser verdammten Krisensitzung musste ich Johnson und Miss Flour erst einmal beibringen, dass sie den Einsparungen zum Opfer fallen und ihre Jobs los sind. Und nachdem man mir erst gesagt hatte, die Computerabteilung werde den Stundenplan erstellen und ich müsse mich nicht mehr darum kümmern, schickt mir der stellvertretende Direktor heute ein Memo, in dem steht, es gebe irgendeinen Fehler in dem Programm oder so was, und ich dürfe es wieder selbst machen.«
    »Man sollte meinen, wenn ein Computer für etwas gut ist, dann dafür, Kurse einzuteilen und in die richtigen Räume zu stecken. Das hat doch nur was mit Logik zu tun«, sagte Braintree, Fachbereichsleiter Englisch.
    »Logik, dass ich nicht lache. Versuch mal, Mrs. Robbins mit Logik zu kommen. Sie will nicht in Raum 156 unterrichten, weil Laurence Seaforth gleich nebenan in 155 ist und ihre Stimme nicht gegen den Heidenlärm ankommt, den sein Theaterkurs veranstaltet. Und Seaforth will nicht umziehen, weil er schon seit zehn Jahren in dem Raum ist und es nirgendwo eine bessere Akustik gibt, um«Sein oder Nichtsein»oder die Rede Heinrichs des Fünften in Azincourt in voller Lautstärke zu deklamieren. Versuch mal, das von einem Computer berücksichtigen zu lassen.«
    »Das ist der Faktor Mensch. Ich hatte die gleichen Probleme mit Jackson und Ian Wesley. Sie sollen dieselben Klausuren zensieren, und wenn Jackson einer Arbeit eine gute Note gibt, erklärt Wesley unweigerlich, sie sei hundsmiserabel. Immer wieder der Faktor Mensch.«
    »In meinem Fall eher der Faktor Unmensch«, sagte Wilt.
    »Ich habe mich breitschlagen lassen, Ms. Lashskirts Kurs über ›Geschlechtsspezifisches Durchsetzungstraining‹ zu unterrichten, weil der Fachbereich Soziologie sich geweigert hat, sie zu übernehmen und sie deshalb nun schon seit einem Monat krank feiert. Versuch du mal, mit fünfzehn voll entwickelten Schülerinnen klarzukommen, die wild entschlossen sind, ihr Durchsetzungsvermögen unter Beweis zu stellen, und die nicht erst lernen müssen, wie man das macht. Ich verlasse diesen Kurs immer als gebrochener Mann. Letzte Woche habe ich blöderweise gesagt, Frauen seien bei Ausschussberatungen erfolgreicher als Männer, weil sie pausenlos redeten. Damit hatte ich wahrlich in ein Wespennest gestochen. Und als ich an dem Tag nach Hause kam, machte mir auch noch Eva die Hölle heiß. Warum meint heutzutage jeder, man müsse so verdammt aggressiv sein? Sieh dir das an.«
    Eine Motorbarkasse war um die Flussbiegung gekommen und hatte das Boot des einsamen Ruderers unter Wasser gesetzt. Er zog es ans Ufer, um es auszuschöpfen.
    »Auf dem Fluss gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung, und die hat dieser Mistkerl überschritten«, sagte Braintree.
    »Bei uns zu Hause gilt eine zeitliche Ausgehbegrenzung, und die überschreite ich gerade«, sagte Wilt. »Außerdem bekommen wir heute noch Besuch. Egal. Wenn ich mich ohnehin verspäte, kann ich mir genauso gut noch ein Bier genehmigen, um das Donnerwetter abzufedern.«
    Er stand auf und betrat den Pub.
    »Wer kommt denn heute Abend?«, fragte Braintree, als Wilt mit zwei großen Bieren zurückkam.
    »Die üblichen Verdächtigen. Mavis und Patrick Mottram, außerdem Elsa Ramsden mit einem neuen Jünger, der schreibt und Gedichte rezitiert, nehme ich an. Nicht dass ich mich daran beteilige. Ich muss schon tagsüber genug Mist über mich ergehen lassen.«
    Braintree nickte. »Kürzlich haben mich La Lashskirt und Ronnie Lann im Lehrerzimmer bearbeitet, ich sollte das Bewusstsein der Schüler in Richtung Multisexualität erweitern. Ich erwiderte, meine Schüler seien multisexuell viel bewusster, als ich es bin oder jemals war, außerdem hätte ich Vorbehalte, das Thema Sexualität so sehr in den Vordergrund zu stellen. Lashskirt möchte einen Kurs über Oralsex und klitorale Stimulation für Kindergärtnerinnen abhalten. Ich sagte nur: zum Teufel damit.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mrs. Routledge damit einverstanden ist. Sie wird ausrasten.«
    »Ist sie schon. Und noch dazu gegenüber dem Direktor bei der Personalversammlung«, sagte Braintree. »Hat gemeint, sie würde die Angelegenheit dem Schulamt zur Kenntnis bringen, mal sehen, wie denen das
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