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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel
Autoren: Tom Sharpe
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vergessen.«
    »Nein, hab ich nicht.«
    »Du hast also diese schrecklichen Bücher mitgenommen?«
    Wilt musterte kläglich die Bücher in dem Regal und musste zugeben, dass er sie zurückgelassen hatte. »Ich wollte doch nur vierzehn Tage wegbleiben.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Diesmal war Wilts Seufzen nicht zu überhören. Es war unmöglich, ihr seinen Wunsch zu erklären, das wahre England zu suchen, ohne sich von irgendwelchen literarischen Assoziationen leiten zu lassen. Eva würde das nie begreifen und mit ziemlicher Sicherheit annehmen, es gehe um eine andere Frau.
    »Annehmen« war das falsche Wort: Für sie stünde es fest. Wilt ging in die Offensive.
    »Was hat euch so schnell aus Wilma zurückkehren lassen? Wolltet ihr nicht sechs Wochen drüben bleiben?«, fragte er.
    Eva zögerte. Im Grunde litt sie an einer selbst auferlegten Amnesie, was die Ereignisse in Wilma anging, und nach Hause zu kommen und zu erfahren, dass Henry überfallen worden war, im Krankenhaus lag und sie nicht erkannte, war so traumatisch gewesen, dass ihr keine Sekunde Zeit blieb, darüber nachzudenken, was Onkel Wallys Infarkt verursacht und Tante Joan dazu gebracht hatte, so unfreundlich zu werden und sie samt den Vierlingen rauszuwerfen. Sie konnte nur die Antwort bieten, sie hätten zurückkommen müssen, weil Wally Immelmann zwei Herzinfarkte erlitten habe.
    »Bei dem Kerl verwundert einen das nicht«, sagte Wilt.
    »Wenn man an den Tag denkt, als er in der Tavern in the Park sein Steak mit Wodka runterspülte und sich anschließend diesen Mörderdrink genehmigte, den er Nagelbett nannte, überrascht es mich, dass er noch so lange gelebt hat.«
    Und mit dem heiteren Gedanken, dass der grässliche Wally endlich seine wohlverdiente Quittung bekommen hatte, ging er in sein Arbeitszimmer und machte einen langen und alles andere als schmeichelhaften Eintrag über Mr. Immelmann in sein Tagebuch. Hoffentlich war es der Nachruf für den Mistkerl.

37
    In den zwei getrennten Schlafzimmern, die sie in der Oakhurst Avenue 45 bewohnten, stellten die Vierlinge Dossiers für Miss Sprockett zusammen, die, falls sie Onkel Wally unter die Augen gekommen wären, ihm garantiert den Rest gegeben hätten.
    Josephine konzentrierte sich auf sein Verhältnis mit Maybelle unter besonderer Berücksichtigung des »erzwungenen widernatürlichen Geschlechtsverkehrs«; Penelope, die eine natürliche Begabung für Mathematik und Statistik hatte, listete gewaltige Lohnunterschiede zwischen Weißen und Schwarzen bei Immelmann Enterprises und anderen Unternehmen in Wilma auf; Samantha beschäftigte sich mit den Hinrichtungszahlen in verschiedenen Bundesstaaten und gab Wallys dezidierte Meinung wieder, man sollte öffentliche Hinrichtungen durch Erhängen sowie Auspeitschen obligatorisch zur Hauptsendezeit im Fernsehen übertragen; und schließlich beschrieb Emmeline seine Waffensammlung und deren Verwendung in einer Sprache, die dazu angetan war, die Lehrerinnen auf der Klosterschule in Schrecken zu versetzen, vor allem Wallys Beschreibung von Flammenwerfern und dem »Japse-Grillen«.
    Alles in allem stellten sie sicher, dass das Chaos, das sie in Wilma angerichtet hatten, noch durch die verständliche Abscheu verstärkt würde, die ihre Dossiers bei den Eltern der Klosterschülerinnen und bei ihren Freundinnen in Ipford hervorrufen würden.
    Auf dem Polizeirevier hatte auch Inspektor Flint seinen Spaß, als er Hodge und die beiden Männer von der amerikanischen Botschaft herunterputzte.
    »Genial«, sagte er. »Sie kommen mit Hodge hier rein, weisen sich weder ordnungsgemäß aus noch erklären Sie, warum Sie da sind, und erwarten, dass ich einen Kotau vor Ihnen mache. Und jetzt kommen Sie wieder her und erzählen mir, es gebe nicht die Spur eines Beweises für irgendwelche Drogen im Haus dieses Immelmann. Hören Sie zu, ich verrate Ihnen was, das hier ist nicht die Golfregion, und ich bin kein Iraker.«
    Als er sich seinen Ärger von der Seele geredet hatte, war er guter Laune. Was sich von den Amerikanern nicht behaupten ließ, aber sie konnten nichts entgegnen. Als sie gingen, hörte Flint, wie sie ihn einen arroganten Briten nannten und, das war das Beste, Hodge vorwarfen, sie getäuscht zu haben. Er ging runter in die Kantine und trank einen Kaffee. Zum ersten Mal konnte er Wilts Weltsicht würdigen. Trotz des auf Ruth Rottecombe ausgeübten Drucks behauptete sie immer noch steif und fest, nicht zu wissen, wer – wenn überhaupt jemand – ihren
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