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Ich übe für den Himmel

Ich übe für den Himmel

Titel: Ich übe für den Himmel
Autoren: Patmos
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traust.«
    Als wir uns vor dem Loch in der Hecke Auge in Auge gegenüberstehen, stelle ich fest, dass ich größer bin als er. Um einige Zentimeter. Immerhin. Das macht mir erst recht Mut. Doch dann fällt mir der kranke Tommy ein. Wieso vergeude ich eigentlich meine Energie an so einen Schlaffie wie den aufgezwirbelten Lackaffen da vor mir?
    »Du kannst mich kreuzweise. Lass uns in Ruhe. Schenk deiner Schwester ein Glas mit flüssigen Popeln, gibt es im Spaßladen auf Sankt Pauli. Dann braucht sie nicht ständig in der Nase zu bohren. Die bricht sich sonst den Finger noch ab.«
    Ich will mich umdrehen und wieder vorsichtig an der Blumenwiese entlang zu Eddie gehen, als die Küchentür aufgeht und Opa herauskommt. Er trägt seinen gestreiften, dunkelblauen Finkenwerder Fischerkittel und die Prinz-Heinrich-Mütze. Opa hat nur ganz selten ein normales Oberhemd an. Höchstens an Sonn- und Feiertagen und dann auch noch ungern. Ohne seine Mütze habe ich ihn so gut wie nie gesehen. Oma trippelt hinterher, mit blütenweißer Küchenschürze, weil sie garantiert einen leckeren Kuchen für uns backen möchte. Wir nehmen uns in die Arme und Opa sagt furchtbar laut: »Ist ja doll was los in eurer Straße. Zieht ein reicher Pinkel ein, scheint mir. Junge, Junge, hast du die Möbel schon gesehen, Isha? Ist was für das Stadtpalais vom Ersten Hamburger Bürgermeister.«
    Oma und Opa haben die zwei auf der anderen Seite der Hecke noch nicht entdeckt. Ich aber kann die beiden genau beobachten.
    »Soll ich einen Erdbeerkuchen backen?«, fragt Oma. »Oder darf es eine große Pizza sein?« Gut, dass sie gekommen sind. Wer weiß, vielleicht hätte ich doch noch draufgehauen. Ich merke, wie dem Jungen und seiner Schwester die Kinnladen runterklappen, als sie sehen, wie Opa, Oma, Eddie und ich Hand in Hand in der Sonne zur Küchentür gehen. Vorsichtig durch die kniehohen Blumen watend, lachend.
    Ich sehe noch mal über meine Schulter zurück und wünsche mir, dass sie vor Eifersucht platzen. Die gucken ganz schön blöd aus der Wäsche. Tausend Umzugskartons backen keinen Kuchen wie unsere Oma.
    Oma will zwei riesige Pizzas backen, damit Mama und Papa, wenn sie nach Hause kommen, gleich auch etwas zu essen haben.
    »Geht doch so lange in den Garten, das Wetter ist einfach zu schön.« Oma möchte jetzt allein in der kleinen Küche wirtschaften.
    Also gut, gehen wir wieder zurück in den Garten, in den Schatten. Hoffentlich stehen die Neuen von nebenan nicht mehr am Loch in der Hecke. Für heute reicht es mir.
    Opa hat sich einen Klappstuhl unter den Arm geklemmt, weil er genau weiß, wo unser Lieblingsplatz ist. Eddie und ich klettern wieder auf Tante Antje, Opa klappt seinen Stuhl aus und setzt sich zu uns.
    »Und? Ihr habt was auf dem Herzen, merke ich doch.«
    Opa sagt selten ein Wort zu viel. »Habe ich von den Fischen gelernt. Die reden auch nicht viel. Höchstens, wenn sie lebendig in heiße Butter oder das kochende Wasser geworfen werden.« Seemannsgarn kenne ich von ihm. Ich mag seine Sprüche trotzdem.
    »Wir haben die Neuen schon gesehen«, fängt Eddie an.
    »Den Jungen und das kleine rosa Mädchen und auch ein bisschen die Eltern mit den roten Köpfen. Aber die haben wir mehr gehört als gesehen.«
    »Was ist mit den Kindern? Haben sie grüne Haare?«
    »Nee, aber anders als wir sind sie schon«, sagt Eddie.
    »Wie denn anders?«
    »Sie tragen teure Kleidung und nennen uns Spastis«, antworte ich.
    »Was sagst du da?« Opa setzt sich gerade hin, hebt seine Mütze an und kratzt sich auf dem Kopf wie sein Sohn Bodo.
    »Das haben die aber doch nicht ohne Grund gesagt, oder? Was ist da zwischen euch passiert?«
    Ich versuche Opa von unserer ersten und zweiten Begegnung zu erzählen, möglichst ohne zu übertreiben oder zu lügen. Gar nicht so einfach.
    »So, so«, sagt Opa nur. »Ihr habt also versucht, euch gegenseitig fertigzumachen.«
    »Ja«, bestätigt Eddie, »die wollten uns aber noch mehr platt machen als wir sie. Und dann seid ihr gekommen und Isha hat zum Glück nicht zugehauen.«
    »Wolltest du das?«, fragt Opa und seine wasserblauen Augen sehen mich so fest an, dass ich mich nicht verstellen kann. Da nützt mir auch meine rote Nase nichts, die ich mir gerade wieder übergestülpt habe. Opa kennt meine Tricks.
    »Raus mit der Sprache.«
    »Ich war kurz davor.«
    »Bringt nix.«
    »Weiß ich, habe es ja auch nicht getan.«
    »Und wie seid ihr auseinander gegangen?«
    »Hab ihm gesagt: Du kannst mich kreuzweise. Und
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