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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)
Autoren: Babak Rafati
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daran, denn er wollte keine durchgeklonten »Lieblinge« für die Bundesliga programmieren, sondern Persönlichkeiten als überragende Spielleiter. Roth sagte es nicht nur, sondern stand dazu und handelte danach, dass ein Schiedsrichter nicht unfehlbar sein könne – was ich später noch bitter vermissen sollte. Er schützte seine Schiedsrichter in der Öffentlichkeit, wenn sie zu Unrecht kritisiert wurden, und das machte uns stark.
    Als ich am 26. August 2007 im Zweitligaspiel Alemannia Aachen – Kickers Offenbach von einem Reporter in einer Szene während der Livekonferenz kritisiert wurde, ließ Volker Roth noch während der laufenden Berichterstattung einen seiner Mitarbeiter in der Redaktion anrufen. Der Reporter solle sich bitte revidieren, da er die Regel völlig falsch und zu Lasten des Schiedsrichters ausgelegt hätte. Der Chefredakteur informierte seinen Reporter und in der anschließenden Zusammenfassung stellte dieser alles wieder klar. Das war kein Eingriff in die redaktionelle Freiheit. Roth hatte eine nachweisbare Falschinformation zu meinen Lasten umgehend richtiggestellt. Ich erfuhr von dieser Geschichte erst Monate später, als der besagte Reporter mich wieder traf und mir diese Story erzählte und sich für seinen Irrtum entschuldigte. Auch das war Roth. Tue Gutes und sprich nicht darüber. Für ihn war das eine Selbstverständlichkeit.
    Mit der gleichen Souveränität ignorierte er auch stets Beschwerdebriefe von Vereinsvorsitzenden gegen seine Spitzenschiris. Besonders heftige Beschwerden konterte Roth, indem er den kritisierten Schiedsrichter erst recht für die folgenden Topspiele des betreffenden Vereins ansetzte, womit er die Vereinsvorstände zur Verzweiflung trieb – ihm aber in der DFL nicht gerade Sympathien einbrachte – was sich noch rächen sollte. Selbst Krug genoss damals als aktiver Schiedsrichter unter Roth als Schiedsrichter-Boss diesen uneingeschränkten Schutz. Als Uli Hoeneß von Bayern München, den ich heute noch sehr schätze, einmal über Krug heftig schimpfte und diesen für zukünftige Spiele der Bayern ablehnte, pfiff Krug trotz dessen ein halbes Jahr später erneut ein Spiel der Bayern. Roth vertrat die klare Meinung, dass das System Schiedsrichter unabhängig sei und sich von niemandem reinreden lassen dürfe.
    Das war Volker Roth in meiner Erinnerung. Und dieser Mann sollte jetzt gehen. Roth selbst vermutete wohl damals nicht zu Unrecht Heckenschützen weit oben aus dem Bereich der DFL, wo bekanntlich auch Roths Gegenspieler Hellmut Krug seine Strippen zog. Nur wenige Details dieser Intrigen sind in die Öffentlichkeit gelangt. In dieser Hinsicht führt die heutige Schiedsrichterkommission ihre Schiedsrichter tatsächlich wie einen Geheimbund. Roths Schiedsrichter haben zum Beispiel – was kaum bekannt ist – noch den Versuch unternommen, mit einer Petition an das DFB-Präsidium und Theo Zwanziger Roths Entlassung zu verhindern. Ich zitiere aus dieser Petition, weil sie so gut beschreibt, wie sehr die Arbeit Volker Roths – bis auf wenige Ausnahmen – von der Gesamtheit der Schiedsrichter geschätzt wurde:
    »Mit Bestürzung und Unverständnis haben wir die (medialen) Rücktrittsforderungen an den Vorsitzenden des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses, Volker Roth, vernommen. Einstimmig bekennen wir uns hiermit zur hervorragenden Arbeit und zum Führungsstil von Volker Roth. Die hohe Wertschätzung der deutschen Schiedsrichter im Ausland – dokumentiert durch die Leitung mehrerer internationaler Endspiele in den vergangenen Jahren und nahezu wöchentlichen Anforderungen zu Spielleitungen in anderen nationalen Ligen – ist nicht zuletzt ein Verdienst des Wirkens von Volker Roth in den letzten eineinhalb Jahrzehnten. Wir fühlen uns von Volker Roth mit Weitsicht, hoher Fachkompetenz, respektvoll, tolerant und unabhängig geführt, vertreten und begleitet. Für Volker Roth steht immer die Sache im Vordergrund, nicht die eigene Person. Sein Ansinnen ist es immer, dem Fußball, den Vereinen und den unzähligen Fans, in der Spitze und in der Breite bestmöglich ausgebildete Schiedsrichter für die Leitung der Spiele zur Verfügung zu stellen. Dass wir Schiedsrichter als Sportler und Menschen dabei Situationen auf dem Spielfeld auch falsch wahrnehmen und einschätzen, liegt in der Natur der Sache. Volker Roths Bestreben ist es immer, die Qualität der Schiedsrichter zu verbessern, zu optimieren und eine einheitliche Regelauslegung zu erzielen. Unser einstimmiger Wunsch
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