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Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)

Titel: Ich pfeife auf den Tod!: Wie mich der Fußball fast das Leben kostete (German Edition)
Autoren: Babak Rafati
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ist, dass wir durch Volker Roth bis zur geplanten Übergabe beim nächsten Bundestag weitergeführt werden.«
    Diese Petition richtete sich nicht einmal gegen Fandel, sie setzte sich im Weiteren sogar für Fandel als Nachfolger Roths ein –, aber sie hat das DFB-Präsidium trotzdem nie erreicht. Ausgerechnet Roths designierter Nachfolger Herbert Fandel machte Druck und unterband das Ansinnen einer Petition mithilfe einiger seiner Getreuen. Roth sollte am Ende nicht einmal den regulären Übergang auf seinen bereits benannten Nachfolger Herbert Fandel abwarten dürfen und sofort gehen. Womit der zweite Hauptakteur meiner Geschichte, so wie ich sie erlebt habe, benannt wäre: Herbert Fandel.
    Fandel studierte Klavier, war Sieger des Mendelssohn-Wettbewerbes in Köln 1988, spielte Rundfunkaufnahmen ein und gab Konzerte im In- und Ausland. Warum ein so talentierter Konzertpianist später hauptberuflich als Leiter der Kreismusikschule Bitburg-Prüm in der Provinz landete, weiß keiner. Auf die Frage, warum er Schiedsrichter geworden sei, sagt Fandel, der in seiner Eifler Mundart gefärbt spricht: »Ich wollte etwas darstellen und dem Fußball helfen. Ich wollte das Gefühl haben, etwas gelernt zu haben und zu können – wie ein Handwerker.« In Wahrheit hatte ihn sein Vater zum Fußball gebracht. Sein Erweckungserlebnis habe er als 13-Jähriger gehabt. »Hier, Herbert, du pfeifst«, habe ihm sein Vater gesagt, als bei einem Spiel seiner Jugendmannschaft der Schiedsrichter ausgefallen war, erinnert sich Fandel an diesen »wunderbaren Moment«. »Ich durfte Verantwortung tragen.«
    Fandels Karriere gleicht meiner, 16 Jahre quälte er sich Wochenende für Wochenende durch sämtliche untere Klassen, bis er 1989 Bundesligaschiedsrichter unter Volker Roth wurde. Insgesamt leitete er über 50 Spiele in der zweiten und 247 Spiele in der ersten Bundesliga. Er wurde FIFA-Schiedsrichter, war wie ich damit unter den deutschen Top Ten. 2000 nahm er an den olympischen Spielen in Sydney und der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz teil. DFB-Pokal-Finale, UEFA-Pokal-Finale, Champions-League-Finale und viermal Schiedsrichter der Saison, dreimal zusammen mit Markus Merk. Fandel belegte – ebenso wie ich – zeitweise Platz 1 auf der Kicker-Liste der schlechtesten Schiedsrichter, zum Beispiel im Mai 2006, nicht zuletzt wegen seines rigorosen Auftretens und seiner arroganten Körpersprache auf dem Platz, die – wie bei mir – auch immer wieder kritisiert wurde.
    Fandel ist wie Krug ein Toppprofi. Fandel war mit allen per Du. Aber wie ein richtiger Kumpel kam er mir nie vor. Er hatte in meinen Augen immer etwas Berechnendes, erschien mir wie ein großer Stratege, der Menschen mit seinem eleganten Charme einnimmt und bei dem ich es für möglich hielt, dass er sie dann gezielt für seine Zwecke manipuliert. Wenn Fandel sagt, der Einzelne müsse hinter dem Ganzen zurückstehen, ist allergrößte Vorsicht geboten, denn mit dem großen Ganzen meint er vermutlich nicht selten sich selbst, allein schon wegen seiner hünenhaften Körpergröße. Im Zuge der Bekanntmachung der » Manfred Amerell-Affäre « sprach sich Fandel zwar öffentlich gegen eine geforderte vorzeitige Abberufung Roths aus, unterstützte ihn aber nach meinem Eindruck intern nicht mit aller Kraft. Am 21. Mai 2010 war es soweit: Herbert Fandel wurde Nachfolger von Volker Roth als Vorsitzender der DFB-Schiedsrichterkommission. Ihr Verhältnis dürfte danach nicht völlig unbelastet gewesen sein. In einer Reportage über ihn sagte Fandel über sein Verständnis des Schiedsrichters: »Wir sind ja im Prinzip keine Teamsportler wie Fußballer – wir sind Einzelkämpfer.«
    Fandel wäre nie Schiedsrichterobmann gegen den Willen von Krug geworden. Jetzt, wo Roth weg war, wurde Krug mit der DFL-Unterstützung im Rücken zum stärksten Mann im Schiedsrichterbereich, der mit Fandel nicht gerade einen kritischen Gegenspieler, sondern eher einen willfährigen »Sidekick« bekam. Krug moderierte Entscheidungen, Fandel führte aus, so der Eindruck vieler Beobachter. Beide waren allem Anschein nach über Jahre eng befreundet gewesen. Das schien sich nach dem ersten Putschversuch Krugs gegen Volker Roth geändert zu haben. Fandel, wie auch Krug, war von Roth jahrelang intensiv gefördert worden und hatte vermutlich gute Gründe, sich gegenüber Roth loyal zu zeigen und sich auf dessen Seite zu schlagen – was ihm nicht weiter schwergefallen sein dürfte, als schnell
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