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Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Titel: Ich komme, um zu spielen (German Edition)
Autoren: Victoria Dahl
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ist …“
    „Du hast Blut auf deinem Sonntagskleid.“
    Das schwere Gewicht auf seiner Brust verschwand augenblicklich.
    „Und jetzt raus mit dir. Ich will ihn mir ansehen.“
    Mühsam hob Hale die Lider und sah die rote Nasenspitze des Docs. Hoffentlich war es noch so früh, dass der Mann nüchtern war.
    Dann klang es so, als würde jemand ein Stück Stoff zerreißen, und aus dem darauffolgenden Schmerz folgerte Hale, dass der Doc gerade die Ränder seiner Wunde auseinanderzog. Er brüllte auf.
    „Das Hemd war festgetrocknet“, bemerkte der Arzt ohne den leisesten Hauch von Mitgefühl. Er bewegte seine Hände, und Hale verlor fast das Bewusstsein vor Schmerzen.
    „Sie Sadist“, zischte er. „Lassen Sie mich in Frieden sterben.“
    Doch der Arzt tat ungerührt weiter seine Arbeit. Hale spürte, wie er zu Boden gedrückt wurde, und vernahm wie von Ferne Bradys besorgte Stimme. Das Licht wurde grau, aber die Rufe des Docs schlängelten sich durch den dichten Nebel. „Sie haben doch wohl nicht vor zu sterben, Sie Schlappschwanz?“
    „Was?“
    „Bringen Sie ihm etwas Wasser.“ Grobe Finger öffneten sein linkes Auge. Das grelle Licht ließ ihn zusammenzucken. „Sie haben eine Menge Blut verloren, und ihre Seite steht so weit offen wie die Schenkel einer Hure, aber Ihre Eingeweide sind intakt.“
    „W…was?“
    „Die Kugel hat Ihre Rippe zerschmettert. Tut wahrscheinlich höllisch weh. Sobald Sie sich bewegen, reiben die gebrochenen Enden gegeneinander. Aber der Knochen hat die Kugel abprallen lassen und in Ihren Arm gelenkt. Sie werden schon wieder.“
    „Wirklich?“ Er wusste, dass diese Information eigentlich wichtig war, aber gerade war er zu kaum mehr in der Lage als mäßiger Neugierde.
    „Aber sicher. Sofern der Wundbrand Sie nicht erwischt, natürlich. Und jetzt: Atem anhalten. Ich will diese Sauerei hier mit Whiskey auswaschen. Sind Sie bereit?“
    Nein, das war Hale ganz und gar nicht. Aber der Schmerz kam natürlich trotzdem.
    Stunden waren vergangen, seitdem sie ihn ins Haus gebracht hatten. Lilys Handflächen waren von dunkelroten Halbkreisen überzogen, überall dort, wo sich ihre Fingernägel in ihr Fleisch gebohrt hatten.
    Er war angeschossen worden, so viel wusste sie. Und die Leute, die ihn in die Stadt geschleppt hatten, hielten ihn für tot. Aber er konnte einfach nicht tot sein! Oder etwa doch?
    Der Arzt war über eine Stunde lang bei ihm geblieben. Lily hatte mit ihm sprechen wollen, doch er hatte nur etwas über Klatschbasen gemurmelt und war einfach weitergeeilt.
    Also wusste sie nicht viel mehr als jeder andere Bürger dieser Stadt. Die wenigen Menschen, die Sheriff Hale nahestanden, waren dort drinnen bei ihm. Nur Lily nicht.
    Kurz nach Beginn ihrer Affäre hatte sie Hale versprochen, dass sie ihn höchstens auf der Straße grüßen würde. Doch nun kam ihr dieser Schwur albern und weit entfernt vor. Vielleicht war er tot, vielleicht lag er im Sterben. Was, wenn sie die Chance verpasste, sich zu verabschieden? Ihm zu sagen, was für ein guter Mann er war und wie viel Trost er ihr hier in der Fremde geschenkt hatte? Und sie hatte solche Angst. Wenn er starb, wie sollte sie dann weiterleben? In dem Wissen, dass dieser warme, starke Körper zu Staub verfiel?
    Ein leises Schluchzen brach sich seinen Weg, ehe sie es unterdrücken konnte. Lily wischte sich verärgert die Tränen weg und ging zur Haustür. Vielleicht würde man sie ja einfach nur für eine neugierige Nachbarin halten. Ihre Freunde würden die Wahrheit niemals erraten.
    Ein zerknittertes Taschentuch in der Hand, verließ Lily das Haus. Die Sonne hing tief am Himmel. Vielleicht sollte sie besser warten, bis es dunkel war, damit nicht die ganze Stadt sah, wie sie vor seiner Tür stand? Er würde wollen, dass sie wartete. Aber was, wenn er nicht so lange durchhielt?
    Sie würde es nicht ertragen können, sich den Rest ihres Lebens Vorwürfe machen zu müssen. Also hob sie das Kinn und trat ganz ruhig auf die Straße. Er war ihr Nachbar. Selbstverständlich machte sie sich Sorgen.
    Ein junger Mann öffnete ihr die Tür. Sein Gesicht war grau vor Erschöpfung.
    „Ich hatte gehofft … ich bin Mrs Anders, die Nachbarin des Sheriffs. Und ich würde ihn gerne sehen.“
    „Sie müssen verzeihen, Ma’am, aber Sheriff Hale ist im Augenblick nicht dazu in der Lage, Besucher zu empfangen.“ Auf seinem Hemd glitzerte ein Stern, der verkündete, in welcher Beziehung er zum Sheriff stand.
    „Ich weiß. Es ist nur so … ich bin
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