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Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Ich komme, um zu spielen (German Edition)

Titel: Ich komme, um zu spielen (German Edition)
Autoren: Victoria Dahl
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Wyoming?“
    „Ja, so ist es. Ich wusste nicht, dass Männer … so etwas überhaupt miteinander tun können! Ich dachte, dass Hamilton verletzt wird, schließlich schrie er ja auch, und so lief ich zu meinem Vater. Er hat meinen Bruder des Hauses verwiesen und ihn enterbt. Keinen Heller hat er ihm gelassen. Den Stallburschen hat er halb totprügeln lassen. Erst zwei Jahre später begriff ich, was ich da eigentlich gesehen, was ich angerichtet hatte. Manchmal kann ich kaum glauben, dass er mich niemals dafür gehasst hat.“
    „Aber du warst doch noch ein Kind!“
    „Ja, aber das macht den Schaden nicht kleiner, den ich verursacht habe. Sein Leben war vorbei, wegen mir. Zum Glück fand er eine Möglichkeit, ein neues anzufangen.“
    Er strich über ihre Schultern und Arme und dann zu ihren Händen, die er von den Fesseln löste. Dann rieb er vorsichtig über die roten Stellen. „Bist du deswegen nach Wyoming gekommen? Weil du ihn hier niemals vergessen wirst und dich selbst bestrafen kannst?“
    „Nein. Ich will hier leben. Ich wollte selbst über mein Leben bestimmen können, doch in England war das nicht möglich. Meine Familie und die meines Ehemanns … es war, als würden sie mich ersticken. Hier hingegen scheint einfach alles möglich zu sein! Mein Bruder hat hier ein neues Leben begonnen. Hier kann jeder zu dem werden, was er sein möchte.“
    „Nun übertreibst du aber ein wenig.“
    „Vermutlich. Aber trotzdem ist es im Kern wahr.“
    Wieder drückte er einen Kuss auf ihren Nacken. „Und was willst du sein?“
    „Das weiß ich noch nicht mit Bestimmtheit. Im Augenblick … probiere ich noch einiges aus.“
    „Mit mir?“ Er klang überrascht.
    „Nein, über das, was zwischen uns ist, bin ich mir vollständig im Klaren, Sheriff. Ich probiere mich selbst aus.“ Laut ausgesprochen klangen ihre Gedanken ausgesprochen gewagt. „Ich möchte eine Leihbibliothek eröffnen.“
    „Eine was ?“
    „Eine Leihbibliothek. Ich möchte es wenigstens versuchen. Ich muss meinen strengen Blick üben, für Kunden, die ihre Bücher verloren haben. Vielleicht können Sie mir ja beibringen, wie man einschüchternd wirkt.“
    Er lachte leise auf und blies dabei warmen Atem in ihr Haar. „Du bist so englisch. Du klingst so anständig, dass es fast schon an Strenge grenzt. Darüber brauchst du dir also wirklich keine Sorgen zu machen.“ Er strich mit den Lippen über ihre Schulter. „Was bist du nur für eine faszinierende Person, Lily Anders.“
    „Nein, eigentlich bin ich das nicht“, erwiderte sie, und trotzdem lächelte sie noch immer, als der Sheriff neben ihr in tiefen Schlummer gefallen war. Sie wusste, dass sie nicht über Nacht bleiben konnte, dass sie gehen musste. Doch diesen einen Satz würde sie mit nach Hause nehmen wie ein unbezahlbares Geschenk.
    Sheriff Hale fand sie faszinierend. Noch etwas, das neu für sie war.

6. KAPITEL
    Eine ganze Woche lang ritt Hale nun schon durch die Landschaft, doch die Gedanken an Lily Anders hielten ihn bei der Stange. Er hatte nur vier der letzten sieben Nächte zu Hause verbracht, doch in diesen war er bei ihr gewesen. Manchmal hatten sie gemeinsam gegessen, manchmal war er so spät gekommen, dass ihr Schlafzimmer schon dunkel war, wenn er ihr Haus betrat. Aber mit jeder Nacht hatte sie seine Seele ein wenig mehr von ihren Fesseln befreit. In ihrer Ergebenheit lag eine beängstigende Macht.
    Als er nun durch Hitze und Staub ritt, rief Hale sich Bilder vor Augen, wie Lily nackt auf ihrem dunkelgrünen Quilt lag. Eines Nachts hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Körper Zentimeter für Zentimeter zu erobern, bis das Wachs der Kerze, mit der er sich geleuchtet hatte, auf ihre empfindliche Haut getropft war. Hale hatte geflucht und sich entschuldigt, doch Lily hatte nicht zugelassen, dass er die Kerze abstellte.
    „Noch mal“, hatte sie geflüstert. Und da hatte er ihre Kehle mit der Hand umschlossen und Wachs auf ihre Brüste und ihren Bauch tropfen lassen. Die Seufzer, die er Lily damit entlockt hatte, waren im Augenblick seine liebste Ablenkung. Nur der Gedanke daran konnte die Erinnerung an das Mordopfer überdecken, das sie gefunden hatten.
    Emilio Rodriguez war ein angesehener Cowboy gewesen. In der Vorwoche war er ausgeritten, um streunendes Vieh zusammenzutreiben, und für seine Mühen mit einem Bauchschuss entlohnt worden. Erst Tage später hatten Hale und sein Deputy die Leiche gefunden. Der Sheriff mochte sich gar nicht vorstellen, wie lange
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