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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt
Autoren: Anne Haferburg
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das letzte Bild von Marlene. Ihr kalter erstarrter Blick. Ein zweites Mal hätte ich den nicht ertragen.
    Sie muss so eine Kraft aufgebracht haben, nichts einreißen zu lassen. Zumindest am Anfang. Irgendwann verblassen die Erinnerungen und das Gefühl, dass man gehabt hat.
    Und sie hatte Dich. Du warst die Liebe ihres Lebens. Und verzeih, ich kenne Dich ja nicht, ich bin sicher, Du wärst es gewesen, aber so war sie die Liebe meines Lebens.
    Verrückte Welt. Traurig, schaurig, schön. Ich war feige. Marlene auch. Beide waren wir es auf eine andere Art. Bis heute bin ich, ohne es zu wollen, enttäuscht darüber, dass sie uns so schnell aufgegeben hat. Hat sie jemals überhaupt an uns geglaubt? Das frage ich mich.
    Es änderte aber nichts an meiner überirdischen Liebe zu ihr. Du wirst lachen! Als sie gestorben ist, habe ich es gefühlt. Ich glaube zu wissen, wann das war. Vor drei Jahren. Ich konnte spüren, wie ihr Licht erlosch. Mir war den ganzen Tag schlecht. Als ich dann auf ihr Foto sah, am Abend, wusste ich, was los war. Sie war gestorben. Vielleicht Einbildung?
    Ich würde alles geben, wüsste ich, was sie gedacht hat, über mich, all die Jahre. Hat sie mich vergessen? Sehnte sie sich nach mir? Ich kann die Uhren nicht zurückdrehen. Was wäre dann gewesen, hätte ich dies oder jenes anders gemacht? Es ist absolut sinnlos, darüber ewig nachzudenken. Und jetzt sowieso. Ich sterbe. Mit sechzig Jahren. An Krebs. Viele sagen, das ist zu früh, aber ich finde, es ist gerechtfertigt. Mir kommt mein Leben länger vor, als sechzig Jahre.
    Ich erwarte nicht, dass Du mir verzeihst. Aber ich hoffe, Du verstehst jetzt besser und nimmst mir meinen Mitteilungsdrang nicht übel.

    Ich hätte Dich geliebt.
    Dein Vater Louis

10. Gewissensbisse
    Es war Punkt zwölf, als ich nach drei Stunden wieder in dem Ort ankam, an den ich eigentlich nicht zurück wollte. Ich hatte noch zwei Stunden Zeit, bis ich Johanna treffen würde. Nach dem Ende des Briefes hatte ich eine schreckliche Nacht verbracht, in der ich abwechselnd weinte und mir den Kopf darüber zerbrach, wie das mit Emma hatte passieren können, und ob es eine gute Idee gewesen war, das alles noch zu erfahren. Am Morgen fasste ich den Entschluss, die Frau zu treffen, die Louis bis zu seinem Ende begleitet hatte. Vielleicht war das noch nicht alles gewesen.
    Die ganze Zeit über wusste ich nicht genau, warum ich den Brief so zögerlich gelesen hatte. Das war mir jetzt klar. Louis Kampen war immer mehr zu meinem Vater geworden. Und mit seinen letzten Zeilen an mich war er unwiederbringlich fort. Mehr Worte würde es niemals geben.

    Mein einziger Trost war Luise. Ich wollte, dass sie mich in den Arm nahm. Vorsichtig schaute ich von draußen in das Geschäft. Mir war plötzlich unwohl bei diesem Überraschungsbesuch. Ein Mann stand mit Tüten im Geschäft. Er war allein und schien, auf Luise zu warten. Keine drei Sekunden später kam diese strahlend durch die Tür, die das Geschäft vom Büro trennte. Sie gab dem Mann einen Kuss. Auf den Mund. Mikkel.
    Die beiden redeten lustig und vergnügt miteinander. Er stellte die Tüten ab und wühlte darin herum. Dann gab er Luise eine Flasche Cola, woraufhin sie ihn wieder küsste. Sie wirkten verliebt und vertraut. Geradezu überglücklich. Ich versteckte mich hinter der Wand um die Ecke. Es war komisch, Luise so zu sehen. Ich spürte eine unerträgliche Eifersucht und kam mir dumm vor.
    Hatte sie nicht gesagt, dass Mikkel und sie Freunde waren? Alte Kumpel, ohne Sex. Das hier sah anders aus. Ich wollte gehen, doch Mikkel ging zwei Minuten später aus dem Geschäft, direkt an mir vorbei. Er sah nett aus, und sanft. Ein schöner Mann war er nicht, eher natürlich. Gut gebaut. Er lächelte mir sogar zu, aber nicht flirtend, sondern einfach nur freundlich.
    Luise war völlig verdutzt, mich zu sehen.
    „Clara. Du bist hier?“
    Es klang erschrocken.
    „Ich wollte dich überraschen.“
    Johanna erwähnte ich vorerst nicht. Ich wollte, das Luise sich schlecht fühlte.
    „Wirklich? Wann bist du gekommen?“
    Luise schaute mich ungläubig an.
    „Vorhin, und ich hatte noch die Ehre, deinem Freund zu begegnen.“
    „Du sagst das so böse. Hast du uns beobachtet?“, fragte Luise leise.
    „Blieb mir ja nichts anderes übrig. Wie Freunde habt ihr nicht ausgesehen.“
    Ich hörte, wie vorwurfsvoll das klang. Ich fühlte mich betrogen.
    „Du hast keine Ahnung. Ich hab nicht gesagt, dass wir rund um die Uhr unglücklich sind. Er ist lieb
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