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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt
Autoren: Anne Haferburg
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abgeschaut, bei anderen. Es entsprach nicht meinem eigenen Empfinden. Bis vorhin, als Du an meiner Tür standest, wollte ich irgend etwas fühlen. Ich wollte, dass jemand Schuld ist an meiner Misere. So gab ich Dir die Schuld. Ich sagte das, wovon ich glaubte, dass man es sagt, in solchen Situationen.
    Darum schreibe ich das hier.
    Es ist niemand Schuld an meinem Tod. Ich könnte ja weiterleben. Wenn ich nur wollte. Niemand zwingt mich. Ich habe eine Entscheidung getroffen.
    Niemand sonst.
    Ich habe es mir tausendmal überlegt. Aber plötzlich war ich sicher.
    Ich bin sicher.

    Und jetzt habe ich nicht mal Angst vor dem Tod. Ich bin auch nicht erleichtert. Da ist nichts. Nichts, das ich fühle oder erwarte. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.

    Du wirst wohl nicht um mich trauern, aber wem sonst hätte ich das hier sagen sollen.

    E.

    Das war es also. Emma wollte Louis lieben und konnte nicht. Dieses junge kranke Mädchen hatte sich nicht mal was aus Louis gemacht. Ihre Verzweiflung beruhte allein aus ihrer Unfähigkeit zu fühlen. Das war die wahre Ironie an der Geschichte.
    Hätte das Wissen um Emma Krankheit etwas geändert? Vielleicht ja. Dennoch musste ich mich fragen Dennoch musste ich mich fragen, ob es nur eine Frage der Zeit gewesen war, und ein anderer viel kleinerer Tropfen das Fass zum Überlaufen gebracht hätte. Denn nach allem, was ich glaubte, zwischen den Zeilen gelesen zu haben, war die Beziehung meiner Eltern, trotz aller Leidenschaft, auf dünnem Eis gebaut. Der Brief gab Louis' Gedanken wieder, und nichts sonst. Vielleicht hatte er im Laufe der Zeit einiges verklärt. Vielleicht war zu jung, um die ganze Unsicherheit Marlenes zu begreifen. Mir fehlte ihre Sicht. Doch dafür war es zu spät.
    Ich saß da und las Emmas Zeilen noch einmal und verstand nicht, warum mich diese Worte nicht traurig stimmten. Doch dann ging mir auf, dass ich eine zaghafte Erleichterung verspürte. So, als ob ich den Sack mit Schuldgefühlen, anstelle meiner Mutter und Louis, endlich abwerfen konnte. Mir half es, das so zu sehen. Bis heute hilft es mir.

    Ich stieg hinab in den Keller und schleppte das Spiegelei mühsam aus dem muffigen Keller in meine Wohnung. Ich schlug einen Nagel in die Wand und hängte das Bild auf. Es hing schief, aber das war mir egal.

EPILOG
    Willy hatte sich alle Mühe gegeben. Es war ein wunderschönes Fest. Fackeln brannten und Rosen schmückten einen riesigen Holztisch. Frederike war da. Und die beiden Küchenjungen. Sogar Karl Molter war gekommen. Heidi Körber hatte unter Zuhilfenahme einer fadenscheinigen Ausrede abgesagt. Ich war darüber nicht unfroh. Ich wollte eine gute Tat vollbringen, indem ich Heidi Körber eingeladen hatte. Schließlich war sie in einer gewissen Form meine Stiefmutter gewesen. Wenn auch nur für kurze Zeit und ohne, dass ich es gewusst hatte.
    Charlotte saß neben Willy. Sie schmusten mittlerweile die ganze Zeit. Frederike hatte ein große Torte gebacken. Schokolade und Nuss in drei cremigsüßen Schichten über zwei Etagen aufgetürmt. Ich war gerührt, als sie die Torte mit dem üblichen Happy-Birthday-Gesinge herbeitrugen.
    Als es bereits nach zehn war, wusste ich, dass Luise nicht kommen würde. Alle fünf Minuten schaute ich auf mein Handy. Vielleicht hatte sie die kurze Verwirrung mit mir noch mehr an ihren Mikkel gebunden. Schließlich war sie mit ihm auf der sicheren Seite. Ich hatte Luise auf Abstand gehalten. Mal mehr, mal weniger. Vielleicht wartete sie auch nur auf ein Zeichen. Aber immerhin war es mein Geburtstag. Wenigstens gratulieren hätte sie können.
    Hartmut Seewinkel und sein VW-Bus parkten gegen zwölf vor dem Lokal. Unter lautem Getöse, mit einer Trompete bewaffnet, schrie er schon von weitem, dass die Party jetzt erst richtig losgehen könne. Nachdem er sich verbeugt hatte, spielte er ein Lied für mich. Die kleine Runde flippte aus.
    „So richtig freust du dich aber nicht?“ Frederike sah mich fragend an.
    „Doch! Ich dachte nur, es kommt vielleicht noch jemand.
    „Verstehe. Dann trink mal was! Wenn dieser Jemand nicht kommt, wird er seine Gründe haben.“
    „Sie. Sie wird ihre Gründe haben.“
    Frederike wurde tatsächlich rot. Ich musste lachen.
    Dann nahm ich mein Glas und prostete ihr zu.
    „Auf das Leben.“
    „Wenn schon nicht auf die Liebe, dann wenigstens auf das gute Essen.“
    Wir feierten bis in die frühen Morgenstunden. Hartmut Seewinkel spielte ein Lied nach dem anderen. Irgendwann tanzten alle, bis auf
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