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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne
Autoren: Joey Goebel
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wollen nicht mal wissen, was ihr außerhalb dieses Gebäudes macht.« Diese Laissez-faire-Einstellung führte nach Schulschluss regelmäßig zu Schlägereien zwischen kleingeistigen männlichen wie weiblichen Teenie-Monstern, die einander wegen allem und jedem windelweich prügelten, ob gleichschenklige Dreiecksbeziehungen oder verirrte spuckegetränkte Papierkügelchen.
    Wer nicht rauchte, schlenderte und trödelte herum und [15]  quatschte, redete vermutlich über Fajitas oder versuchte herauszufinden, wer die krasseste Geschlechtskrankheit hatte. Die Übrigen watschelten Richtung Schule, sei es paar- oder grüppchenweise, nie allein. Sie alle wirkten so glücklich, besonders die Pärchen aus Freund und Freundin, mit ihren Rucksäcken und den Kaugummi kauenden Kiefern und ihrem grenzenlosen Selbstvertrauen. Ich betrachtete sie und fragte mich, mit welchem Trick sie das bloß schafften.
    Die Paarungszeit war voll im Gange – nicht, dass sie je endete –, doch diese Phase lag zwischen den besessenen Sexkapaden des Spring Break und dem Dauerausstoß jugendlicher Sekrete namens Schulabschlussball, einem Ereignis, das viele für den wichtigsten Abend ihres Lebens hielten, ihr A und O, ihren Daseinszweck, für den ultimativen Initiationsritus. Die pheromongesättigte Aprilluft verwandelte die Genitalien sämtlicher Jungs in winselnde Wiesel, die sich abstrampelten, um zu den Mädchen zu gelangen, deren Eierstöcke durch Verhütungsmittel geschützt waren. Nur vier Jahre zuvor hatten sie noch alle mit Power Rangers gespielt. Mehr als einmal dachte ich: Satan, dein Name ist Pubertät.
    Während ich darüber nachdachte, wie die Zeit uns alle vorangetrieben hatte, bekämpfte ich den Drang, meinen Kopf aus dem offenen Seitenfenster zu strecken und zu brüllen: »Eines Tages werden wir uns alle die Köpfe an Badewannen stoßen!«
    7 . 52   Junge Leute und ihre Shorts – beim ersten Frühlingslüftchen schlüpften sie hinein. Als wollten sie sagen: Nun [16]  lasst uns alle unsere wohlgeformten Waden zeigen. (Ich wusste kaum, wie meine Beine aussahen.)
    Die meisten von ihnen hielten sich eisern an die aktuellen Modetrends (Tommy Hilfiger, Gap, Abercrombie & Fitch und American Eagle obenrum; Khakishorts, Cargohosen, Baggy-Jeans für unten), aber niemand war übertrieben schick, von der süßen Chloe mit ihren Vintage-Kleidern abgesehen, den Midiröcken, Cardigans, gestreiften Leggings und den zahllosen Armreifen, die wie Slinky-Spiralen ihre knochigen Unterarme hoch- oder runterrutschten. Während ich auf der Suche nach ihr den Hals reckte, fuhr in die Parklücke neben mir ein Grand Cherokee mit getönten Scheiben, aus dem der Mastdarm-erschütternde Bass von Rapmusik ertönte, die beliebteste Musik meiner rechtgläubigen Altersgenossen.
    War das da drüben Chloes Wagen? Es war schwer zu erkennen; über zweitausend Schüler besuchten diese Schule, und vielleicht die Hälfte davon kam mit dem Auto.
    Die Person in dem Wagen neben meinem ließ das Fenster ein wenig herunter, und da wurde mir klar, dass ich mit einem Song beschallt wurde, der vermutlich den Titel »Make ’Em Say Uhh« trug, ein Lieblingslied – eine regelrechte Hymne – meiner Mitschüler. Mir war dieser Song so verhasst, dass ich das Leben verabscheute, wenn ich ihn nur hörte. Der Refrain bestand hauptsächlich aus Grunzgeräuschen, bei denen man unwillkürlich an Lust und/oder Verdauungsprobleme dachte. Der schlechte Geschmack von Menschen meines Alters erschütterte mich, und die Jugendkultur generell bewirkte, dass ich mir am liebsten in die Hände gekotzt hätte.
    [17]  Ich hatte Recht gehabt: Es war Chloes Wagen. Langsam bog sie in eine Lücke auf der anderen Seite der Tennisplätze ein. Uns trennten Maschendrahtzäune und drei Tennisplätze.
    Ich war von mir selbst enttäuscht, weil jemand in mir das Gefühl weckte, so dumm und schwach zu sein. Mit einem Kopfschütteln konnte sie mich auf das Maß eines unartigen Jagdhundes zurechtstutzen, und ihre Laune konnte bestimmen, wie sich mein Tag entwickelte. Ich war mir ziemlich sicher, sie wusste, dass sie mich in ihrem Händchen hielt und zerquetschen konnte.
    Und so was nannte sich eine Freundin.
    7 . 54   Als sie aus ihrem Kombi stieg und in meine Richtung zu blicken schien, entzündeten sich Funken in meinem Blut. Es war irgendwie surreal, endlich die Person zu sehen, die in meiner Phantasie so viel Zeit und Raum beansprucht hatte. Ich fand es geradezu aufregend, sie in Fleisch und Blut vor mir
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