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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma
Autoren: Elizabeth Flock
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dem Haus, und deswegen tue ich so, als ob es ein kleiner Fluss wäre, der rund um mein Schloss verläuft, und die Vordertreppe ist die Zugbrücke. Ich wünschte, die Zugbrücke würde oben bleiben und Richard davon abhalten, ins Schloss zu kommen.
    Oje. Richards lauter Truck parkt gerade seitlich vom Haus. Ich bin nicht sicher, aber es sieht so aus, als ob er momentan nicht in der schlechtesten Stimmung wäre. Jedenfalls hoffe ich, dass es so ist.
    “Wie geht’s so an diesem schönen North-Carolina-Tag?” Er läuft auf uns zu, aber an seinem Tempo kann ich erkennen, dass ihn die Antwort gar nicht interessiert.
    “Ganz gut”, sagen Emma und ich gleichzeitig, während wir ein wenig zurückweichen, um mehr Abstand zwischen uns und ihn zu bringen.
    “
Ganz gut.”
Er äfft uns nach, indem er das Kinn besonders weit vorstreckt. Aber er geht weiter auf das Haus zu. Ich höre ihn nach Mama rufen, sobald die Verandatür hinter ihm zuknallt. “Libby? Wo bist du? Heut’ ist Zahltag, ich hab’ Lust auf einen kleinen
Rahausch!”
Eine Sekunde später höre ich Luft zischen und wie ein Kronkorken klirrend auf die Küchentheke fällt. Mama murmelt etwas, das ich nicht verstehe.
    “Hey, Pea Pop, wie wär’s mit einer kalten Orangeade?” Daddy zerwühlte mein Haar, als wäre ich ein Schoßhündchen. “Lib? Heute ist Zahltag! Hol deine Tasche, wir geh’n einkaufen!”
    Als Daddy noch lebte, war der Zahltag immer der schönste Tag im Monat. Wenn ich Orangeade hörte, war ich fast zu aufgeregt, um den winzigen Metallstift in das Loch meiner Sandalenriemchen zu bekommen.
    “Krieg ich eine große, Daddy?” rief ich vom Rücksitz, laut genug, damit man mich auch durch den Wind, der durch die offenen Fenster ins Auto blies, hören konnte.
    “Du bekommst sogar eine
riesige
, Pea.” Lächelnd fing er meinen Blick im Rückspiegel auf.
    Unser erster Halt war beim Lebensmittelladen. Mama zog einen Einkaufswagen aus der Reihe vor der großen Glastür. Drinnen bekam ich von der kalten Luft Gänsehaut, aber ab dem zweiten Gang hatte ich mich daran gewöhnt.
    “Hör auf, mit den Füßen zu wippen, Caroline”, rügte Mama mich. “Du trittst mir in den Bauch.” Also versuchte ich, meine Beine still zu halten, während Mama über meinen Kopf hinweg Essen in den Wagen warf.
    “Mama? Darf ich was vom Regal nehmen?”
    “Wieso nicht”, antwortete sie und überflog ihre Liste, die ziemlich umfassend war, da wir schon lange nicht mehr eingekauft hatten. Vielleicht seit Daddys letztem Zahltag nicht mehr.
    “Haferflocken. Nein, diese hier. Mit dem roten Etikett. Genau”, sagte sie und schob den Wagen schon weiter, bevor ich die Schachtel überhaupt reinlegen konnte. “Mehl. Den großen Sack. Ja, das ist der richtige.”
    Daddy tauchte plötzlich hinter Mama auf und erschreckte uns beide. “Ich gehe zur Fleischtheke. Was soll ich für’s Abendessen kaufen?” fragte er. “Wie wär’s mit Leber?” Er zwinkerte mir zu, weil er wusste, wie sehr ich Leber hasste.
    “Nein!” jammerte ich Mama an.
    Sie studierte noch immer ihre Einkaufsliste. “Nimm Rinderhackfleisch. Vier Pfund.”
    “Also, wofür brauchen wir denn vier Pfund Fleisch?” fragte er über seine Schulter.
    “Ich friere einen Teil für später ein”, sagte sie und zog eine Schachtel Müsli aus einem Regal, das weit über meinem Kopf war.
    Sieben Gänge später war der Wagen randvoll gefüllt, und Mama rollte uns zur Kasse. Daddy war schon dort und unterhielt sich mit Mr.Gifford, dem Geschäftsführer, mit dem er manchmal Karten spielte.
    “Höchste Zeit, zu zahlen”, sagte Daddy und schlug ihm auf den Rücken.
    “Danke auch”, sagte Mr.Gifford. “Du wärst erstaunt, wie viele Leute – also, ich nenn’ keine Namen – ich wegschicken muss, weil sie mir zu viel schulden. Du zahlst immer, Henry. Außerdem kann ich dir das Geld genauso gut hier wegnehmen wie am Kartentisch!” Mr.Gifford schüttelte Daddy lachend die Hand. “Da haste ja ’ne feine Familie, Culver.” Er nickte Mama und mir zu und tippte sich an einen unsichtbaren Hut, dann ging er hinüber zu Mrs. Fox, einer älteren Dame, die sich immer ihre besten Sonntagskleider anzog, sobald sie das Haus verließ.
    “Komm schon, Pea Pop.” Daddy hob mich aus dem Sitz des Einkaufswagens, während Mama die Einkäufe schnell auf das Band legte. “Du und ich, wir packen die Tüten ein.”
    Nachdem alles auf unserer Seite des Bandes war, drückte sich Daddy an mir vorbei, um bei Delmer Posey, dem
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